Berset zu Corona-Lage
Bundesrat hat schon Schliessungspaket parat

Bundesrat Alain Berset meldet sich auf Twitter zu Wort. Vorerst soll es noch keine Verschärfungen geben. Aber das nächste Massnahmen-Paket ist parat. Berset zeichnet den Weg bereits vor: Bei der letzten Eskalationsstufe gäbe es einen Teil-Lockdown.
Publiziert: 29.12.2021 um 17:27 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2021 um 09:34 Uhr
Ruedi Studer und Lea Hartmann

Jetzt gehts schnell. 17'634 neue Corona-Ansteckungen hat der Bund am Mittwoch registriert – erneut ein Rekord. Omikron lässt die Fallzahlen in der Schweiz wie erwartet explodieren. Die Kantone Luzern und Genf fordern den Bundesrat zum Handeln auf.

Dieser wartet allerdings ab. Vorerst werde man keine weitergehenden Corona-Massnahmen beschliessen, teilte Bundesrat Alain Berset (49, SP) am Mittwochabend via Twitter mit. Doch er hält fest: Der Bundesrat könne rasch reagieren, «wenn genauere Daten zur Gefährlichkeit von Omikron vorliegen». Ein nächstes Massnahmenpaket – «auch mit Schliessungen» – sei bereit. Der Gesundheitsminister hatte sich zuvor mit Bundespräsident Guy Parmelin (62, SVP) und Lukas Engelberger (46, Mitte), Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, über die Corona-Lage ausgetauscht.

Taskforce sprach sich für Teil-Lockdown aus

Berset war zuletzt nicht nur von einzelnen Kantonen unter Druck gesetzt worden. Die wissenschaftliche Taskforce des Bundes hat am Dienstag eine Beurteilung veröffentlicht, die man Mitte Dezember – als zur Diskussion stand, welche Massnahmen als nächstes getroffen werden – zuhanden des Bundesamts für Gesundheit (BAG) abgegeben hatte. Darin machte das Expertengremium unter der Leitung von Tanja Stadler (40) klar, dass es aus ihrer Sicht dringend weitere Massnahmen braucht, um die Omikron-Welle zu bremsen. Unter anderem schlug man einen Beizen-Lockdown vor. Inzwischen hat sich die Situation deutlich verschärft.

Bundesrat Alain Berset hat bereits ein Schliessungs-Paket parat, will aber noch abwarten.
Foto: keystone-sda.ch
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Vorerst beschränkt sich Berset aber darauf, die bekannten Parolen zu wiederholen: Er ruft zum Impfen und Boostern auf und erinnert, wie wichtig es sei, Kontakte zu reduzieren, Maske zu tragen, regelmässig zu lüften und sich bei Symptomen sofort testen zu lassen.

Ips-Auslastung als wichtiger Gradmesser

Bevor man weitere Massnahmen beschliesst, will der Bundesrat abwarten, wie sich die am 20. Dezember in Kraft getretenen Massnahmen – unter anderem 2G-Ausweitung und Homeoffice-Pflicht – auf die Corona-Zahlen auswirken. Ein wichtiger Gradmesser für Bundesbern ist die Auslastung der Intensivstationen. Zuletzt hat die Zahl der Covid-Patienten in Ips-Behandlung wieder etwas abgenommen.

Die nächste ordentliche Bundesratssitzung findet erst am 12. Januar 2022 statt. Dem Vernehmen nach ist für diese Woche – jedenfalls noch – keine ausserordentliche Sitzung geplant. Je nach Entwicklung könnte das nächste Woche aber der Fall werden. Eine Konsultation bei den Kantonen und Sozialpartnern könnte man notfalls auch im Schnellverfahren durchführen.

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Schliessungen möglich

Was das Massnahmenpaket genau beinhaltet, von dem Berset spricht, ist unklar. Gegenüber dem Westschweizer Radio RTS machte er klar, dass der nächste Schritt zwangsläufig Schliessungen wären. Dies seien «extrem brutale Entscheide, die wir nur,wenn es nicht mehr anders geht, treffen wollen».

Beobachter gehen davon aus, dass sich Berset auf die Vorschläge aus seiner letzten Konsultation abstützt. Damals hatte der Bundesrat zwei Varianten in Konsultation geschickt – die weniger weitgehende wurde schliesslich umgesetzt. Variante 2 fiel bei vielen Kantonen durch, könnte nun aber wieder zum Zug kommen. Sie sah etwa die Schliessung von Beizen, Clubs, Hallenbädern oder Fitnesszentren vor – also von allen Orte, an denen Maskentragen nicht möglich ist. Kultur- und Sportanlässe von Laien würden verboten, wenn keine Maske getragen werden kann.

Kommt gar die «letzte Eskalationsstufe»?

Je nach Corona-Entwicklung könnte sich der Bundesrat aber auch bereits an der «letzten Eskalationsstufe» orientieren – die noch weiter geht. Sollte die Überlastung des Gesundheitswesens nicht abgewendet werden können, würden als letzte Eskalationsstufe «einzig noch umfassende Schliessungsmassnahmen zur Verfügung stehen», heisst es in den damaligen Konsultationsunterlagen. «Dies kann insbesondere dann eintreten, wenn sich die Laborergebnisse zur starken Immunevasion der Omikron-Variante auch in den klinischen Beobachtungen bestätigen und die Virus-Variante gefährlich sein sollte.»

Betroffen von den Schliessungen wären demnach sämtliche Innenbereiche von Betrieben in den Bereichen Kultur, Sport, Freizeit und Unterhaltung sowie Restaurants, Fach- und Publikumsmessen und Veranstaltungen in Innenbereichen. Ausgenommen vom Lockdown wären etwa Einkaufsläden, Hotel-Restaurants für Hotelgäste oder Dienstleistungsbetriebe wie Coiffeur, Bank oder Post.

Religiöse oder politische Veranstaltungen bis 50 Personen würden gemäss dieser Planung ebenfalls noch stattfinden können. Auch Leistungs- und Profisportler sowie professionelle Kulturschaffende dürften arbeiten – wenn auch ohne Publikum. Ausgenommen wären zudem sportliche und kulturelle Aktivitäten für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre.

Private Treffen nur noch zu fünft

Der Eskalationsplan sieht zudem vor, dass sämtliche private Treffen auf maximal 5 Personen beschränkt würden. «Diese Regelung würde auch geimpfte und genesene Personen betreffen», heisst es in den Konsultationsunterlagen.

Damals drückten Bersets Leute aber noch die Hoffnung aus, dass das Gesundheitssystem auch ohne diese Massnahme vor einer Überlastung geschützt werden könne. Ob sich diese Hoffnung nun in Luft auflöst, müssen die nächsten Tage und Wochen zeigen.

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