Sind Aargauer Lehrer zu links?
Gesinnungs-Test kostet Kanton 50'000 Franken

50'000 Franken gibt das Aargauer Bildungsdepartement aus, um dem Vorwurf nachzugehen, dass Kantilehrer zu links seien. Zürich will von einer solchen Gesinnungskontrolle derweil nichts wissen.
Publiziert: 01.11.2022 um 19:57 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2022 um 10:07 Uhr
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Der Kanton Aargau untersucht die politische Gesinnung seiner Lehrerinnen und Lehrer. Das Bildungsdepartement hat das Forschungsinstitut Sotomo mit einer Befragung von Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern der Kantonsschulen beauftragt.

Man will wissen: Sind die Aargauer Lehrer zu links? 50'000 Franken kostet die Übung den Kanton, wie das Bildungsdepartement auf Nachfrage von Blick bekannt gibt.

Von der Kanti an die Kanti

Auslöser für die Untersuchung war eine Maturaarbeit von drei Badener Kantischülern, alle drei Mitglieder der Jungfreisinnigen. Sie ergab, dass aus Sicht vieler Schüler der Unterricht in mehreren Fächern einen Linksdrall hat. Einige Schülerinnen und Schüler gaben an, dass sie ihre Meinung nicht frei äussern könnten.

Im Aargau läuft eine Untersuchung, die die politische Ausrichtung der Kantilehrer untersucht.
Foto: Keystone
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Ein FDP-Grossrat reichte daraufhin einen Vorstoss im Kantonsparlament ein, der eine repräsentative Studie zur politischen Neutralität an Mittelschulen forderte. Nach hitziger Debatte nahm ihn der Grossrat diesen Sommer an. Auch Bildungsdirektor Alex Hürzeler (57, SVP) hatte sich für die Untersuchung ausgesprochen.

Online-Befragung und Interviews

Vergangene Woche sei der Link zur Onlinebefragung an den Schulen verschickt worden, so das Departement. Sämtliche Schüler und Lehrpersonen können teilnehmen. Zusätzlich würden die Rektorinnen und die Rektoren der Mittelschulen in qualitativen Interviews befragt, teilt die Behörde mit.

Die konkreten Fragen, die den Schülern und Lehrerinnen gestellt werden, will der Kanton noch nicht bekannt geben. Nur so viel: «In der Befragung der Schülerinnen und Schüler beziehungsweise der Lehrerschaft der Mittelschulen stehen die Art und Weise, wie die Vermittlung politischer Themen im Unterricht vor sich geht und damit verbundene Anliegen und individuelle Wahrnehmungen im Zentrum.» Die Ergebnisse der Befragung sollen nächsten Frühling vorliegen.

Zürich stimmt dagegen

Während man im Aargau der politischen Ausrichtung der Kantilehrerinnen und -lehrer nachgeht, hat sich das Zürcher Kantonsparlament eben erst gegen eine solche Untersuchung ausgesprochen. Inspiriert von den Aargauern hatte die SVP einen ähnlichen Vorstoss eingereicht. Doch im Gegensatz zum Aargauer Grossrat hielt eine Mehrheit des Zürcher Kantonsrats eine solche Studie für falsch und unnötig.

«Eine Stahlhelmfraktion hat Angst, dass unsere Jugend von linken Lehrern indoktriniert wird», sagte SP-Kantonsrat Rafael Mörgeli (29), der Neffe von alt SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli (62), in der Debatte. Doch eine «Gesinnungspolizei» habe in der Schweiz keinen Platz. Die SVP hingegen betonte, dass man niemanden entlassen wolle, sondern eine Verbesserung der Unterrichtsqualität anstrebe.

Die Frage ist allerdings: Was genau will man tun, wenn die repräsentative Befragung zum Schluss kommt, dass die Lehrer zu links sind? Der Vorstoss im Aargau sieht vor, dass «Massnahmen zur Wiederherstellung der politischen Neutralität an den Aargauer Mittelschulen» ergriffen würden. Welche genau, müsste der Regierungsrat festlegen.

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