Staatsbetriebe helfen Behörden und Flüchtlingen
Keine Roaming-Gebühren für die Ukraine

Alle helfen: Die Staatsbetriebe Post, SBB und Swisscom unterstützen den Bund bei den Flüchtlingen aus der Ukraine – und helfen diesen auch selbst mit Verzicht auf Gebühren, Züge und Unterkünfte.
Publiziert: 01.04.2022 um 23:49 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2022 um 08:31 Uhr

Der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine reisst nicht ab. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) sucht deshalb nach grösseren Hallen, um die Zahl seiner Plätze von 9000 auf 12'000 zu erhöhen.

Am Freitag konnte das SEM Sport- und Mehrzweckhallen der Armee in Thun BE und Chamblon VD mit je 200 Plätzen übernehmen. Eine weitere Halle komme in einer Woche in Liestal BL mit 200 Plätzen hinzu. Gleichzeitig stelle das Verteidigungsdepartement auch eine Sporthalle in Neuchlen SG bereit, die anfangs 80 und später ebenfalls 200 Plätze bieten dürfte.

Der Bund sucht grosse Unterkünfte

Angefragt hat das Staatssekretariat auch die Post. Wie der gelbe Riese auf Anfrage sagt, verfügt er tatsächlich über freie Wohnungen und Gewerbeflächen. Noch ist aber unklar, ob sich die Gewerbeflächen zur Unterbringung eignen.

Flüchtende aus der Ukraine wie hier am Bahnhof von Lwiw suchen auch zahlreich Schutz in der Schweiz.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Kleinere Unterkünfte machten wenig Sinn, heisst es beim SEM. Dies, weil der Aufwand beinahe gleich gross sei, ob man nun 30 oder 300 Flüchtlinge an einem Ort unterbringt. Folglich sucht das SEM möglichst grosse Räumlichkeiten. Die Post sagt, sie stehe aber auch im Austausch mit verschiedenen Hilfsorganisationen, die die Wohnungen für die Flüchtlinge brauchen könnten.

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Gratis-Lagerhalle für Hilfsgüter

Die Post ist nicht der einzige Staatsbetrieb, der sich für die Ukraine-Flüchtlinge engagiert. Die SBB haben in den Bahnhöfen Genf und Zürich den Behörden kostenlos Räumlichkeiten für die Registrierung der Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Und in Schwerzenbach ZH können Hilfsorganisationen gratis eine Lagerhalle der SBB für die Lagerung von Hilfsgütern nutzen.

Zudem haben die SBB ausländischen Partnerbahnen mit Rollmaterial zum Transport von Geflohenen ausgeholfen. Zehn Wagen gingen an die ÖBB, vier zusätzliche Wagen haben die SBB für den Nachtzug Budapest–Zürich und zwei Wagen für den Nightjet Berlin–Zürich bereitgestellt. Laut einem Sprecher steht SBB Cargo zudem in Kontakt mit den Behörden. Sie habe bereits für die staatliche Entwicklungshilfeorganisation (Deza) einen Zug für Hilfsgüter organisiert.

Swisscom verzichtet auf Gebühren

Die Swisscom wiederum bietet Gratis-Roaming in der Ukraine, von der Ukraine sowie in das Kriegsland an. Zudem konnten Kunden im März ihre alten Handys in den Shop zurückbringen. Der Erlös aus dem Wiederverkauf oder aus dem Rohstoffrecycling wird von Swisscom verdoppelt und an SOS-Kinderdorf Ukraine gespendet.

Wie zahlreiche andere Unternehmen auch hat auch die Swisscom einen Spendenaufruf bei Mitarbeitenden gemacht und den Betrag aufgestockt. Die Postfinance ruft auf ihrer E-Banking-Seite zur Spende für Menschen in der Ukraine auf und hat einen Link zur Glückskette aufgeschaltet. Man verzichtet auf die Gebühren, die bei der Spende anfallen würden.

Wer sich engagiert, bekommt drei Tage geschenkt

Zudem hat die Postfinance-Spitze entschieden, Mitarbeitende, die sich privat für Geflüchtete engagieren oder Geflüchtete bei sich zu Hause aufnehmen, mit bis zu drei bezahlten Abwesenheitstagen zu unterstützen.

Postauto wiederum hat mit einem Reisebus im Auftrag einer Stiftung am 17. März 36 Frauen und Kinder von Polen in die Schweiz in Sicherheit gebracht. Und die Post-Tochter Bächle Logistics hatte bereits am 11. März einen Lastwagen mit sechs Tonnen Hilfsgütern nach Radymno im Südosten Polens geschickt.

Hilfe wird noch lange nötig sein

Bekannt ist zudem, dass die ÖV-Organisation Alliance Swisspass ukrainische Flüchtlinge bis vorerst am 31. Mai 2022 den öffentlichen Verkehr in der ganzen Schweiz in der zweiten Klasse kostenlos nutzen lässt – was auch zu Kritik führte.

Diese Unterstützung von verschiedener Seite dürfte noch länger gefragt sein. Laut David Keller, Leiter des Krisenstabs Asyl beim SEM, könne sich jeder selbst ausrechnen, was auf die Schweiz zukäme, wenn noch weitere drei Monate 1000 Flüchtlinge pro Tag in die Schweiz reisten. So viele sind es nämlich aktuell. Die längerfristige Unterbringung dieser über 90'000 Menschen wäre für Kantone und Gemeinden eine grosse Herausforderung. (pt)

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