Mehrwertsteuer-Untergrenze gefordert
Deutsche wollen Einkaufstouristen schröpfen

Das deutsche Bundesland Baden-Württemberg fordert von der Bundesregierung die Einführung einer Bagatellgrenze in Höhe von 50 Euro. Damit soll der Einkaufstourismus kanalisiert werden.
Publiziert: 02.02.2016 um 11:11 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:30 Uhr
Foto: KEY

Baden-Württemberg fordert über Bundesrat Einführung einer Bagatellgrenze in Höhe von 50 Euro. Heute hat das Landeskabinett Stuttgart eine Bundesratsinitiative mit einer Aufforderung an die Bundesregierung, eine sogenannte Bagatellgrenze in Höhe von mindestens 50 Euro einzuführen. Eine Bagatellgrenze gibt einen Mindestbetrag für einen Einkauf vor, bei welchem private Einkäufer aus einem Nicht-EU-Staat die Rückerstattung der Mehrwertsteuer mit den berühmten grünen Ausfuhrscheinen beantragen können. Bislang ist dies auch bei kleineren Beträgen als 50 Euro möglich. Durch die niedrigeren Preise auf deutscher Seite, vor allem aber durch die Frankenabwertung im letzten Jahr, ist insbesondere die Zahl der Einkaufstouristen im Grenzgebiet zur Schweiz stark angestiegen.

Bundesratsminister Peter Friedrich – der selbst in der Grenzstadt Konstanz lebt und auf dessen Betreiben die Initiative zurückzuführen ist – stellte im Vorfeld der Kabinettssitzung klar, dass Schweizer Einkaufstouristen nach wie vor herzlich willkommen seien: «Dennoch müssen wir zu einer gesunden Balance zurückfinden, in der die Lebensqualität der Menschen in grenznahen Regionen nicht leidet.» Laut Friederich seien kilometerlange Staus und erhebliche Verkehrsbehinderungen an den Grenzen, verstopfte Innenstädte und lange Schlangen an den Kassen «leider Alltag für die Bürgerinnen und Bürger in Konstanz, Lörrach oder Waldshut-Tiengen». Mit einer Bagatellgrenze könne man schnell für eine Entlastung sorgen, bis in wenigen Jahren ein elektronisches Verfahren zur Mehrwertsteuerrückerstattung erprobt und etabliert ist, so der baden-württembergische Minister.

Die Einführung einer Bagatellgrenze fällt nicht in die Zuständigkeit der Länder, sondern in die des Bundes. Bundesratsminister Friedrich und Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid des Bundeslandes hatten schon im Mai 2015 einen Brief an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geschrieben und um eine entsprechende Gesetzesänderung zugunsten einer Bagatellgrenze gebeten. Dieser hatte die Forderung aber schon abgelehnt.

Für Friederich ist klar: «Ich finde es höchst bedauerlich, dass sich Bundesfinanzminister Schäuble, der die Situation der Menschen in Baden-Württemberg kennen sollte, einer Bagatellgrenze verweigert.» Er sei nicht zuletzt oberster Dienstherr des Zolls. Etwa 150 Beamtinnen und Beamte seien an der Grenze zur Schweiz «mit nichts anderem beschäftigt, als sich um die Mehrwertsteuerrückerstattung zu kümmern». Alleine im Hauptzollamt Singen habe die Zahl der Ausfuhrscheine mit 15 Millionen im letzten Jahr einen historischen Höchststand erreicht. «Diese Zahlen belegen, dass eine Entlastung des Zolls dringend notwendig ist. Die Haltung der Zollgewerkschaft hat uns in unserem Vorgehen bestärkt», so Friedrich zu der ablehnenden Haltung des Bundesfinanzministeriums. «Daher ist es richtig, nun über den Bundesrat unserer Forderung Nachdruck zu verleihen.»

Die Debatte um eine Bagatellgrenze hatte laut der Staatskanzlei in Stuttgart im letzten Jahr Handelsvertreterinnen und -vertreter aufhorchen lassen, da diese den Verlust von Arbeitsplätzen durch den möglichen Rückgang von Einkaufstouristen befürchteten. Friedrich stellt hierzu klar: «Der Betrag von 50 Euro ist ein guter Kompromiss, der auch die Interessen des Einzelhandels berücksichtigt. Frankreich und Österreich haben Bagatellgrenzen in Höhe von 175 beziehungsweise 75 Euro, da sind wir also moderat. Wir gehen davon aus, dass bei einer Bagatellgrenze Einkäufe verstärkt gebündelt werden.»

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