Nach Haft-Drohung gegen «NZZ»-Journalist
EDA will bei russischem Botschafter intervenieren

Weil er über die russischen Besetzer in der Ukraine berichtete, droht die Botschaft in Bern einem Journalisten mit Haft in Russland. Er hatte für einen Artikel die von den Russen besetzten Teil in der Ukraine besucht. Das EDA will intervernieren.
Publiziert: 19.04.2023 um 14:54 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2023 um 19:39 Uhr
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 existiert in Russland praktisch keine Medienfreiheit mehr, die Bevölkerung erhält Informationen vor allem aus dem staatlich kontrollierten Fernsehen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Russland auf Platz 155 von 180.

Der russische Inlandsgeheimdienst hat den US-Amerikaner und Korrespondenten des «Wall Street Journal» Evan Gershkovich (32) wegen angeblicher Spionage festgenommen.

Doch selbst kritischen Journalisten im Ausland droht der russische Staat nun – das muss der Osteuropa-Verantwortliche der «Neuen Zürcher Zeitung» aktuell erleben.

Ein «NZZ»-Journalist reiste für einen Artikel in den russisch besetzten Teils der Region Saporischschja in der Ukraine. (Symbolbild)
Foto: AFP
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Fünf bis sieben Jahre Haft angedroht

Die russische Botschaft in Bern zeigt sich sehr erbost über einen Bericht des Journalisten aus dem russisch besetzten Teil der Region Saporischschja. Darin berichtete der Schweizer darüber, dass Frauen mit Abführmitteln gestrecktes Gebäck an russische Soldaten verteilten.

Nun hat die russische Vertretung in Bern mit einer Medienmitteilung auf den Artikel geantwortet. Der Journalist wird dabei namentlich genannt und «auf die strafrechtlichen Bestimmungen» hingewiesen, «die auf seine Äusserungen in Russland angewendet werden könnten». Die Rede ist dabei von einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von fünf bis sieben Jahren, die den Journalisten bei einer Einreise in Russland erwarten könnte.

Happige Vorwürfe

Der betroffene Journalist ist «NZZ»-Korrespondent in Wien und berichtete für die Schweizer Zeitung aus der Ukraine, Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei. In dem von der russischen Botschaft gerügten Artikel würde der Autor «die lächerlichsten Erfindungen und Gerüchte übernehmen, die das Kiewer Regime und seine Handlanger verbreiten».

Die Arbeit des Journalisten ziele eindeutig darauf ab, «den Terrorismus zu rechtfertigen und Volksverhetzung zu fördern», heisst es in der Mitteilung der russischen Botschaft weiter.

EDA will intervenieren

Das Eidgenössische Amt für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat Kenntnis vom russischen Schreiben. Und verurteilt es. «Dieses Vorgehen ist inakzeptabel. Wir werden dem russischen Botschafter unmissverständlich mitteilen, dass die Informations- und Medienfreiheit in der Schweizer Bundesverfassung garantiert ist», teilt es auf Blick-Anfrage mit.

Ob der Botschafter einbestellt werde oder ob dies in schriftlicher Form passiere, sei noch offen, hiess es beim EDA.

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