Die Armee erweitert ihre Cyber-Ausbildung
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IT-Talente gesucht:Die Armee erweitert ihre Cyber-Ausbildung

Schon 16-Jährige können sich zu Cyber-Kriegern ausbilden lassen
VBS-Chefin Amherd macht Jagd auf IT-Teenies

Die Armee erweitert ihre Cyberausbildung. Noch vor der Rekrutierung sollen junge IT-Talente angelockt werden. Das soll nicht nur der Sicherheit des Landes dienen. Die Jungen könnten später auch in der Privatwirtschaft profitieren, sagt die Armee.
Publiziert: 25.10.2021 um 00:48 Uhr

Bis heute weiss man nicht, welche Daten gestohlen worden sind und wer hinter der Attacke stand. 2014 wurde der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag Opfer eines Cyberspionage-Angriffs. Noch schlimmer: Erst 2016 bemerkte der Nachrichtendienst den Angriff überhaupt – nach einem Hinweis aus dem Ausland. Noch im letzten Sommer war bei der Ruag von «ernst zu nehmenden Sicherheitslücken» die Rede.

Spionage und Militärschläge verlagern sich immer mehr ins Internet. Die Zahl gezielter Cyberangriffe steigt laufend. Neben Armee-Einrichtungen zählen auch Stromkonzerne, die SBB oder Telekomfirmen zu den Zielen. Im September hat der Bundesrat deshalb beschlossen, ein neues Cyberkommando aufzubauen. Die Schweiz sei bei der Digitalisierung «viel zu wenig weit fortgeschritten». Noch fehlt es an fast allem: Personal, Ausbildung oder der Zusammenarbeit mit dem Ausland.

Noch vor der Rekrutierung an die Armee binden

Nun will Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) noch einen Schritt weitergehen. Neu sollen bereits Teenager direkt ab der Schulbank zur Armee gelockt werden! Rund 20 Jugendliche von 16 bis höchstens 20 Jahren werden zur vordienstlichen Ausbildung Cyber eingeladen – ähnliche Vorausbildungen gibt es bereits für Militärpilotinnen, Hundeführer oder Motorfahrerinnen. Mit dem neuen Angebot will die Armee IT-Security-Talente finden und noch vor der Rekrutierung an sich binden.

2014 wurde der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag Opfer eines Cyberangriffs. Bis heute ist unbekannt, welche Daten gestohlen worden sind und wer hinter der Attacke stand.
Foto: Andrea Brunner
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Verschiedene Cyberangriffsszenarien dienen als Grundlage für einen noch in diesem Herbst startenden Pilotanlass. Jugendliche mit unterschiedlichem Vorwissen sollen in Kleingruppen und von Spezialisten begleitet technische Aspekte, Hintergrundinformationen und mögliche Auswirkungen eines Angriffs erarbeiten.

Wie läuft ein Cyberangriff ab?

«Sie lernen beispielsweise, wie ein Cyberangriff detailliert abläuft, wie er erkannt werden kann und welche Konsequenzen sich daraus für den Verteidiger in der Abwehr ergeben», erklärt Armeesprecher Stefan Hofer. Auch lernen sie einige der notwendigen Tools kennen und machen erste Schritte in der Anwendung. So werden sie Schritt für Schritt zu Cyberkriegern ausgebildet. Die Anmeldefrist läuft noch. Die ersten Bewerbungen seien vielversprechend, freut sich die Armee.

Nach dem Pilotevent stehe den Teilnehmenden ein Onlinetraining zur Verfügung, mit dem sie ihr Wissen vertiefen können. Auch soll die vordienstliche Ausbildung künftig als Basis für den Cyberlehrgang etabliert werden. So kann das Niveau der Cybersoldatinnen und -soldaten weiter angehoben werden. Ziel sei es zudem, die Teilnehmerzahl pro Lehrgang von 20 auf künftig 40 zu erhöhen.

Und wie funktioniert ein Gegenangriff?

Die relativ kleine Zahl ergebe sich auch aus den Ansprüchen an die Kandidaten. «Aktuell melden sich für einen Cyberlehrgang jeweils rund 200 bis 250 Interessenten», sagt Hofer. «Mit der aktuellen Selektion erfüllen in der Regel dann 20 Kandidaten die Kriterien für die Aufnahme.»

Andere Länder sind um Jahre voraus

Die Schweiz macht vorwärts bei der Cyberausbildung der Armee. Und doch hinkt sie nach wie vor hinterher. Andere Länder sind um Jahre voraus. Supermächte wie die USA legen seit Jahren einen Schwerpunkt auf den Krieg im Netz. Das «United States Cyber Command» nahm schon im Oktober 2010 seinen Dienst auf. Bereits 2013 war von einem Ausbau auf 5000 Stellen die Rede.

Noch weiter ist Israel. Mit der Rekrutierung beginnt das dortige Militär bereits in der Sekundarschule. In speziellen Programmen lernen schon 14-Jährige eine Kombination aus Computerwissenschaften und Cyberkampf. Die Einheit Unit 8200 habe zudem viele Internetunternehmer hervorgebracht – was die IT-Soldaten in ihrer dreijährigen Dienstzeit lernen, können sie später im zivilen Bereich anwenden. Nicht wenige wurden stinkreich. Kein Wunder, wollen immer mehr Schüler ihren Militärdienst bei der Unit 8200 absolvieren.

Das israelische Militär rekrutiert schon lange Cybersoldatinnen und -soldaten bereits in der Sekundarschule.
zVg

Die Schweiz macht vorwärts bei der Cyberausbildung der Armee. Und doch hinkt sie nach wie vor hinterher. Andere Länder sind um Jahre voraus. Supermächte wie die USA legen seit Jahren einen Schwerpunkt auf den Krieg im Netz. Das «United States Cyber Command» nahm schon im Oktober 2010 seinen Dienst auf. Bereits 2013 war von einem Ausbau auf 5000 Stellen die Rede.

Noch weiter ist Israel. Mit der Rekrutierung beginnt das dortige Militär bereits in der Sekundarschule. In speziellen Programmen lernen schon 14-Jährige eine Kombination aus Computerwissenschaften und Cyberkampf. Die Einheit Unit 8200 habe zudem viele Internetunternehmer hervorgebracht – was die IT-Soldaten in ihrer dreijährigen Dienstzeit lernen, können sie später im zivilen Bereich anwenden. Nicht wenige wurden stinkreich. Kein Wunder, wollen immer mehr Schüler ihren Militärdienst bei der Unit 8200 absolvieren.

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Als Cybersoldaten sollen sie dereinst die militärischen Rechenzentren und Kommunikationssysteme schützen. Zugleich werden die Teenager als Hacker geschult. Sie stehen künftig bereit, um im Konfliktfall – im Auftrag des Nachrichtendienstes und auf Befehl des Bundesrats – selber Cyberangriffe auszuführen.

Das soll den Absolventen später auch im Berufsleben zugutekommen, heisst es seitens der Armee. Denn die Ausbildung mit Fähigkeitszeugnis als Cyber Security Specialist sei auch in der Privatwirtschaft nützlich und anerkannt. Die Armee trage so zur Reduktion des Fachkräftemangels bei. Schliesslich betrifft der Fachkräftemangel nicht nur die Landesverteidigung, sondern auch die Privatwirtschaft.

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