Politischer Erweckungsmoment für die Jungen
Kommt jetzt die Generation DSI?

Rock-CD gegen Kampfjets, Armee-Debatten am Familientisch und nun eine erfolgreiche Online-Kampagne und viel Engagment der Generation MEI. Emotionale Debatten politisieren die Jugend.
Publiziert: 29.02.2016 um 12:42 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:00 Uhr
Aktivisten des NGO-Komitee gegen die Durchsetzungs-Initiative freuen sich über den Abstimmungserfolg. Flavia Kleiner (im Vordergrund) darf mit ihrer Organisation Operation Libero auf Zulauf hoffen.
Foto: Keystone
Joël Widmer

Diese Abstimmung hat die Schweiz bewegt. Über die Durchsetzungs-Initiative (DSI) wurde an Familientischen, in Büros und in den sozialen Medien heftig diskutiert. Und Sie lockte viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auch an die Urne. Mit der Stimmbeteiligung von 62 Prozent dürften auch viele Junge erstmals das Abstimmungkuvert abgeschickt haben.

Der leidenschaftlich geführte Abstimmung-Kampf könnte zu einer neuen Generation von politischen Jungen führen, denn politisiert werden junge Menschen traditionell über emotionale Debatten im privaten Umfeld.

Hier einige Beispiel aus jüngerer Vergangenheit:

1989: Abstimmung über die Armee-Abschaffungsinitiative der GSoA

Am Familientisch wagten viele junge Rekruten erstmals den politischen Schlagabtausch mit dem Vater. Erstaunliche 35 Prozent der Stimmenden votierten im November 1989 für die Abschaffung der Armee.

1992: Abstimmung über den EWR Beitritt

Dieser Abstimmungs-Kampf über den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum liess niemanden kalt: 78,7 Prozent war die rekordhohe Stimmbeteiligung beim EWR-Nein.

1993: Nicht-Wahl von SP-Kandidatin Christiane Brunner bei Bundesratswahl

Vor allem bei jungen Frauen damals ein politischer Erweckungsmoment. Statt Christiane Brunner wählte das Parlamdent am 3. März 1993 Aussenseiter Francis Matthey in den Bundesrat. Nach Druck der SP verzichtete er. Eine Woche später wurde Ruth Dreifuss neue SP-Bundesrätin.

1993: Anti-FA/18-Abstimmung

Die Abstimmungs-Doppel-CD der Schweizer Rock-Prominenz brachte viele Junge zur Politik. Die GSoA-Initiative gegen neue Kampfjets erzielte mit 43 Prozent Zustimmung einen Achtungserfolg.

2007: Abwahl von Christoph Blocher

Viele Junge SVP-Politiker nennen diese Abwahl von SVP-Kopf Christoph Blocher als Motivaton für ihr politisches Engagement.

Kommt es nun ein einer Generation DSI? Vieles spricht dafür. Die Abstimmung wird bei Jungen, die in Berufsschule oder Gymnasium darüber debattierten, sicher Spuren hinterlassen. Und auch bei der nächsten Abstimmung, bei welcher die SVP den Rechtsstaat angreift, dürften die Gegner den Schwung nützen können. Insbesondere die erfolgreiche Online-Sammlung für Kampagnen-Spenden über den «Dringenden Aufruf», der über eine Millionen Franken brachte und das Engagement der DSI-Gegner auf Facebook & Co. dürfte in Erinnerung bleiben.

Da aber das Engagement nicht von einer klar definierten Gruppe ausging, dürfte die Abstimmung aber bei politischen Parteien und Organisationen wohl keine Mitgliederschwemme geben.

Ausser vielleicht bei der Operation Libero, der liberalen Gruppierung um die personifizierte Abstimmungssiegern und Co-Präsidentin Flavia Kleiner. Laut dem anderen Co-Präsidenten Dominik Elser kamen in den letzten drei Tagen rund hundert Neu-Mitglieder und viele Spenden dazu.

Die Operation Libero ist eigentlich der Ausdruck der Generation MEI. Gegründet nach der knappen Ja des Stimmvolks zur Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) im Februar 2014, fährt die Organisation nun die Ernte ein.

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