So unterschiedlich ticken die Grünen und die Grünliberalen
Im Öko-Lager ist Zoff programmiert

In Öko-Fragen sind sich Grüne und Grünliberale weitgehend einig – auch parteiintern. Geht es darüber hinaus, finden sich in den Öko-Trupps aber die unterschiedlichsten Schattierungen.
Publiziert: 21.10.2019 um 23:18 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2019 um 09:55 Uhr
Der Glarner Ständerat Mathias Zopfi ist ein ungewöhnlicher Grüner. Mit seinem Profil könnte er auch für die GLP politisieren.
Foto: keystone-sda.ch
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Tobias Bruggmann und Ruedi Studer

Es grünt mächtig im Bundeshaus: Grüne und Grünliberale feiern einen historischen Wahlsieg. Allein im Nationalrat legen die beiden Parteien zusammen um 26 auf 44 Sitze zu. Im Ständerat liegen bis zu sechs Sitze drin.

Doch eine grüne Einheitsfront wird es nur in Öko-Fragen geben. In der Sozial-, Wirtschafts- oder Finanzpolitik gehen die Meinungen weit auseinander. Die Grünen gelten dabei als Wassermelonen – aussen grün und innen rot. Die Grünliberalen hingegen als Gurken – aussen und innen grün.

Eine sehr plakative Einteilung. BLICK hat die Öko-Parlamentarier unter die Lupe genommen. Wie sich zeigt, finden sich auch bei beiden Parteien Schattierungen. Grün in allen Farbtönen. 50 Shades of Green!

GLP wird bunter

Das gilt besonders für die noch junge GLP, die sich 2004, angeführt von Martin Bäumle (55, ZH), von den Grünen abspaltete. Die Differenzen sind bis heute sichtbar: Bäumle politisiert am rechten Rand der GLP, weit weg von den Grünen, wie eine Auswertung der Onlineplattform Vimentis zeigt.

Doch dank des Wahlsiegs vom Sonntag ziehen nun auch Leute in die GLP-Fraktion ein, die Bäumles Kurs nicht teilen. Wirklich einig ist sich der neue GLP-Trupp nur in Umweltfragen. In anderen könnten die Fetzen fliegen.

Die soziale Frage

Zum Beispiel bei den Krankenkassenprämien, dem grössten Sorgenkind der Bevölkerung. Bäumle hält gar nichts davon, dass mehr Leute Prämienverbilligungen erhalten sollen. Anders sieht das Neu-Nationalrätin Melanie Mettler (41, BE). Ihr Vimentis-Profil könnte man auch bei den Grünen finden.

«Ich habe sicher kein links-grünes Profil», widerspricht sie gegenüber BLICK vehement. «Im Gegensatz zu den Grünen halte ich das Giesskannenprinzip nicht für sinnvoll. Man muss einfach schauen, dass jene Prämienverbilligung bekommen, die sie wirklich brauchen.» Dass Mettler zur Aussenseiterin in der Fraktion wird, glaubt sie nicht. «Wir haben eine aktive und erprobte Diskussionskultur.»

Die militärische Front

Einig sind sich Mettler und Bäumle aber bei den Kampfjets: Das Milliardengeschäft ist ihnen zu teuer. Doch damit stossen sie bei anderen Parteikollegen auf Widerstand: Beat Flach (54, AG), Isabelle Chevalley (47, VD) und der gerade gewählte François Pointet (50, VD) wollen neue Flieger. Zwist ist also vorprogrammiert, wenn die Vorlage demnächst in den Nationalrat kommt.

Auch die Frauenquote birgt Knatsch-Potenzial: Bäumle und Flach sind dagegen, dass jede dritte Kaderstelle beim Bund mit einer Frau besetzt werden muss. Die neuen Mettler, Pointet und Katja Christ (47, BS) unterstützen das Anliegen voll und ganz. 

Grüner Zoff mit Zopfi?

Bei den Grünen wiederum könnte der neue Ständerat Mathias Zopfi (35, GL) für Zoff sorgen. Der Anwalt passt so gar nicht ins Bild: Er ist für neue Kampfjets und für ein höheres Rentenalter. Mit seinem Profil würde er bestens in die GLP passen. Wechselgelüste hegt er trotzdem keine.

«Mir ist es wohl bei den Grünen», sagt Zopfi. «In Glarus haben die Grünen ein breites Spektrum und sind aufgrund der Landsgemeindekultur auch gemässigter als die nationale Partei.» National politisiere er tatsächlich am rechten Parteiflügel. Doch das vertrage die Partei auch.«Als Glarner bin ich wie mein Vorvorgänger This Jenny ein Freigeist – und solche gibt es ja in jeder Partei. Bei ökologischen Themen bin ich aber voll auf grüner Linie.»

«Rationaler Techflügel»

Zopfi ist der Einzige, der bei den Grünen so richtig aus der Reihe tanzt. Ein paar weitere Ausschläge vom Mainstream sind aber auszumachen. Etwa bei Neu-Nationalrätin Meret Schneider (27, ZH). Sie zeigt sich offen für ein höheres Rentenalter, für liberalisierte Ladenöffnungszeiten und findet, dass nicht gleich jedes Homöopathie-Fläschchen von der Krankenkasse bezahlt werden muss.

«In gesellschaftsliberalen Fragen gehöre ich zum rationalen Techflügel», meint Schneider. Das gleiche Rentenalter für beide Geschlechter gehört für sie zudem zur Gleichstellungspolitik. «Ansonsten bin ich so links, wie man nur sein kann!»

Umstrittener Eigenmietwert

Es gibt aber wenige Themen, bei denen sich die Grünen so richtig in die Haare geraten dürften. Zoff ist am ehesten beim Eigenmietwert programmiert, den einige abschaffen möchten. In der Law-and-order-Thematik gibt es zudem einen kleinen Röstigraben: So stehen die Welschen Bodycams für Polizisten offener gegenüber als die Deutschschweizer.

National- und Ständeratsratswahlen 2019

Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.

BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.

Für die Ständeratswahlen sind die Kantone zuständig. Bei den Nationalratswahlen arbeiten Bund, Kantone und Gemeinden eng zusammen.

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