Sommaruga geht beim Lötschberg-Tunnel über die Bücher
Ohne Vollausbau droht eine jahrelange Totalsperre

Die drohende Sperre des Lötschberg-Basistunnels hat die Walliser aufgeschreckt. Jetzt will Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Vollausbau nochmals prüfen. Denn ohne diese kommt noch mehr Ungemach auf den Kanton zu.
Publiziert: 21.11.2019 um 11:57 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2019 um 13:32 Uhr
SP-Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga will den Vollausbau der zweiten Lötschbergröhre nochmals prüfen.
Foto: keystone-sda.ch
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Ruedi Studer

Die Nachricht sorgte im Wallis für einen Schock: Der Teilausbau des Lötschberg-Basistunnels führt zu einer mehrmonatigen Schliessung (BLICK berichtete). Von vier bis sechs Monaten ist die Rede. Für das Wallis eine Katastrophe, denn Pendler und Touristen müssten mühselige Umwege über die alte Goppenstein-Linie in Kauf nehmen.

Der Walliser CVP-Nationalrat Philipp Matthias Bregy (41) insistierte bei SP-Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga (59). Er forderte die Bundesrätin auf, den Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels zu prüfen. Heute ist der Lötschberg nur auf gut 14 Kilometern zweispurig befahrbar, mit dem neu bewilligten Teilausbau würden es gut doppelt so viel. Ein Abschnitt von gut sieben Kilometern bliebe weiterhin nur eingleisig.

Sommaruga geht über die Bücher

Sommarugas Vorgängerin Doris Leuthard (56) wollte aus Spargründen vorerst auf den Vollausbau verzichten – dieser würde nämlich gut 1,4 Milliarden statt nur 900 Millionen Franken kosten. Doch mit der nun absehbaren Sperre hat sich die Ausgangslage geändert. Bregy ist überzeugt, dass sich die Kostendifferenz deutlich reduziert, wenn auch die volkswirtschaftlichen Schäden in der Rechnung berücksichtigt werden. Über 50 Nationalräte samt Parteichefs von CVP, SVP, Grünen, GLP und BDP unterstützen seinen Vorstoss.

Nun findet der CVP-Mann auch bei Sommaruga Gehör. Die SP-Magistratin will über die Bücher gehen. «Die Projektierungsarbeiten haben gezeigt, dass die Ausbauarbeiten zu einer Sperrung des Lötschberg-Basistunnels führen werden, da aufwändige Arbeiten beim unterirdischen Anschluss der zweiten Tunnelröhre nötig sein werden», schreibt sie in der Antwort auf Bregys Vorstoss. Wie lange diese Sperrung dauern werde, sei noch offen. Die Planung sei noch nicht abgeschlossen und hänge von zahlreichen Faktoren ab.

Bundesrat macht Wallisern Hoffnung

«Im Rahmen der noch ausstehenden Abklärungen soll aufgezeigt werden, welche Zusatzaufwände ein Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels verursachen würde und welche Kosten und Sperrzeiten im Vergleich zu einem nur teilweisen Zweispurausbau resultieren», schreibt Sommaruga.

Sie macht Bregy bereits Hoffnungen: «Gestützt auf diese Analyse könnten dem Parlament allfällige Entscheidungen mit dem vorgesehenen Zwischenbericht zum Ausbauschritt 2035 unterbreitet werden, welcher 2022 dem Parlament vorgelegt wird.» Schon in drei Jahren könnte das Parlament dem Vollausbau also grünes Licht geben!

Langfristig droht noch mehr Ungemach

Für Bregy ist der jetzige Entscheid ein Etappensieg. «Mein Anliegen wurde vom Bundesrat aufgenommen und das Problem offensichtlich erkannt» sagt er zu BLICK. Für ihn kommt der blosse Teilausbau nicht in Frage, denn er ist überzeugt: «Der volkswirtschaftliche Schaden gerade für den Kanton Wallis wäre enorm.»

Die Lösung könne nur Vollausbau der zweiten Röhre heissen, alles andere ergebe keinen Sinn, so Bregy. «Ein halber Tunnel wird nie ein ganzer!» Für die Parlamentsdebatte hat er bereits ein weiteres Argument parat. Verzichtet der Bund nämlich auf den Vollausbau, droht dem Wallis längerfristig noch mehr Ungemach: Eine jahrelange Totalsperre des Lötschberg-Basistunnels.

«Fakten sprechen für den Vollausbau»

Dann nämlich, wenn der verbleibende Einspur-Abschnitt dereinst saniert werden muss. «Bei einem Teilausbau wird es voraussichtlich um 2050 zu umfassenden Erneuerungsarbeiten im Einspurbereich und somit zu einer mehrjährigen Totalsperre kommen», so die Bilanz eines BLS-Expertenbericht aus dem Jahr 2015. Und: «Die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten können dann einen Vollausbau erzwingen.»

Um eine Totalsperre zu verhindern, müsste schon wenige Jahre nach dem Teilausbau mit dem Vollausbau begonnen werden. Für die Experten war damals klar, dass gleich die Vollvariante in Angriff genommen werden muss.

«Die Fakten sprechen klar für den Vollausbau. Er ist die einzige vollständige Lösung!», macht Bregy klar. «Wenn wir die zweite Röhre nicht bauen, verpassen wir eine Chance, die uns teuer zu stehen kommen wird. Zumal die Etappierung die kostspieligere Variante ist.»

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