Nach Versäumnissen des Bundes
Parlamentarier wollen Nachrichtendienst besser überwachen

Nationalräte mehrerer Parteien verlangen zusätzliche Ressourcen für die Aufsicht über den NDB. Die heutigen Mittel seien ungenügend.
Publiziert: 16.02.2020 um 12:38 Uhr
|
Aktualisiert: 06.04.2021 um 10:21 Uhr
Simon Marti, Fabian Eberhard, Tobias Marti

Die «Washington Post» bezeichnete die unglaubliche Geschichte um die Zuger Crypto AG als «Geheimdienst-Coup des Jahrhunderts». Aus Sicht der Überwacher ist sie das tatsächlich: Mehr als 100 Nationen zahlten Milliarden Franken dafür, dass ihre Staatsgeheimnisse gestohlen wurden.

Aus Sicht der Schweiz ist die Story aber auch ein Skandal: Führende Beamte des eidgenössischen Nachrichtendienstes und Bundesrats-mitglieder sollen gewusst haben, dass fremde Geheimdienste mit manipulierten Crypto-Geräten die halbe Welt ausspionieren.

Wer überwacht die Überwacher?

Mehr noch: Laut CIA soll ein Schweizer Nachrichtendienstler Ermittlungen der Bundespolizei in dieser Sache gezielt manipuliert haben. «Der Nachrichtendienst hatte den Schweizer Verschlüsselungsdienst in der Tasche», steht in Dokumenten des US-Geheimdienstes.

Parlamentarier von links bis rechts verlangen, dass die Aufsicht über den Schweizer Nachrichtendienst mehr Ressourcen erhält.
Foto: Thomas Meier
1/7

Ob Coup oder Skandal: Die Vorgänge werfen die Frage auf, wer die Überwacher überwacht. Und wie genau dies geschieht.

Hierzulande geht es in erster Linie um zwei Behörden: die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlaments, die den Fall Crypto nun untersucht, und die unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (AB-ND).

Zahnlose Aufsichtsbehörde

Die AB-ND wurde erst 2017 ins Leben gerufen. Sie verfügt über zehn Vollzeitstellen und weist für 2020 ein Budget von 2,4 Millionen Franken auf. Parlamentarier von links bis rechts finden nun, dass dies nicht ausreicht – allen voran EVP-Nationalrat Nik Gugger (49, ZH). Die Anzahl eingesetzter Beamten sei angesichts der Bedeutung und Komplexität der Aufgabe «schlicht ungenügend». Gugger warnt: «Wir müssen dafür sorgen, dass künftige Skandale rund um den Nachrichtendienst wann immer möglich verhindert werden können, bevor die GPDel einschreiten oder eine Parlamentarische Untersuchungskommission eingesetzt werden muss.»

Die unabhängige Aufsichtsbehörde in ihrer heutigen Form sei zahnlos und müsse verstärkt werden. «Unsere Neutralität und der Wirtschaftsstandort Schweiz können sich Unprofessionalität auf diesem Gebiet schlichtweg nicht mehr leisten.»

Vorstoss in der kommenden Frühlingssession

Damit die Ressourcen der Geheimdienst-Überwacher so rasch wie möglich ausgebaut werden, wird Gugger in der kommenden Frühlingssession einen Vorstoss lancieren. Er hat dafür bereits Verbündete aus anderen Parteien gefunden: Mit an Bord sind etwa SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (54, SG) und die Grüne Sibel Arslan (39, BS).

Büchel sagt: «Ich begrüsse die Idee. Allein schon deshalb, damit in Zukunft nicht bei jeder vermeintlichen Gelegenheit nach einer PUK gerufen wird.» Und Arslan doppelt nach: «Es geht nun darum, das Vertrauen der Bevölkerung in den Nachrichtendienst zu stärken. Da hilft es, wenn die Aufsicht mehr Mittel in die Hand bekommt.»

Arslan will die Crypto-Affäre kommende Woche auch in der Aussenpolitischen Kommission thematisieren.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?