LGBTQ-Aktivistin musste zweimal drüber schlafen
Anna Rosenwasser nimmt Wahl zur Nationalrätin an

Anna Rosenwasser, Aushängeschild der LGBTQ-Community, ist am Sonntag überraschend zur Nationalrätin gewählt worden. Sie musste sich erst überlegen, ob sie das Amt überhaupt annehmen will.
Publiziert: 24.10.2023 um 20:23 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2023 um 10:15 Uhr

Sie musste zweimal drüber schlafen, um sich klarzuwerden, ob sie das Amt überhaupt annehmen will. Anna Rosenwasser (33), queere Aktivistin und Polit-Influencerin, hat am Sonntag überraschend für die SP Zürich einen Sitz im Nationalrat ergattert. «Büsis, ich bin gewählt», schrieb sie ihren 36'000 Followern auf Instagram. 

Damit hatte Rosenwasser überhaupt nicht gerechnet. Obwohl sogar am Zürcher Hauptbahnhof Plakate von ihr hingen, hatte sie nie das Ziel, gewählt zu werden. Ihre Kandidatur, sie sollte der SP lediglich Stimmen bringen. 

Doch dann kam alles anders. Von Listenplatz 20 aus erzielte sie das achtbeste Resultat. Sie, die bisher noch nie ein politisches Amt innehatte. Gewählt mit 92’462 Stimmen. Bereits vor vier Jahren kandidierte sie, damals für die Juso, und holte 8000 Stimmen.

Anna Rosenwasser: LGBTQ-Aktivistin, Polit-Influencerin und seit Sonntag gewählte SP-Nationalrätin im Kanton Zürich.
Foto: keystone-sda.ch
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Kalte Füsse am Montag

Am Montag danach war unklar, ob sie die Wahl wirklich annimmt. Sie wolle noch nicht definitiv Ja sagen, sagte sie dem «Tages-Anzeiger». Erst müsse sie amtierende Nationalratsmitglieder der Zürcher SP treffen und sich Orientierung dazu verschaffen, womit ein solches Mandat wirklich verbunden sei. «Im Moment ist es, als würde ich vom Bekifftsein runterkommen.»

Am Dienstagabend hatte sie sich dann entschieden: Aus der Polit-Aktivistin Rosenwasser wird eine Politikerin. Sie freue sich sehr auf das Amt, sagte sie im Interview mit dem Onlineportal «Tsüri.ch»

Sie straft die SVP Lügen

Mit ihrer Wahl hat Rosenwasser vor allem auch die SVP Zürich Lügen gestraft, die mit ihrer «Woke-Wahnsinn»-Kampagne die Genderdebatte ins Zentrum ihres Wahlkampfs gestellt hat. Die Zürcher Gemeinderätin Susanne Brunner (51) hat eine Volksinitiative lanciert, die der Stadt den Genderstern verbieten will. Auch die Zürcher Nationalrätin Therese Schläpfer (64) kämpfte gegen das Sternchen. Mit dem Ergebnis, dass sie am Sonntag abgewählt wurde. Und Rosenwasser gewählt.

Seit Jahren vertritt sie die Anliegen der LGBTQ-Community und dürfte viele Stimmen ihrem Engagement verdanken.

Queer-Organisationen freuen sich

Bei der Lesbenorganisation Schweiz (LOS) freut man sich über die Wahl von Anna Rosenwasser. «Anna ist – neben Tamara Funicello (33) – die zweite Frau im Schweizer Parlament, die offen queer lebt», heisst es auf Anfrage. Sie werde wichtige Anliegen ins Parlament tragen und die Interessen der Community bestens vertreten. Ähnlich tönt es bei Pink Cross, der Dachorganisation der schwulen und bisexuellen Männer.

Dennoch zeigte die Organisation Verständnis für Rosenwassers Zögern. Es sei wichtig und richtig, dass sie sich eine definitive Zusage gut überlegt habe. (oco)

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