Wegen freizügiger «NZZ»-Journalistin
Nackte Schultern sind im Ständerat definitiv passé

In der Sommersession verwies die Rennleitung im Ständerat eine NZZ-Journalistin von der Tribüne. Ihr Vergehen: Sie trug nur ein Tank-Top. Jetzt hat Ständeratspräsident Raphaël Comte nackte Schultern definitiv verboten und den Krawattenzwang bestätigt.
Publiziert: 28.09.2016 um 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:51 Uhr

Die Gouvernante des Ständerats kann sich freuen: Martina Buol, Sekretärin des Ständerates, hatte in der Sommersession die NZZ-Bundeshausredaktorin Heidi Gmür von der Tribüne der kleinen Kammer verweisen lassen.

In der «NZZ» berichtete die Journalistin im Juni wörtlich, wie das Ganze ablief: «Wenn der Ratsweibel des Ständerats auf die Pressetribüne kommt und mit gedämpfter Stimme sagt: ‹Könnten Sie bitte rasch mitkommen, meine Chefin will mit Ihnen sprechen›, verheisst das nichts Gutes. Und in der Tat: Das scharfe Auge seiner Chefin, der Ratssekretärin Martina Buol, hat einen klaren Verstoss der Schreibenden gegen die Hausregeln im Ständerat geortet. Das Vergehen? Nackte Schultern!» Soweit die Schildung der NZZ-Journalistin. Weiter kritisierte Gmür aber auch, dass es keine klare Regelung bezüglich Frauenkleidung gebe. Jetzt hat das Büro des Rates Buols harte Linie in Sachen Kleiderregeln bestätigt.

Nimmt die Sache locker: Heidi Gmürs «Lex Gmür»-Retweet.
Foto: Twitter

Am Montag legte das Büro in einer Sitzung fest, dass nackte Schultern nicht toleriert werden. Gleichzeitig wurde erneut festgehalten, dass die kleine Kammer weiterhin ein Ort der korrekten Kleidung sein will. Für die Herren in der «Chambre de réflexion» gilt weiter ein Krawatten-, Hemd- und Veston-Zwang.

Auch sie muss ihre Garderobe ändern: Die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer mit ihrem Zürcher FDP-Kollegen Felix Gutzwiller während der Frühlingssession 2013 im Ständerat.
Foto: Keystone/Alessandro della Valle

Keine Krawattenpflicht im Nationalrat

Immerhin: Sie dürfen sich alternativ auch eine Fliege umbinden. Bei Frauen ist der Erlass von Kleidervorschriften traditionell schwieriger. Darum wird ähnlich wie bei den Männern auf den «offiziellen Charakter angemessene Kleidung verwiesen», um dann bedeckte Schultern als rote Linie zu definieren.

Aufatmen dürften die Nationalräte: In der grossen Kammer hat es sich eingebürgert, dass mann bei sommerlichen Temperaturen nicht nur auf das Veston, sondern gleich auch auf die Krawatte verzichten kann.

Nach dem Rauswurf der Journalistin blieb ungewiss, ob Krawattenlosigkeit auf der Tribüne des Ständerates noch geduldet wird. Offensichtlich dürfen Herrn ohne Schlips im Ständerat zuschauen – sofern sie ein Veston anziehen.

Nur als Fussnote publiziert

Amüsant: Der Entscheid hat die Rennleitung im Ständerat um Präsident Raphaël Comte grade mal in einer Fussnote festgehalten (vgl. Bild). Schon fast so, als ob man sich über diesen Schritt fast ein wenig genierte.

Die neuen Kleiderregeln im Ständerat vom 26.9.2016.
Foto: Screenshot

Weniger rückwärtsgerichtet ist ein anderer Entscheid über den BLICK gestern schon berichtet hat: Den Kantonsvertretern ist nämlich seit gestern die Benutzung ihrer Smartphones und Tablets im Saal erlaubt.

Das steht in einer Weisung von Ratspräsident Raphaël Comte (FDP), die er heute öffentlich machte. Allerdings gibt es weitere Einschränkungen: «Toleriert» werde die Benutzung der neuartigen Telefon nur, «sofern sie zur Lektüre oder Konsultation von Dokumenten dient und den Ratsbetrieb nicht stört». (hlm)

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