Statt in die Miesen gehts zum gelben Riesen
Wenn der Päcklidienst zur Post geht

Den Bundesbetrieben, insbesondere der Post, wird immer häufiger vorgeworfen, die Privatwirtschaft zu konkurrenzieren. Dass es auch andersherum geht, zeigt der Paketmarkt. Wie die Post bestätigt, liefert sie auch schon mal Päckli für die Konkurrenz aus.
Publiziert: 04.04.2024 um 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2024 um 07:07 Uhr
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Sermîn FakiPolitikchefin

Oft werden sie gescholten: Die Staatskonzerne wildern in den Gefilden der Privatwirtschaft. Sie betreiben Werbefirmen und kaufen IT-Dienstleister und Logistikfirmen. Gerade bürgerliche Politiker stören sich an diesem «über dem Hag fressen». Sie wollen die Bundesbetriebe zurückbinden, am liebsten privatisieren. Jedenfalls sollen sich die Staatsbetriebe auf die Grundversorgung konzentrieren und keine privaten Unternehmen konkurrenzieren.

Nur: Manchmal ist es genau andersherum. Privatbetriebe geschäften dort, wo sie Geld verdienen. Wo das nicht möglich ist, sollen die Staatskonzerne die Arbeit machen. So im Paketversand: Wenn es sich für einen privaten Paketdienstleister nicht lohnt, ein Päckli in den hintersten Chrachen des Juras oder Graubündens zu liefern, gibt man das Paket bei der Post auf.

«Insbesondere an abgelegene Orte»

Diese Praxis bestätigt der gelbe Riese gegenüber Blick: «Die Post stellt auch Pakete zu, die sie im Auftrag von anderen Logistikunternehmen erhält, insbesondere für abgelegenere Orte.»

In Städten lohnt sich das Paketgeschäft.
Foto: Zamir Loshi
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Dazu muss man wissen: Die privaten Paketdienstleister können sich aussuchen, wohin sie liefern und wohin nicht. Anders die Post: Ihr Grundversorgungsauftrag verlangt unter anderem, dass sie Briefe und Pakete in alle Häuser der Schweiz zustellt, die ganzjährig bewohnt sind. Das sind rund 4,5 Millionen Haushalte, die täglich angefahren werden.

Geld vom Staat gibt es dafür nicht: Die Post erbringt den Grundversorgungsauftrag mit ihren eigenen Einnahmen. Allenfalls kann man sagen, dass die Post indirekt subventioniert wird, weil sie als Bundesbetrieb von einer Staatsgarantie profitiert – der Bund würde sie nicht pleitegehen lassen. Dafür liefert der gelbe Riese dem Bund jährlich aber auch 50 Millionen Franken Dividende ab.

«Grundversorgung ist nicht nur ein Segen»

Zwei grosse Paketdienstleister – Planzer und DPD Schweiz – beteuern auf Anfrage, dass sie alle ihre Päckli selbst zu den Kunden bringen und keine Dienste der Post in Anspruch nehmen würden.

Eine differenzierte Antwort gibt DHL Schweiz. Kooperationen im rein nationalen Geschäft zwischen DHL Express und Schweizerische Post gebe es nicht, so ein Sprecher. Aber «grundsätzlich» sei es in der Paketdienst-Branche nicht unüblich und – etwa im grenzüberschreitenden Verkehr – teils sogar unumgänglich, zusammenzuarbeiten.

Für Brancheninsider ist es aber ein offenes Geheimnis, dass die Paketversender lieber in den Ballungszentren Päckli verteilen, als abgelegene Streusiedlungen anzufahren. Das weiss auch die Politik, wo der Service public immer wieder Thema ist. So sagt Mitte-Nationalrat und Berggebietsvertreter Martin Candinas (43): «Da sieht man, dass die Grundversorgung für die Post eben nicht nur Segen ist: Anders als private Zustelldienste muss sie jeden beliefern – egal, wo er wohnt, zu einem einheitlichen Preis und alle gleich schnell.»

Man könne schon darüber diskutieren, dass die Spiesse von Bundesbetrieben und Privatwirtschaft gleich lang sein müssen, sagt der Bündner. «Dies muss dann aber in beide Richtungen konsequent gelten.»

Sorgfältiger Umgang ist das nicht
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Postbote schmeisst Päckli:Sorgfältiger Umgang ist das nicht
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