Russland
Nawalnys Witwe fordert Aufklärung über Tod ihres Mannes

Sechs Monate nach dem Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny in einem Straflager hat seine Witwe Julia Nawalnaja kritisiert, dass die russischen Behörden keine überzeugende Erklärung für die Todesursache vorgelegt haben.
Publiziert: 15.08.2024 um 14:07 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2024 um 14:22 Uhr
Nach dem Tod des Kremlgegners Alexej Nawalny hat seine Witwe Julia Nawalnaja kritisiert, dass die russischen Behörden keine überzeugende Erklärung für die Todesursache vorgelegt haben.
Foto: dpa
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SDASchweizerische Depeschenagentur

In einem dreiseitigen Dokument, das sie von den Ermittlern erhalten habe, werde lediglich festgestellt, dass der Tod Nawalnys keine «kriminelle Ursache» habe, sagte sie in einem auf X veröffentlichten Videobeitrag. Daher sehen die Ermittler auch keinen Grund zur Eröffnung eines Strafverfahrens wegen des Todes.

Nawalny wurde in Russland als Blogger bekannt und war zuletzt der prominenteste Kritiker vom Kremlchef Wladimir Putin. 2020 überlebte er einen Nervengiftanschlag und liess sich in Deutschland behandeln. Bei seiner Rückkehr nach Russland Anfang 2021 wurde er verhaftet und zu insgesamt 19 Jahren Gefängnis verurteilt, eine Strafe, die er als politisch motiviert bezeichnete. Am 16. Februar starb Nawalny unter ungeklärten Umständen in einem sibirischen Straflager.

In dem Dokument, das Nawalnys Team in sozialen Netzwerken veröffentlichte, wird sein Tod auf «eine Kombination von Erkrankungen» zurückgeführt. Aufgezählt werden verschiedene Krankheiten, darunter Gallenblasenentzündung, Bandscheibenvorfall und Staphylokokken-Infektion. Am Ende hätten Herzrhythmusstörungen zum Tod geführt, heisst es weiter.

Nawalnaja: Mord soll vertuscht werden

«Als ich dieses Dokument sah, konnte ich meinen Augen nicht trauen», sagte Nawalnaja, die die Arbeit ihres Mannes fortsetzt. «Dies ist ein weiterer ziemlich erbärmlicher Versuch, zu vertuschen, was passiert ist – Mord.» Jeder Dritte in Russland habe solche Erkrankungen, sterbe aber nicht daran. Zudem hätte ihr Mann, der 27 Mal in Isolationshaft gekommen sei, gemäss der Vorschriften bei seinem Eintreffen in dem Straflager sehr gründlich untersucht werden müssen.

Auch der russische Oppositionelle und enge Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow kritisierte den Erklärungsversuch der Behörden. «Sechs Monate lang waren Putins Ermittler nicht in der Lage, ihre Version davon zu formulieren, was denn passiert ist. Nun haben sie sich wirklich nichts ausgedacht», schrieb Wolkow bei dem Mitteilungsdienst Telegram.

Nawalnaja kündigte an, ihre Anwälte würden Widerspruch einlegen und die Herausgabe aller medizinischen Dokumente sowie die Aufnahme eines Strafverfahrens fordern. Ausserdem werde Nawalnys Team seine eigenen Untersuchungen zu den Umständen des Mordes an ihrem Mann fortsetzen.

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