Peinlicher Lapsus in Bundesinstitut
Fehlgeleitetes Rüffel-E-Mail an alle sorgt für dicke Luft

Die Vizedirektorin sorgt für Ärger im Bundesinstitut für Rechtsvergleichung in Lausanne. In einer Mail schwärzte sie eine Mitarbeiterin an – und verschickte sie irrtümlich an die gesamte Belegschaft.
Publiziert: 09.02.2023 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 09.02.2023 um 14:16 Uhr

Der Fehler kann jedem passieren. Plötzlich landet eine E-Mail beim falschen Adressaten. In diesem Fall liess er die Vertrauenskrise eskalieren. Seither herrscht am Institut für Rechtsvergleichung in Lausanne dicke Luft, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.

Passiert ist der Fehler der dortigen Vizedirektorin bereits im September 2020 mit einer Mail an die Direktorin. Darin klagt die Vizedirektorin darüber, dass eine Mitarbeiterin ein Plakat nicht nach ihrem Gusto gestaltet habe. «Ein doofes Problem», schrieb die Vizedirektorin und schlug der Direktorin vor, sich die Mitarbeiterin beim nächsten Personalentwicklungsgespräch vorzuknöpfen und mit einer schlechten Note zu sanktionieren – mit möglichen negativen Folgen auf deren Lohn.

Bereits mehrere Untersuchungen durchgeführt

Was die Vizedirektorin nicht realisierte: Ihre Mail ging nicht nur an die Direktorin, sondern wegen einer irrtümlich eingefügten Verteiladresse gleich an sämtliche Institutsmitarbeiter. Die Empfänger seien wütend gewesen und hätten sich mit der blossgestellten Kollegin solidarisiert, berichtet der «Tages-Anzeiger». Die betroffene Mitarbeiterin sei darauf hin für längere Zeit krankheitsbedingt ausgefallen.

Am Institut für Rechtsvergleichung herrscht dicke Luft. Das Personal traut der Direktion nicht mehr über den Weg.
Foto: Google Maps Screenshot
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Das Institut für Rechtsvergleichung erhält vom Bund Jahr für Jahr rund acht Millionen Franken. Dafür liefert ein international besetztes Juristenteam der Bundesverwaltung wertvolles Expertenwissen im Straf-, Familien- und Verwaltungsrecht oder auch in internationalem Wirtschaftsrecht.

Das Beispiel der fehlgeleiteten E-Mail soll symbolisch sein für die Stimmung. Am Institut für Rechtsvergleichung herrscht dicke Luft. 2021 griff ein ehemaliger Bundesrichter ein, jüngst auch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK). Zudem weisen die Personalbefragungen des Bundes seit Jahren miserable Werte auf.

90 Prozent misstrauten der Direktion

So zeigten eine Umfrage der Gewerkschaft der Bundesangestellten im 2021 ganz schlechte Werte auf: 65 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten kein Vertrauen in ihre Vorgesetzten, 90 Prozent misstrauten der Direktion, die richtigen Entscheide zu treffen. Gar 94 Prozent warfen der Institutsleitung vor, drängende Probleme nicht anzugehen.

Die Mail-Affäre soll nicht ohne Folgen geblieben sein. Mehrere Frauen hätten daraufhin Vorwürfe gegen die Vizedirektorin erhoben, berichtet der «Tages-Anzeiger» weiter. Darunter: Während ihres Mutterschaftsurlaubs hätten ihnen die Vorgesetzte kommentarlos Kompetenzen entzogen, die nach ihrer Rückkehr andere ausübten.

Eine Juristin soll ausgesagt haben, die Vizedirektorin habe ihr ein Stellenangebot ausgehändigt, was sie als Aufforderung empfand, auf Stellensuche zu gehen und das Institut zu verlassen. Mindestens drei junge Mütter sollen sich isoliert und herabgesetzt gefühlt haben. Einzelne hätten zudem über Lohnkürzungen geklagt, die mit Restrukturierungen begründet worden seien.

Präsident spielt den Fall herunter

Die Institutsleitung dagegen versucht, den Ball flach zu halten. Der Präsident des Institutsrats stellt sich konsequent vor die kritisierte Vizedirektorin. Sie habe «einen Stil, der nicht allen gefällt», treffe aber auch Entscheidungen, die Dinge in Bewegung brächten. Auch habe sie ihr Verhalten geändert, «um Fehler und Missverständnisse zu vermeiden».

Auch für die Vizedirektorin selber sei die Sache längst abgehakt. «Die E-Mail war ganz sicher ein Irrtum und dies wurde auch sofort dem ganzen Team mitgeteilt. Wir gehen davon aus, dass die Missverständnisse behoben sind», lässt sie mitteilen. Mehr dürfe sie «wegen der Vertraulichkeit von Personalangelegenheiten nicht sagen».

Der Präsident wiederum kommt zum Schluss: «Die E-Mail war für die betreffende Person schmerzhaft, hatte meiner Meinung nach aber nicht die Bedeutung, die ihr manche beimessen.» Die Belegschaft scheint das nach wie vor anders zu sehen. (dba)

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