Schnelle Hilfe für Härtefälle
Bundesrat soll 500 Millionen bereitstellen

Die zweite Corona-Welle lähmt den Bundesrat. Statt wie im Frühling rasch mit Wirtschaftshilfen bereitzustehen, schaut man nur zu. Parlamentarier wollen der Regierung nun Beine machen.
Publiziert: 28.10.2020 um 00:33 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2020 um 16:39 Uhr
Pascal Tischhauser

Der Bund lässt Schausteller, Eventbranche und touristische Betriebe im Regen stehen. Für sie bräuchte es eine Härtefallregelung. Eine Verordnung dazu wäre rasch aus dem Boden gestampft – wenn der Bund nur wollte. Stattdessen reichen sich die SVP-Bundesräte gegenseitig den Schwarzen Peter weiter.

Boris Zürcher (56), Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), verweist auf die Konsultationspflichten, die hier notwendig seien. Das Seco fällt jedoch seit Anfang der Corona-Krise durch seine gemächliche Arbeitsweise auf.

Der Ueli solls richten

Es gehe hier um eine komplexe Frage, in der nicht das zum Wirtschaftsdepartement (WBF) gehörende Seco, sondern die Finanzverwaltung im Lead sei, die unter dem Dach des Finanzdepartements (EFD) ist, so Zürcher.

Training im Circus Knie im Frühling in Rapperswil-Jona SG. Wegen Corona müssen viele Schausteller ihre Auftritte absagen.
Foto: Keystone
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Vor der Presse verteidigt er sich gegen die Kritik, dass den Härtefällen erst am 1. Februar unter die Arme gegriffen werden soll. Und dann: Sein Departementschef Guy Parmelin (60) habe an die Adresse der EFD-Leitung gesagt, «dass hier so weit wie möglich eine Beschleunigung erfolgen soll». Also: Ueli Maurer (69) soll vorwärtsmachen.

Dabei hatte man Schaustellern und Bühnenbauern versprochen, nach den Sommerferien werde der Bundesrat Nägel mit Köpfen machen. Doch bald ist Winter, und die schwer betroffenen Branchen mit ihren teuren Anlagen und hohen Fixkosten warten noch immer.

Welle von Sozialhilfebezügern droht

«Diese Verzögerung ist brandgefährlich», ärgert sich die grüne Nationalrätin Regula Rytz (58). Denn wenn diese und KMUler in den Konkurs gehen, weil sie ihre Arbeit nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt ausführen können, «dann verlieren sie die Kurzarbeitsentschädigung und die Erwerbsausfallentschädigung. Und weil es für die Selbständigen kein Arbeitslosengeld gibt, müssen sie aufs Sozialamt. Mit der zweiten Corona-Welle droht also eine Welle von neuen Sozialhilfebezügern».

Dass der Bundesrat bis Februar 2021 braucht, um den Schaustellern zu helfen, klingt für Rytz wie ein Hohn. Schliesslich erarbeite das Bundesamt für Gesundheit innert weniger Tage komplexe Verordnungen. Und der Chef der Finanzverwaltung, Serge Gaillard (64), habe bewiesen, dass er mit Swiss und Banken innert weniger Tage ein Rettungspaket für die Luftfahrt zusammenzimmern könne. «Da wird man doch für eine Härtefallregelung nicht fünf Monate brauchen.»

Der Bundesrat muss liefern

Die Grünen, deren Chefin Rytz bis vor kurzem war, verlangt, dass die Härtefall-Verordnung noch im November in Kraft gesetzt wird, weshalb sie mit den anderen Parteien im Parlament in Kontakt steht. Auch ihnen sei es klar, dass es schneller gehen müsse.

«Aus unserer Sicht müssen 500 Millionen Franken als Kostenrahmen für die Hilfe bei Härtefällen im Budget 2021 bereitgestellt werden. Zudem braucht es einen Betreibungsstopp, bis die Verordnung in Kraft ist und Geld beschlossen wurde», gibt Rytz den Tarif durch.


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