Sparschwur gebrochen
Bürgerliche Spar-Allianz schon geplatzt!

CVP, FDP und SVP haben ein Sparbündnis geschlossen. Trotzdem wurden immer wieder Mehrausgaben von den Parteien bewilligt. So wird die Wahlkampf-Lokomotive zur Belastung.
Publiziert: 06.06.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:48 Uhr
Besorgt wegen Glaubwürdigkeit: Kurt Fluri (FDP).
Foto: Keystone
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Von Christoph Lenz und Marcel Odermatt

Schnapsbrenner und Pfadfinder, Regisseure und Obstbauern, Geologen und Raumplaner: Sie alle – und viele mehr – dürfen sich bei Bundesbern bedanken. Die Politik hat ihnen diese Woche schöne Geschenke gemacht. Höhere Subventionen. Tiefere Steuern. Neue Stellen. Ein Feuerwerk an Grosszügigkeiten, finanziert aus der Bundeskasse.

Verantwortlich dafür sind CVP, FDP und SVP. Sie bilden in beiden Kammern eine Mehrheit. Ohne ihre Stimmen läuft nichts in Bern. Just auf diese Vetomacht setzte der bürgerliche Schulterschluss. Die Parteichefs Toni Brunner (SVP), Philipp Müller (FDP) und Chris­tophe Darbellay (CVP) versprachen die Staatsausgaben auf dem Niveau 2014 einzufrieren. Angesichts von Frankenstärke, Haushaltsdefizit und Unternehmenssteuerreform III, die Steuerausfälle in Milliardenhöhe bei Bund und Kantonen verursachen wird, eine verständliche Idee. Doch der Sparschwur hat den Realitätstest nicht überstanden. Das Bündnis ist kolossal geplatzt.

Warum? An jedem Tag der Session haben Politiker aus CVP, FDP oder SVP Mehrausgaben bewilligt. Und wo die SVP sparen wollte, gelang es ihr nicht, Mehrheiten zu schaffen. Da stellt sich die Frage: Was nützen Prinzipien, wenn sie in der Praxis so eilfertig über Bord geworfen werden?

Mit dem Schulterschluss wollten SVP, FDP und CVP Wähler anlocken. Nun wird er zur Belastung. Sparsamkeit zu predigen und gleichzeitig in die Staatsschatulle zu greifen, ist unredlich.

Dessen sind sich auch die Schulterschluss-Parteien bewusst. Und es ärgert ihre Vertreter. Zum Beispiel FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO). «Der Schulterschluss hat der Glaubwürdigkeit der FDP geschadet», sagt er. Seine Kritik richtet sich direkt an Parteichef Müller: «Es war ein Fehler, ohne Absprache mit der Fraktion ein Abkommen mit der CVP und SVP zu unterzeichnen.» Da die Bundesparlamentarier nicht konsultiert worden seien, sei das Schulterschluss-Papier für sie nicht bindend.

Ganz ähnlich tönt es bei CVP-Doyen Urs Schwaller (FR). Der Ständerat ist in Sorge: «Machen die Bündnispartner so unkoordiniert weiter, schaden sie dem ganzen Vorhaben. Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit!» CVP, FDP und SVP müssten sich nochmals über Inhalt und Ziele des Schulterschlusses verständigen. Und auch Schwaller setzt eine Spitze gegen die Väter des Schulterschlusses: «Es hätte dem Massnahmenpapier sicher nicht geschadet, wenn man die Umsetzbarkeit einzelner Forderungen eingehender geprüft hätte.»

Ist das Sparbündnis noch zu retten? Nächste Woche widmet sich das Parlament der Tourismusbranche. Sie will mehr Geld aus Bern. Sie wird es erhalten. Wetten?

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