Spuckverbot, Masturbations-Hilfe, Beerpong-Verbot
Das sind die Top Ten der grotesken Vorstösse

Beerpong-Verbot, Gross-Schweiz und nächtliche Sendepausen am TV – es gibt nichts, das für Politikerinnen und Politiker kein Thema ist. Blick hat die irrsten Vorstösse zusammengetragen.
Publiziert: 08.06.2023 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2023 um 16:47 Uhr

Die Zuger Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt (55) fordert genderneutrale Verkehrsschilder. Die Blick-Leserinnen und -Leser sind empört. «Was müssen wir für ein glückliches Land sein, wenn wir wirklich solche Probleme haben», schreibt etwa Henry Loosli. Und Ramon Brandler meint: «Dachte schon bei vielen Vorstössen, sinnloser und unnützer gehts nicht mehr, aber ohalätz, es geht doch.»

Und auch von den Parlamentskollegen hagelt es Spott. «Die Grünen sind sich für keinen Gugus zu schade», twitterte etwa FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (41).

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Wobei sich Weichelts Parlamentskollegen vielleicht an den Spruch mit dem Glashaus und den Steinen erinnern sollten. Denn Politiker aller Couleur sorgen mit ihren Ideen, Forderungen und Gesetzen immer wieder für Lachkrämpfe, Stirnrunzeln oder Zornesfalten. Blick zeigt die Top Ten der skurrilsten Vorstösse und Gesetze der vergangenen Jahre.

Im Kanton Neuenburg ist Beerpong verboten.
Foto: Keystone
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Platz 10: Schiessplätze als Oasen der Ruhe

Biodiversität wird grossgeschrieben. Bei den Grünen, aber auch im Verteidigungsdepartement VBS. Waffen- und Schiessplätze sollen regelrechte «Horte der Artenvielfalt» werden. Dass über die Gelände oft aber auch Strassen führen, stört die Waadtländer Grüne Léonore Porchet (33). Verschmutzung und Lärm hätten enorme Auswirkungen auf Flora und Fauna. Sie regte 2022 an, alle Waffen- und Schiessplätze in Orte für Langsamverkehr umzuwandeln. Bleibt die Frage, ob Strassenverkehr auf Schiessplätzen tatsächlich das grösste Lärmproblem ist.

Platz 9: Sondermarke einstampfen

Seit Anfang Juli 2022 gilt in der Schweiz die Ehe für alle. Für die Post ist das nicht weniger als ein «Meilenstein auf dem Weg zur Gleichstellung». Sie hat deshalb eigens eine Sondermarke herausgegeben. Das war dem Ausserrhoder SVP-Nationalrat David Zuberbühler (43) ein Dorn im Auge. Dies sei ein Missbrauch staatlicher Mittel zu Propagandazwecken – «gesellschaftsspaltend», meinte er. In einer Anfrage hat er deshalb beim Bundesrat angeregt, die Post solle die Briefmarke zurückziehen und die Restauflage vernichten. Hier sei verraten: Hat sie nicht.

Platz 8: Reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist

Im Nationalrat soll künftig auch Schweizerdeutsch erlaubt sein, forderte der St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann (40) im vergangenen Jahr. Schweizerdeutsch erlebe eine «kulturelle Blüte», so auch in den sozialen Medien. Es stünde dem Nationalrat gut an, den Dialekt vermehrt zu pflegen, ist Reimann überzeugt. Damit würde das Parlament auch der Vielfalt der Schweiz gerecht. Für Französisch- und Italienischsprachige im Rat sieht er ebenfalls kein Problem: Die Dolmetscher sollten auch in der Lage sein, von Mundart statt Hochdeutsch zu übersetzen.

Platz 7: Tageslichtzufuhr in Wohnräumen

In die Top Ten der eifrigsten Regulierer hat es auch die ehemalige Berner Grünen-Nationalrätin Regula Rytz (61) geschafft. Es stellt sich die Frage, ob Frau Rytz in einem fensterlosen Bunker haust. Denn die Ex-Präsidentin der Grünen verlangte vom Bundesrat einen Bericht zum Thema «Tageslichtzufuhr in Wohngebäuden» und mit welchen Regelungen und Massnahmen dieses gesteigert werden könnte.

Platz 6: Tragtaschenverbot für Spirituosen

Beim Werbeverbote für Spirituosen nahm es die Eidgenössische Alkoholverwaltung, als es sie noch gab, sehr genau. Nach Art. 42b Abs. 3 Bst. g AlkG ist Werbung für gebrannte Wasser auf «Packungen und Gebrauchsgegenständen, die keine gebrannten Wasser enthalten oder damit nicht im Zusammenhang stehen», verboten. Heisst: Nach Auslegung der Alkoholverwaltung darf auf Tragtaschen nur dann für Spirituosen geworben werden, wenn in der Tragtasche wirklich Spirituosen transportiert werden. Der Transport anderer Ware ist verboten. Dies aber könnte bei mehrmaligem Gebrauch einer Tasche vorkommen. Deshalb drohte die Alkoholverwaltung an, per 2015 alle mit Spirituosenwerbung bedruckten Papiertragtaschen und Plastiksäcke generell zu verbieten, weil ein Risiko besteht, dass beim mehrmaligem Gebrauch auch andere Gegenstände in entsprechenden Säcken transportiert werden könnten.

Platz 5: Beerpong-Verbot

Wo wir gerade beim Thema Alkohol sind: Im Kanton Neuenburg hat die Regierung alles unternommen, um dessen übermässigen Konsum zu verhindern. Im Gewerbepolizeigesetz, das 2015 in Kraft trat, steht unter anderem ein Happy-Hour-Verbot ab 19 Uhr. Ausserdem ist es in Beizen verboten, Trinkspiele wie Beerpong zu spielen. Nach Auffassung des Kantons könnte ein engagierter Spieler nämlich versucht sein, in einer «von Kampfgeist erfüllten Stimmung» seinen Alkoholkonsum zu erhöhen. Hierfür gab es 2019 für den zuständigen Staatsrat Laurent Favre (50, FDP) einen «Rostigen Paragraphen», die Auszeichnung für das «dümmste, unnötigste Gesetz».

Platz 4: Masturbations-Hilfe auf Staatskosten

Die staatlich unterstützte Organisation Sexuelle Gesundheit Schweiz will Selbstbefriedigung zum Thema machen – auch an den Schulen. Es soll eine «Kampfansage» sein an ein «bereits zu lange herrschendes Tabu». Zu stark seien noch immer Scham und das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Staatlich finanzierte Masturbations-Kurse für Kinder – das geht der SVP zu weit. Die Thurgauer Nationalrätin Verena Herzog (66) wollte der Organisation daher am liebsten den Geldhahn zudrehen.

Platz 3: Gross-Schweiz

Ob auch der jurassische alt SVP-Nationalrat Dominique Baettig (69) einen Beerpong-Abend hinter sich hatte, als er 2010 einer seiner Vorstösse einreichte, ist nicht überliefert. Er forderte darin aber nichts weniger als eine Gross-Schweiz. Sein Ziel: Die Bundesverfassung sei so zu ändern, dass folgende Gebiete einen Beitritt zur Eidgenossenschaft beantragen können: Baden-Württemberg (D), Vorarlberg (A), Elsass (F), Aosta (I), Jura (F), Bozen (I), Savoyen (F), Varese und Como (I). Jene Regionen litten unter ihrer nationalen und europäischen «Classe politique», schrieb Baettig in seiner Motion. Er begründete damals, seine Idee müsse man im Kontext dieser Zeit sehen, als die Schweiz wegen des Bankgeheimnisses unter grossem Druck vonseiten der EU stand. Eine vergrösserte Schweiz würde dem Land mehr Gewicht verleihen.

Platz 2: Spuckverbot

Was hat der Bundesrat nicht alles unternommen, um die Schweizer Bevölkerung vor dem Coronavirus zu schützen? Ladengeschäfte und Restaurants waren wochenlang zu. Der öffentliche Verkehr wurde auf das Minimum reduziert. Grenzen geschlossen. Der Luzerner SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (56) aber reichte das nicht. Um sich noch besser vor dem Virus zu schützen, wollte sie auch «auf den Boden spucken» vom Bundesrat verbieten lassen – und hoffte auf Bussen für das ja wirklich unanständige Verhalten. Der Bundesrat sah darin keine Dringlichkeit, denn solche Strafen sind, man ahnt es, Sache der Kantone und Gemeinden. Schon heute ist das «Speuzen» in der Öffentlichkeit vielerorts bereits untersagt – und wird auch entsprechend gebüsst. In Uster ZH etwa kostet das 40 Franken, in Lausanne werden 100 Franken fällig.

Platz 1: Nächtliche Sendepause

Der Vorstoss ist schon 13 Jahre alt, aber immer noch unangefochtener Sieger der skurrilsten Vorstösse: Damals forderte der linke Waadtländer Nationalrat Josef Zisyadis (67) eine nächtliche TV-Sendepause zwischen Mitternacht und 6 Uhr. Seine Begründung: Das Hirn brauche genügend Entspannung. Heute, im Zeitalter der Streamingdienste, mutet die Forderung noch absurder an. Zu seiner Verteidigung sei gesagt: Netflix und Co. steckten damals noch in den Kinderschuhen. (sie, sf, oco, dba)

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