«Der Strompreis wird unterschiedlich stark ansteigen»
1:39
Elcom-Luginbühl erklärt:«Der Strompreis wird unterschiedlich stark ansteigen»

Nun kommt der Strom-Preishammer
180 Franken mehr für Fünf-Zimmer-Haushalt

2023 wird Strom merklich teurer. Die Elcom rechnet mit einem Anstieg von gut 20 Prozent. Und schon im kommenden Winter könnte es zu Engpässen kommen. Um 11 Uhr informiert die Elcom – Blick berichtet live.
Publiziert: 02.06.2022 um 11:01 Uhr
|
Aktualisiert: 02.06.2022 um 18:23 Uhr
Ruedi Studer

Nach den Preisturbulenzen bei Benzin, Öl und Gas kommt nun der Strom-Preishammer! Ab kommendem Jahr werden die Konsumentinnen und Konsumenten deutlich stärker zu Kasse gebeten.

Der Preisanstieg im Grosshandel kommt nämlich 2023 bei den Endkunden in der Grundversorgung an. Hier werden die Tarife deutlich angehoben, wie eine Umfrage der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) zur erwarteten Preis- und Tarifentwicklung bei 172 Energieunternehmen zeigt.

Strompreis steigt um 20 Prozent

Im Durchschnitt werden die Energietarife für den effektiv gelieferten Strom um 47 Prozent erhöht! Die Energietarife machen allerdings nur einen Teil des Strompreises aus – gut zwei Fünftel bei einem durchschnittlichen Haushalt. Hinzu kommen ein Tarif für die Netznutzung sowie politische Abgaben, etwa für die Förderung erneuerbarer Energien.

Strom wird 2023 merklich teurer – im Schnitt dürfte der Strompreis um 20 Prozent steigen.
Foto: Keystone
1/5

Im Schnitt rechnet die Elcom daher mit einem Anstieg des Strompreises von 21 auf 25 Rappen pro Kilowattstunde per 2023. Immer noch ein satter Anstieg von gut 20 Prozent!

Für einen 5-Zimmer-Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden bedeutet dies eine finanzielle Mehrbelastung von 180 Franken pro Jahr, so die Elcom-Berechnung. Bei Betrieben schenkt es dann richtig ein: Bei einem Jahresverbrauch von 150'000 Kilowattstunden belaufen sich die Mehrkosten auf rund 6000 Franken.

Im September gilt es ernst

Wie stark die Tarifanpassungen ausfallen, hängt aber vom jeweiligen Stromanbieter ab. Zudem handelt es sich um eine vorläufige Einschätzung. Ernst gilt es Anfang September – dann gibt die Elcom die definitiven Strompreise für die Konsumenten bekannt.

Bis dahin kann es noch zu Änderungen kommen. Das hängt einerseits von der weiteren Preisentwicklung auf dem Markt ab. Andererseits aber auch von der jeweiligen Beschaffungsstrategie und dem eigenen Produktionsportfolio eines Energieunternehmens. Wurde etwa langfristig bereits günstiger Strom eingekauft, wirkt sich dies positiv auf die Energietarife aus. Ebenso, wenn der Strom aus eigener Produktion stammt. Zudem gibt es buchhalterische Möglichkeiten, um die Preissteigerungen abzudämpfen.

Drohende Stromlücke im Winter

Doch nicht nur die ansteigenden Strompreise beschäftigen die Elcom, sondern auch die drohende Stromlücke.

Und diese könnte uns schneller treffen, als uns lieb ist: Mit Blick auf die Versorgungssicherheit im kommenden Winter spricht die Elcom von «Unsicherheiten». Und: Je nach Entwicklung seien «auch Engpässe nicht ausgeschlossen».

SP-Umweltministerin Simonetta Sommaruga (61) will deshalb sicherheitshalber die Wasserkraftwerke dazu verpflichten, schon ab kommendem Winter eine Reserve bereitzuhalten. Die Betreiber von Speicherkraftwerken sollen gegen Entgelt eine bestimmte Strommenge zurückhalten, die dann bei Bedarf abgerufen werden kann.

Ob der Ernstfall bereits eintritt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend für die Versorgungssicherheit im kommenden Winter ist neben der Verfügbarkeit des inländischen AKW-Stroms vor allem auch das Exportangebot aus den Nachbarländern.

Kaum Atomstrom aus Frankreich

Aus Frankreich etwa ist viel weniger Strom zu erwarten als in anderen Jahren, denn derzeit liegen die französischen Meiler gleich reihenweise still. Daher dürften Stromimporte aus Frankreich in den kommenden Wintermonaten «nur sehr begrenzt möglich sein». Kommt hinzu, dass die Preise in Frankreich für den Winter 2022/23 bereits deutlich höher sind als jene von Deutschland und der Schweiz.

Gut vier Terawattstunden beträgt der Importbedarf der Schweiz im Winterhalbjahr – und dieser muss nun primär durch Importe aus Deutschland, Österreich und Italien gedeckt werden. Doch auch hier gibt es Fragezeichen, stützt sich die dortige Stromproduktion doch stark auf fossile Brennstoffe wie Gas oder Kohle ab. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine wirkt sich hier besonders preistreibend aus.

So will der Bundesrat die Strombranche retten
1:49
Absicherung im Notfall:So will der Bundesrat die Strombranche retten

Doch es gibt auch entlastende Faktoren, wie die Elcom betont. Auf der Haben-Seite steht die aktuell gute Verfügbarkeit der schweizerischen Atomkraftwerke. Bei anhaltend hohen Preisen sind zudem gerade in der Industrie grössere Sparanstrengungen zu verzeichnen. Und eben: Die Vorbereitungsarbeiten für eine strategische Wasserkraft-Reserve laufen.

Bevölkerung will Versorgungssicherheit

So ist zu hoffen, dass auch im nächsten Winter genügend Strom aus der Steckdose kommt. Denn geht es um die Stromversorgung, sind die Prioritäten der Schweizer Bevölkerung klar, wie eine neue Umfrage zeigt: An oberster Stelle steht die Versorgungssicherheit, gefolgt von einer klimaneutralen Energieproduktion und bezahlbaren Strompreisen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?