Nationalrat Gerhard Andrey will in den Bundesrat
Bürgerliche wollen grünen Kandidaten nicht einmal anhören

Die Grünen haben am Dienstag ihren ersten möglichen Bundesratskandidaten vorgestellt. Doch die Bürgerlichen machen schon jetzt klar: Sie wollen grüne Herausforderer nicht einmal anhören.
Publiziert: 31.10.2023 um 19:27 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2023 um 19:45 Uhr

Erst hagelte es Absagen. Nun haben die Grünen den ersten Kandidaten für ihren Sturm in den Bundesrat. Nationalrat Gerhard Andrey (47) gab am Dienstag bekannt, dass er antreten möchte. Der Freiburger will einen Sitz auf Kosten der FDP-Bundesräte Ignazio Cassis (62) oder Karin Keller-Sutter (59).

«Eine Erneuerungswahl, bei der im Voraus bereits festgesetzt wird, wie sie herauszukommen hat, hat nichts mit einer Wahl zu tun und schon gar nichts mit Erneuerung», sagte Andrey. «Eher mit einem abgekarteten Spiel.»

Grüne träumen vom Bundesratssitz

Bis am Freitag nehmen die Grünen weitere Kandidaturen für den Bundesrat entgegen. Über eine solche denkt auch die Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt (56) nach. Als Kandidat im Gespräch ist zudem der Glarner Ständerat Mathias Zopfi (39) und der Zürcher Nationalrat Bastien Girod (42).

Der Freiburger Gerhard Andrey gab am Dienstag vor den Medien bekannt, dass er Bundesrat werden wolle.
Foto: keystone-sda.ch
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Doch in den anderen Fraktionen stossen die Grünen kaum auf Sympathie. So wollen die bürgerlichen Parteien die grünen Papabili gar nicht erst zu einem Hearing einladen. Bei diesen Bewerbungsgesprächen prüfen die Fraktionen jeweils hinter verschlossener Tür die Bundesratskandidaten auf Herz und Nieren.

«Es wäre absurd, wenn wir ein Hearing mit einem Kandidaten durchführen würden, der einen unserer eigenen Sitze angreifen will», sagt FDP-Vizepräsident Andrea Caroni (43). Man lade sicher niemanden vor, von dem man wisse, dass man ihn ohnehin nicht wählen werde.

Auch die SVP will den Grünen keine Türe öffnen. Die Position der SVP sei klar, sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44). Die drei wählerstärksten Parteien erhielten zwei Bundesratssitze, die viertgrösste einen: «Entsprechend hat die Grüne Partei keinen Anspruch auf einen Bundesratssitz, daher werden wir Herrn Andrey nicht zu einem Hearing einladen.»

Die Mitte habe bisher noch keinen Entscheid gefällt, stellt Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (45) klar. Doch angesichts der Tatsache, dass Parteipräsident Gerhard Pfister (61) stets betont hat, keine amtierenden Bundesräte abwählen zu wollen, ist schon jetzt absehbar, dass auch die Mitte auf Hearings mit den Grünen verzichten wird. Das war schon vor vier Jahren so, als die damalige Grünen-Präsidentin Regula Rytz (61) für den Bundesrat kandidiert hatte.

Doch noch eine Einladung bei der GLP?

Auch die GLP-Fraktion hat noch nicht entschieden, ob sie den Grünen einen Bundesratssitz auf Kosten der FDP zugestehen will. «Rechnerisch hätten die Grünen den Anspruch auf einen Sitz, mit drei Sitzen im Bundesrat wäre jedoch die Linke übervertreten. Andererseits ist die FDP mit zwei Sitzen aktuell übervertreten», sagt GLP-Parteichef Jürg Grossen (54). «Die Fraktion wird darüber entscheiden, ob wir vor diesem Hintergrund Anhörungen mit den Kandidierenden der Grünen durchführen.» Die SP reagierte nicht auf Anfragen.

Die Partei-Spitze der Grünen hat am Wochenende bekräftigt, dass sie zu den Bundesratswahlen am 13. Dezember antreten wollen. Dabei beharrt sie darauf, dass die Grünen «rein arithmetisch» weiterhin deutlicher Anspruch auf einen Regierungssitz hätten als andere Parteien auf zwei.

Doch weil die Bundesratsparteien an der bisherigen Zauberformel festhalten, sieht es nicht danach aus, als dürften die Grünen bald tatsächlich einen Bundesratssitz besetzen.

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