Schutz-Behörde wird gelobt
Gute Noten für die Kesb

Rund 41'900 Kinder und 90'700 Erwachsene in der Schweiz unterstanden Ende 2017 einer von der Kesb angeordneten Massnahme. Die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) zieht für die Arbeit der Kesb eine positive Bilanz.
Publiziert: 06.09.2018 um 14:05 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:18 Uhr
Lanciert die Volksinitiative «Eigenständiges Handeln in Familien und Unternehmen», (Kindes- und Erwachsenenschutz-Initiative): SVP-Nationalrat aus Schwyz Pirmin Schwander.
Foto: Keystone / ANTHONY ANEX
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Sie ist immer wieder unter Beschuss – jetzt erhält die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) gute Noten: Die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) zieht für die Arbeit der Kesb eine positive Bilanz.

Die Zahl der von Kesb-Massnahmen betroffenen Kinder ging im vergangenen Jahr um zwei Prozent zurück, von 42'767 auf 41'902 per Ende 2017, wie die Kokes mitteilte. Das heisst, dass am 31. Dezember 2017 für knapp 28 von 1000 Kindern eine Schutzmassnahme bestand.

Fall Flaach wirkte nach

Mit den heute Donnerstag in Bern präsentierten Zahlen reagierte die Kokes auf die Kritik an den vor sechs Jahren neu geschaffenen Kesb. Deren Vorgehen ist immer wieder öffentlich angegriffen worden.

Zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Fall Flaach ZH, als eine Mutter über den Jahreswechsel 2014/2015 ihre beiden von der Kesb betreuten Kinder erstickte. Die Behörde hatte die Kinder in einem Heim untergebracht, obwohl die Grosseltern bereit gewesen wären, sie zu betreuen.

Mehr Erwachsene in einer Massnahme

Bei den Erwachsenenschutzmassahmen war 2017 im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme um 1,24 Prozent zu verzeichnen; die Zahl der Massnahmen erhöhte sich von 89'605 auf 90'719. «Insgesamt sind die Fallzahlen sehr stabil», sagte Guido Marbet, Kokes-Präsident und Präsident des Aargauer Obergerichts. Für rund 13 von 1000 Erwachsenen bestand demnach Ende Jahr eine Massnahme.

Für die Kokes sind die Fallzahlen ein Zeichen dafür, dass die landesweit 142 Kesb-Behörden nur Massnahmen anordnen, wenn diese nötig sind. Auffällige Anstiege gebe es weder in der Deutsch- noch in der Westschweiz.

«Unterstützung steht im Vordergrund»

Interveniere die Behörde, versuche sie, mit den Betroffenen und den Angehörigen eine einvernehmliche Lösung zu finden, so Marbet weiter. Das gelinge in insgesamt rund vier von fünf Fällen.

Ordne eine Kesb eine Massnahme an, stehe Unterstützung im Vordergrund, hielt er fest. «Es geht dann nicht um den Entzug von Rechten, sondern um Unterstützung, damit Rechte wieder wahrgenommen werden können.» Ein Beleg dafür sei, dass die meisten Massnahmen Beistandschaften sind.

Im Kindesschutz geht es in 77 Prozent aller Fälle um Beistandschaften, etwa bei Konflikten um die Scheidung oder Trennung der Eltern, wie Marbet ausführte. Wie schon im Vorjahr betreffe etwa jeder zehnte Kinder-Fall eine Fremdplatzierung. Gründe dafür könnten Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung sein.

Reaktion auf Anti-Kesb-Initative

Es gebe oft zwei Sichtweisen, entgegnete Marbet auf die Kritik an der Arbeit der Kesb, nämlich jene der Angehörigen und jene der Menschen, die Hilfe brauchten. Medienberichte drehten sich mehrheitlich um die Sichtweise der Angehörigen. «Dass es oft auch noch eine andere Seite gibt, geht häufig vergessen.»

Die Kokes reagierte mit ihrer Bilanz auch auf die im Mai 2018 lancierte Kindes- und Erwachsenenschutz-Initiative von Kesb-Kritikern rund um den Schwyzer SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (56). Das Begehren verlangt, die Macht der Kesb einzuschränken zu Gunsten von Eltern, Ehegatten und auch weiteren Verwandten.

Im Kinder- und Erwachsenenschutz gehe es nicht um die Interessen der Eltern oder der Familie sondern um jene der hilfsbedürftigen Personen, sagte Jaqueline Fehr (55), Zürcher SP-Regierungsrätin und Vorstandsmitglied der Kokes, an die Adresse der Initianten. «Der Staat hat diese zu schützen, nötigenfalls auch vor den Eltern und der eigenen Familie», betonte Fehr und verwies darauf, dass die meisten Misshandlungen innerhalb der Familie geschehen.

Bundesrat klärt Einbezug ab

Familienangehörige können schon heute Vertretungen übernehmen, wenn sie sich dafür eignen und die schutzbedürftige Person einverstanden ist. Die Kesb muss aber prüfen, ob diese Bedingungen erfüllt sind.

Wie nahestehende Personen besser in Kesb-Entscheide einbezogen werden können, lässt auch der Bundesrat abklären. Angehörige sollen nicht nur bei der Abklärung des Sachverhalts berücksichtigt werden, sondern auch konsequent als mögliche Beistandpersonen und bei der Platzierung von Kindern in Betracht gezogen werden.

Auf Kritik an den Kesb reagierte Anfang 2017 auch die Guido-Fluri-Stiftung. Sie rief für Beratungen bei Problemen rund um Kesb-Entscheide die unabhängige Anlaufstelle Kindes- und Erwachsenenschutz (Kescha) ins Leben. Die Kescha leistete 2017 in knapp 1100 Fällen Beratungen. (sda/mat)

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