Mysteriöser Besuch des alt Bundesrats in der Botschaft
Was macht Ueli Maurer bei den Chinesen?

Alt Bundesrat Ueli Maurer hat Mitte April den chinesischen Botschafter in Bern getroffen. Publik wird das just an dem Tag, als der Nationalrat die Beziehungen zu Taiwan verbessern will – was China erzürnt.
Publiziert: 04.05.2023 um 00:45 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2023 um 14:52 Uhr

Ueli Maurer (72) war am 12. April zu Besuch beim chinesischen Botschafter in Bern. Der frühere SVP-Bundesrat hat sich mit Botschafter Wang Shihting (55) laut einer Mitteilung auf der Homepage der Botschaft «über die innovative strategische Partnerschaft» und «Wirtschafts-, Finanz- und Industriekooperation» zwischen der Schweiz und China ausgetauscht.

Garniert ist die Mitteilung mit einem Foto, das Maurer und Shihting zeigt, hinter ihnen die Flaggen der beiden Staaten. Alles sieht sehr offiziell aus. In der Medienmitteilung wird Maurer gar als «Bundesrat» bezeichnet. Glaubt man der Darstellung der Botschaft, sprach Maurer, der seit Ende 2022 nicht mehr in der Landesregierung sitzt, über eine Kooperation mit dem Riesenreich. Er habe sich bereit erklärt, «weiterhin einen Beitrag zur Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen» zu leisten.

Bundesrat überrascht

Brisant: Das Treffen geschah ohne Wissen und ohne Zustimmung des amtierenden Gesamtbundesrats. «Das erwähnte Treffen war kein Thema im Bundesrat und nicht auf ein Mandat des Bundesrats zurückzuführen», stellt Bundesratssprecher André Simonazzi klar. Auch die zuständige Abteilung im Aussendepartement (EDA) sei über das Treffen nicht informiert gewesen, lässt er ausrichten.

Die Chinesische Botschaft hat ein Bild veröffentlicht, das alt Bundesrat Ueli Maurer mit Botschafter Wang Shihting zeigt.
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Laut dem «Aide-mémoire», also dem Verhaltenskodex für Bundesräte, müssen ausgeschiedene Regierungsmitglieder «bei der Auswahl von Mandaten und Funktionen die erforderliche Sorgfalt walten lassen». Auf Tätigkeiten, die einen Interessenkonflikt entstehen lassen können, müssen sie verzichten. Auch das Amtsgeheimnis gilt weiterhin.

Abschliessend kann nicht beurteilt werden, ob sich der einstige SVP-Magistrat daran gehalten hat oder nicht. Er reagierte nicht auf eine Anfrage von Blick.

«Das geht gar nicht»

Im Parlament sorgt Maurers unautorisierter Sololauf für harsche Kritik. «Das geht gar nicht und muss aufgearbeitet werden», sagt SP-Aussenpolitiker Fabian Molina (32). Er ist der Vater des Vorstosses, der eine Annäherung an Taiwan verlangt. Dieser wurde am Dienstag vom Nationalrat gutgeheissen.

Nun ist China sauer auf den Nationalrat. Dass dieser beschlossen hat, die Beziehungen zu Taiwan zu verstärken, empfindet das Land als «grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten». Und just an diesem Dienstagabend stellt die Botschaft die Pressemeldung über Maurers Besuch vom April auf die eigene Webseite.

«Köppel in Moskau, Maurer bei den Chinesen»

Über deren Inhalt ist Molina aber nicht überrascht. «Roger Köppel reist nach Moskau und Ueli Maurer hängt den Chinesen an den Lippen», sagt er nur noch dazu, dass wichtige SVP-Exponenten die Nähe zu autokratischen Regimen suchen.

Auch Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44) schüttelt den Kopf. «Das ist unsensibel.» Für einen alt Bundesrat gelte «servir et disparaître» – dienen und zurückhalten. Maurer halte sich offensichtlich nicht daran. Eine mögliche Erklärung sei aber, dass Maurer als Mitglied der Ethikkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) die Botschaft besucht hat. «Dann dürfte er aber nicht über Wirtschafts- und Finanzthemen sprechen», so Bregy. Und dann hätte hinter Maurer auch keine Schweizer Fahne hängen dürfen.

Nur Parteifreund Franz Grüter (59) nimmt Maurer in Schutz: «Es ist wichtig, mit allen Staaten Kontakt zu pflegen.» Der Präsident der Aussenpolitischen Kommission war selbst oft geschäftlich in China. «Von damals weiss ich, wie wichtig den Chinesen persönliche Kontakte sind.» Für den SVP-Nationalrat ist klar: «Es gibt nichts einzuwenden, wenn Ueli Maurer diese Kontakte weiterhin pflegt. Er wird aber wissen, dass er nicht mehr für die Schweiz reden kann. Das weiss auch China.»

China-Freund Maurer

Es ist nicht das erste Mal, dass Ueli Maurer mit seiner China-Nähe auffällt. In seinem Präsidialjahr 2019 war er zum Staatsbesuch in China. Er schenkte dem Staatspräsidenten Xi Jinping (69) ein Paar Ski und unterzeichnete eine Absichtserklärung im Zusammenhang mit der «neuen Seidenstrasse». Mit dieser will China Milliarden in Strassen, Schienenwege, Häfen und andere Infrastrukturprojekte investieren.

Und nun also kommt es zum Treffen mit dem chinesischen Botschafter. Es könnte ein reiner Freundschaftsbesuch gewesen sein. Oder benutzt China den alt Bundesrat für seine Zwecke? Ueli Maurer wird sich erklären müssen.

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