Schweiz plant Friedensgipfel – Russen prangern ihn an
«Widerwärtige Friedensformel von Selenski»

Die Schweiz und die Ukraine wollen einen hochrangigen Friedensgipfel durchführen. Die Russen schäumen, halten den Versuch für «fruchtlos» und zweifeln einmal mehr an der Neutralität der Schweiz.
Publiziert: 16.01.2024 um 17:14 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2024 um 17:39 Uhr
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Sermîn FakiPolitikchefin

Die Schweiz wird einen Friedensgipfel für die Ukraine austragen. Das hat Bundespräsidentin Viola Amherd (61) am Montag dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45) versprochen. Schon am Dienstag beginnen die Vorarbeiten beim Aussendepartement in Zusammenarbeit mit Kiew, stattfinden soll der Gipfel offenbar in Genf, wie die Nachrichtenagentur SDA erfahren haben will.

Moskau reagiert ungehalten auf die Ankündigung. Man habe die Information über die Planung «des sogenannten Friedensgipfels» zur Kenntnis genommen, teilt die russische Botschaft in Bern auf Blick-Anfrage mit. «Mit Bedauern müssen wir feststellen, dass die Schweizer Bundesbehörden einmal mehr bewiesen haben, dass sie bereit sind, nur die ukrainische Position in Betracht zu ziehen. Von echter Neutralität kann nicht die Rede sein.»

Russen seien nicht am Tisch erwünscht

In der Stellungnahme betont die Botschaft, dass eine russische Teilnahme am Friedensgipfel nicht vorgesehen sei, das sei in der Medienkonferenz von Amherd und Selenski zum Ausdruck gekommen. Auch bei den vier bisherigen Treffen der nationalen Sicherheitsberater – das letzte fand am Sonntag in Davos GR statt – seien die Russen nicht erwünscht gewesen.

Die Schweiz und die Ukraine planen eine gemeinsame Friedenskonferenz. Das gaben der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski und Bundespräsidentin Viola Amherd am Montag bekannt.
Foto: keystone-sda.ch
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Was nicht ganz stimmt, aber auch nicht ganz falsch ist. Zwar sprachen weder Amherd noch Selenski davon, dass Russland nicht erwünscht sei am Friedensgipfel. Allerdings schränkte Selenski ein, dass man offen sei für alle Länder, die die Souveränität der Ukraine respektieren – was Russland faktisch ausschliesst. «Die ganze Welt ist gegen die Aggressionen von Russland», betonte Selenski denn auch.

Moskau hält Gipfel für aussichtslos

Aus Sicht Russlands ist ein Gipfel ohne Moskau «aussichtslos» – er bedeute «nur eine weitere Runde fruchtloser Konsultationen, die zu keinem konkreten Ergebnis führen». Aus russischer Sicht handelt es sich beim Gipfel daher um einen weiteren Versuch, die «odiose (‹gehässig› oder ‹widerwärtig›, d. Red.) Friedensformel» von Selenski durchzusetzen.

In der Tat hat Selenski eine Friedensformel erarbeitet, die verhindern soll, dass der Ukraine ein Kriegsende zu russischen Bedingungen aufgezwungen wird. Diese Formel sieht unter anderem vor,

  • dass Kriegsgefangene und andere Vertriebene, darunter auch die von Russland entführten ukrainischen Kinder, ausgetauscht werden.
  • dass die territoriale Integrität der Ukraine wiederhergestellt wird und sich die russischen Truppen vollständig vom ukrainischen Territorium zurückziehen.
  • dass ein internationales Kriegstribunal geschaffen wird, das russische Verbrechen beurteilt und Russland für von ihm verursachte Schäden aufkommt.
  • dass die Ukraine internationale Sicherheitsgarantien bekommt und in die transatlantischen Sicherheitsstrukturen der Nato eingebunden wird.

«Ultimaten sind keine Grundlage»

Moskau betrachtet diese Formel als Ultimatum und hält fest: «Ultimaten können nicht als Grundlage für die Aufnahme von Verhandlungen dienen.» Zudem weist die Botschaft darauf hin, dass in der Ukraine ein gesetzliches Verbot von Verhandlungen mit der russischen Staatsführung besteht: «Solange dieses Verbot nicht aufgehoben ist, hat die Erörterung von irgendwelchen Vorschlägen keine praktische Bedeutung.»

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