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Schweizer Sonderweg
Berset will neues Extra-Zertifikat für Genesene

Gesundheitsminister Alain Berset will vorerst doch an der erweiterten Zertifikatspflicht festhalten. Die Corona-Lage ist ihm zu instabil. Gleichzeitig aber möchte der SP-Bundesrat den Genesenen einen Schritt entgegenkommen.
Publiziert: 19.10.2021 um 16:55 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2021 um 11:58 Uhr
Daniel Ballmer

Der Druck aus dem Parlament steigt. Politiker von links bis rechts und aus der Mitte, alle wollen, dass die erweiterte Zertifikatspflicht für Restaurants oder Fitnesscenter verschwindet. Die Aufhebung solle bald kommen. Schliesslich seien die Corona-Fallzahlen schon länger rückläufig, die Spitalzahlen tief. Damit sei ein solch schwerer Grundrechtseingriff nicht mehr gegeben.

Sogar Gesundheitsminister Alain Berset (49) stellte letzte Woche vor den Medien die Frage, ob die erweiterte Zertifikatspflicht noch verhältnismässig sei. Die Lage habe sich zuletzt stark verbessert. «Das schafft ein Bedürfnis nach einer Neubeurteilung der Situation», erklärte Berset. Der Bundesrat werde diesen Punkt an einer der nächsten Sitzungen besprechen.

Corona-Lage ist noch zu instabil

Noch aber ist es nicht so weit. Tatsächlich soll Bersets Innendepartement in den letzten Tagen eine Aufhebung des erweiterten Corona-Passes diskutiert haben. Doch die Pläne sind fürs Erste wieder verworfen worden. An seiner Sitzung vom Mittwoch dürfte der Bundesrat noch keinen Entscheid fällen. Das bestätigen mehrere Quellen.

Wer als genesen gilt, dessen Zertifikat ist nur sechs Monate gültig. Wer es verpasst hat, rechtzeitig einen PCR-Test zu machen, erhält ohne Impfung oder regelmässige Tests gar keinen Corona-Pass.
Foto: Keystone
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Der Grund: Die Behörden erkennen wieder einen Trend hin zur Verschlechterung der Situation, erklärte Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag. Kombiniert mit Ferienrückkehrern, Schulbeginn und dem kälteren Wetter seien deutlich mehr Geimpfte nötig, um die Corona-Massnahmen aufheben zu können. Das alles habe Berset davor zurückschrecken lassen vorzupreschen.

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Zertifikats-Frist soll verlängert werden

Und dennoch will der Gesundheitsminister einen Schritt auf die Ungeimpften zu gehen, die sich von der Zertifikatspflicht am meisten eingeschränkt fühlen. Namentlich: auf die Genesenen. Davon gibt es zwei Gruppen. Da sind einerseits jene, die eine Infektion durchgemacht haben und einen positiven PCR-Test vorweisen können. Das Genesenen-Zertifikat läuft derzeit aber bereits nach einem halben Jahr aus. Berset will nun den Kantonen vorschlagen, diese Frist um sechs Monate auf ein ganzes Jahr zu verlängern.

Die zweite Gruppe sind jene, die zwar ebenfalls infiziert wurden, es aber verpasst haben, sich rechtzeitig testen zu lassen. Sie gelten mit der 3G-Regel offiziell nicht als genesen. Ohne Impfung oder regelmässige Tests haben sie deshalb keine Möglichkeit, nachträglich doch noch an ein Zertifikat zu kommen.

Zertifikat wäre nur im Inland gültig

Doch auch das möchte Berset ändern. Möglich ist das über serologische Tests, mit denen festzustellen ist, ob jemand in seinem Blut über Antikörper verfügt. Diese weisen darauf hin, dass die getestete Person Kontakt mit dem Virus hatte. Auch dieser Vorschlag soll zur Vernehmlassung an die Kantone gehen.

Die Sache hat allerdings einen Haken: Denn die EU-Verordnung definiert einheitliche Regeln, womit das Zertifikat europaweit eingesetzt werden kann. Schlägt die Schweiz mit der Verlängerung der Zertifikats-Gültigkeit also einen Sonderweg ein, hat das Konsequenzen: Das verlängerte Zertifikat ist nur im Inland gültig.

Mit diesem Vorschlag erfindet Berset das Rad nicht neu. Österreich wendet schon heute eine solche Sonderlösung an. Mit einem Antikörper-Nachweis kann man sich schon heute Zugang zu Bereichen verschaffen, die der 3G-Regel unterstellt sind. Gültig ist der Nachweis für 90 Tage, eine Verlängerung ist mit einem erneuten Antikörpertest möglich. Aber auch bei unserem Nachbarn gilt: Der Nachweis ist einzig im Inland gültig. Und die Kosten dafür müssen die Betroffenen selbst tragen.

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