Schweizer US-Mandat in Kuba endet heute
«Wir hatten einen direkten Draht zu Fidel Castro»

Staatssekretär Yves Rossier über das heute endende Mandat der Schweiz für die USA in Kuba.
Publiziert: 20.07.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:05 Uhr
Yves Rossier (54): Der Staatssekretär im Departement des Äusseren (EDA) koordiniert die Schweizer Aussenpolitik.
Foto: Peter Gerber
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Interview: Nico Menzato

BLICK: Heute endet das Schutzmachtmandat der Schweiz für die USA in Kuba. Was hat die Schweizer Botschaft in Havanna seit 1961 für die Beziehungen zwischen den USA und Kuba erreicht?
Yves Rossier:
Intensiv war das Mandat in der heissen Phase zwischen 1961 und 1977, als die USA und Kuba nicht mehr direkt miteinander redeten. In dieser Zeit vermittelten Schweizer Diplomaten zum Beispiel die Einrichtung einer Luftbrücke. Über diese konnte mehr als eine Viertelmillion Kubaner legal in die USA ausreisen. Besonders Botschafter Emil Stadelhofer hatte in den 1960er-Jahren dank seiner geradlinigen, diskreten Art einen direkten Draht zu Fidel Castro und trug dazu bei, die Gemüter auf beiden Seiten zu beruhigen. Der Máximo Líder stattete Stadelhofer immer wieder mal nächtliche Besuche ab, um beim Fondue mit dem Schweizer zu diskutieren.

Was bedeutet das Ende des Mandats für die Schweizer Diplomatie?
Nicht viel. Bereits 1977 hatte Washington in Havanna eine Interessensektion mit eigenem Personal eröffnet. Diese funk­tionierte faktisch wie eine Botschaft ohne Botschafter. Dort arbeiten heute rund 50 Amerikaner und 250 lokale Mitarbeitenden – und seit 1977 kein einziger Schweizer mehr. Ab diesem Zeitpunkt war das Schutzmachtmandat eine blosse Formsache und nicht vergleichbar mit dem viel umfassenderen Schutzmachtmandat der Schweiz für die USA im Iran.

Verabschieden wir uns jetzt von der Weltpolitik – und der globalen Bühne?
Nein, die Schutzmachtmandate – neben dem genannten für die USA im Iran bestehen noch Mandate für Russland in Georgien und für Georgien in Russland und das rein symbolische für Iran in Ägypten – sind nur ein sehr kleiner Teil der Schweizer Aussenpolitik. Sehr wichtig sind unser friedenspolitisches Engagement, unsere Vermittlungen in internen Konflikten oder auch die humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Inwiefern hat die Schweiz zur Annäherung der USA und Kubas beigetragen?
In die direkten Verhandlungen war die Schweiz nicht involviert. Unsere Rolle war eher eine langfristige im Hintergrund. Wir haben vor allem zwischen 1961 und 1977 einen Kommunikationskanal offengehalten und versucht, Brücken zu bauen. Aber über die Brücke mussten die Amerikaner und Kubaner dann schon selber gehen.

Was waren die bedeutendsten Momente, die entscheidendsten Tage der Schweizer Interessenvertretung in Kuba?
Der wichtigste Moment ist der 20. Juli 2015, also die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Kuba und die Wiedereröffnung der beiden Botschaften. Unsere Mandatstätigkeit ist ja kein Selbstzweck, an dem wir uns beweihräuchern. Wir wollen, dass die Probleme gelöst werden. Dass es die Schweiz nicht mehr braucht, ist letztlich sehr positiv. Das ist wie beim Arzt: Wenn der Patient nicht mehr in die Behandlung kommen muss, ist das ein Erfolg.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

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