Russische Nachbarn bereiten Sorge
Spionage-Gefahr bei der Luftwaffe in Bern!

Tür an Tür zum Geschäftssitz der Schweizer Luftwaffe in Bern residiert das russische Visum-Antragszentrum. Während das Verteidigungsdepartement keine Probleme erkennen will, machen sich Parlamentarier Sorgen.
Publiziert: 18.09.2023 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 19.09.2023 um 13:35 Uhr

Erst war Mitte-Nationalrat Andreas Meier (61) erstaunt, dann besorgt. Der Grund: Tür an Tür zum Geschäftssitz der Schweizer Luftwaffe an der Berner Bolligenstrasse ist die Artionis GmbH beheimatet. Die Firma bezeichnet sich als offizielles russisches Visum-Antragszentrum, arbeitet bei der Bearbeitung von Visumsanträgen also eng mit der russischen Botschaft zusammen.

«Das macht mir schon etwas Sorgen», kommentiert Sicherheitspolitiker Meier gegenüber Blick. Das konkrete Risiko könne er natürlich nicht abschätzen, «aber wir müssen davon ausgehen, dass Artionis russische Interessen vertritt», sagt er. «Wir dürfen da nicht naiv sein.»

«Sensible Daten könnten in die falschen Hände geraten»

Moderne Überwachungs- und Abhörmöglichkeiten seien heute weit entwickelt. «Es könnte die Gefahr bestehen, dass sensible Daten in die falschen Hände geraten», fürchtet der Sicherheitspolitiker.

Die Schweiz und die russische Botschaft in Bern gleiten als Spionage-Drehscheibe. Denn: Die hiesigen Behörden üben sich gegenüber russischen Agenten in Zurückhaltung.
Foto: Keystone
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Auf Meiers Anfrage bleibt das Verteidigungsdepartement (VBS) von Bundesrätin und Parteikollegin Viola Amherd (61) kurz angebunden: Der Armee und dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) seien die geschilderten Fakten bekannt. Beide Behörden würden alle nötigen Massnahmen treffen, um allfällige verbotene Spionagetätigkeiten zu erkennen, zu verhindern und zu bekämpfen.

Eindruck entstehe, dass die nötige Sensibilität fehlt

Auf die potenziell riskante Nachbarschaft hingewiesen worden sei Nationalrat Meier von einer Person, «die sich in dem Metier der Nachrichtendienste auskennt und der Schweiz freundlich gesinnt ist», sagt er. Mehr will er nicht verraten. Der Hinweis könnte aber darauf deuten, dass die Situation nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte.

Für Nationalrat Meier ist die Antwort aus dem VBS denn auch «eher dünn». «Was sollen sie denn auch anderes sagen, als dass sie alles im Griff haben?», findet er. «Für mich ist die Situation dennoch eher problematisch.» Es entstehe der Eindruck, dass für die neue Bedrohungslage in Europa noch die nötige Sensibilität fehle. «Mir wäre jedenfalls wohler, wenn man solche heiklen Konstellationen vermeiden würde.»

Nachrichtendienst schätzt Bedrohung als hoch ein

Immerhin hat die Spionagetätigkeit Russlands seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs zugenommen. Die Schweiz gilt als «sicherer Hafen» für russische Agenten. Denn: Während Deutschland, Frankreich oder Italien mittlerweile viele Diplomaten vor die Tür setzte, blieb der Bundesrat sehr zurückhaltend.

Dabei schätzt der NDB die Bedrohung durch russische und chinesische Spionage in seinem neusten Lagebericht als hoch ein. In Zahlen: 221 Personen sind bei den russischen Vertretungen diplomatisch akkreditiert. Der NDB geht davon aus, dass gut jeder Dritte davon als Spion tätig ist – also 70 bis 80 Personen.

Wie ernst die Gefahr ist, zeigt auch der Cyberangriff auf die IT-Firma Xplain, der sich für den Bund immer mehr zum GAU entwickelt.

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats fordert daher eine härtere Gangart. Stimmt das Parlament zu, muss der Bundesrat alle ausländischen Personen konsequent des Landes verweisen, wenn sie als Spione die Sicherheit der Schweiz oder ihre Rolle als Gaststaat gefährden und wegen ihres diplomatischen Status nicht strafrechtlich verfolgt werden können. (dba)

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