Nach Wolfsangriffen
Wenig Interesse an Bundesgeldern für Herdenschutz

Erst die Hälfte der zusätzlichen Bundesgelder für den Wolfsschutz wurden bisher bezogen. Bauern fordern nach Wolfrissen eher Abschüsse als Zuschüsse.
Publiziert: 23.07.2022 um 18:01 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2022 um 10:03 Uhr
Sophie Reinhardt

Nun liegt sie auf dem Tisch. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat das Gesuch des Kantons Graubündens zur Regulierung des Beverin-Rudels zugestimmt. Der Kanton kann offiziell zwei Jungwölfe zum Abschuss freigeben.

Zuvor hatte der Bündner Regierungspräsidenten Marcus Caduff (48, Mitte) auf Twitter geschrieben, «ein Beverin-Rudel müsste längst unschädlich gemacht werden.»

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Am 10. und am 14. Juli haben Wölfe aus dem diesem Rudel je eine Mutterkuh gerissen. Das Bafu teilte damals dem Kanton Graubünden mündlich das Einverständnis für den Abschuss mit. Die Verfügung ist bis zum 31. März 2023 befristet. «Die Abschüsse müssen im Bereich der Nutztierherden erfolgen, damit eine Verhaltensänderung des Rudels bewirkt werden kann», teilt das Bundesamt in seiner Mitteilung mit. Auch Naturschutzorganisationen sprechen sich inzwischen für einen Abschuss des Leitrüden aus.

Die Wölfe F37 und M92 tappten 2018 in eine Fotofalle. Das Paar hat mindestens neun Welpen und bildet mit diesen ein Rudel.
Foto: Amt für Jagd und Fischerei Graubünden
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Bauernverband will Population eindämmen

Diese Woche hat auch der Kanton Wallis den Abschuss eines Wolfs in der Region Goms-Aletsch angeordnet. Das Tier riss 30 Nutztiere auf einer Alp. Es ist bereits die zweite Abschussbewilligung, die der Kanton innerhalb weniger Tage erteilt hat. Am vergangenen Freitag hatte er bereits angeordnet, einen Wolf in der Region Val d'Illiez zu erlegen.

Für den Bauernverband ist derweil klar: «Es braucht neue Lösungen und eine rasche Revision des Jagdgesetzes, um die wachsende Wolfspopulation wirkungsvoll einzudämmen», teilt er in einer Mitteilung mit. Zudem seien Abschussgesuche «rasch und im Sinne der Alpwirtschaft zu genehmigen.» Sonst sei die Alpwirtschaft gefährdet.

Bund will Bauern unter die Arme greifen

Auch wenn in den letzten Monaten immer wieder Tiere zum Abschuss freigegeben wurden: Die Politik hat vor allem den Herdenschutz in jüngster Vergangenheit ausgebaut. 9,4 Millionen stehen den Bauern diese Saison zur Verfügung, das sind 5,7 Millionen mehr als üblich. Damit soll in diesem Sommer die Zeit überbrückt werden, bis ein neues Jagdgesetz den Umgang mit dem Wolf regelt.

Doch wie «CH-Media» berichtete, ist das Interesse an der Subvention nicht sonderlich gross ist. Von den knapp zehn Millionen Franken seien bislang lediglich rund die Hälfte in die Bergregionen geflossen, sagt ein Sprecher gegenüber der Zeitung.

Das Bafu kommunizierte die Sofortmassnahmen im Mai. Mit den Bundesgeldern könnte ein Hirte oder eine Hirtin etwa zusätzliches Hilfspersonal finanzieren. Bezahlt würden auch mobile Unterkünfte auf abgelegenen Alpen und zusätzliches Zaunmaterial.

Keine präventiven Wolfabschüsse

Aktuell leben in der Schweiz rund 150 Wölfe und mindestens 15 Rudel schätzen Experten. Geschossen werden darf auf einen Wolf nur dann, wenn er zehn Tiere gerissen hat. Bei grossen Nutztieren wie Rindern oder Pferden reichen zwei Risse. Die Wildhüter haben dann 60 Tage Zeit, um den Abschuss durchzuführen, zumindest wenn sich noch Nutztiere im definierten Perimeter befinden.

Von einer proaktiven Regulierung wollten die Stimmberechtigten bei der Abstimmung 2020 nichts wissen. Mit dem zur Abstimmung vorgelegten Jagdgesetz wäre eine präventive Regulierung der Wolfspopulation vorgesehen gewesen. So hätten Tiere auch ohne Schäden abgeschossen werden dürfen. Das revidierte Gesetz wurde bei der Abstimmung aber abgelehnt.

Aktuell befasst sich der Ständerat mit dem Thema Wolf. So schlägt eine Mehrheit der Umweltkommission eine Gesetzesänderung des Jagdgesetzes vor und will die proaktive Regulation von Wolfsbeständen wieder einführen.

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