Regierung prüft rechtliche Optionen
Bundesrat will Hamas als terroristische Organisation verbieten

Der Bundesrat will die Hamas als terroristische Organisation einstufen. Er prüft die rechtlichen Optionen für ein Verbot der radikalislamischen Palästinenserorganisation, wie er am Mittwoch mitteilte.
Publiziert: 11.10.2023 um 16:04 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2023 um 19:44 Uhr
Tobias Ochsenbein, Sermîn Faki

Der Bundesrat ist schneller als auch schon: Am Mittwoch hat er den Terror-Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel nicht nur aufs Schärfste verurteilt und die sofortige Freilassung der Geiseln gefordert. Sondern sich auch dafür ausgesprochen, die Hamas als terroristische Organisation einzustufen und somit zu verbieten. 

Die Schweiz müsse in der Lage sein, wirksam und konzertiert zu handeln, so der Bundesrat. Die am Montag von Aussenminister Ignazio Cassis (62) eingesetzte Taskforce wird daher zu einer Taskforce des Bundesrats ausgebaut. Diese soll der Landesregierung nun aufzeigen, welche rechtlichen Möglichkeiten der Bund für ein Verbot hat. Bis wann, dazu schweigt sich das Aussenministerium aus.

Derzeit braucht es die Uno

Gesetzlich verboten sind in der Schweiz bislang der IS und Al-Kaida. Gesetzliche Grundlage dafür ist Artikel 74 des Nachrichtendienstgesetzes. Demnach kann der Bundesrat eine Organisation oder Gruppierung verbieten, die mittelbar oder unmittelbar terroristische oder gewalttätig-extremistische Aktivitäten propagiert, unterstützt oder in anderer Weise fördert und damit die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz konkret bedroht.

Aussenminister Ignazio Cassis am Montag vor den Medien.
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Allerdings braucht es für ein solches Verbot einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der Vereinten Nationen (Uno). Bei Al-Kaida und dem IS lag ein solcher vor, bei der Hamas fehlt er. Das heisst: Der Bundesrat muss gemäss aktueller rechtlicher Lage warten – oder darauf hinwirken –, dass die Uno oder der Uno-Sicherheitsrat ein Verbot oder Sanktionen gegen die Hamas ausspricht. Erst dann kann er die radikal-islamistische Palästinenserorganisation auch in der Schweiz verbieten.

Stimmung hat gedreht

Der Bundesrat könnte auch das Nachrichtendienstgesetz anpassen und die Bestimmung mit der Uno rausnehmen. Angesichts der aktuellen Lage würde er dafür im Parlament eine Mehrheit finden. Für ein Hamas-Verbot hatte am Dienstag bereits die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SIK-N) plädiert – und zwar einstimmig. In der Vergangenheit war das Anliegen im Parlament stets gescheitert. Die Eskalation im Nahen Osten entfachte hierzulande eine Diskussion neu, die das Parlament seit Jahren umtreibt. Wie umgehen mit der Hamas?

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Aber eine solche Gesetzesreform dauert. Ein Verbot der Hamas würde also auf sich warten lassen. Prinzipiell möglich wäre drittens auch, das Verbot auf Notrecht zu stützen. Doch wie würde der Bundesrat dieses Mittel, das nur für absolute Ausnahmefälle gedacht ist, begründen? Die Gefährlichkeit der Hamas ist seit Jahrzehnten bekannt.

«Hamas isolieren»

Israels Botschafterin Ifat Reshef (54) dürfte den Entscheid des Bundesrats zufrieden zur Kenntnis nehmen. «Ich hoffe sehr, dass sich die Schweiz den Ländern anschliesst, die die Hamas bereits in irgendeiner Form als terroristische Organisation bezeichnet haben», hatte sie am Mittwoch gesagt. «Die Hamas sollte isoliert und aus jedem möglichen menschlichen Rahmen ausgeschlossen werden.» Dies sei kein Schritt gegen das palästinensische Volk, sondern gegen die bösartige Terrororganisation. 

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