Streit um Spitalfinanzierung
FDP-Nationalrätin Regine Sauter greift Gewerkschaft an

Die Gewerkschaft VPOD will gegen die neue Gesundheitsreform das Referendum ergreifen. Zum Ärger des Spitalverbands H+. Dieser will die einheitliche Gesundheitsfinanzierung nach 14 Jahren Diskussion in trockene Tücher bringen.
Publiziert: 12.12.2023 um 11:51 Uhr
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

FDP-Nationalrätin Regine Sauter (57) schüttelt den Kopf. «Dass man ein Referendum beschliesst, noch bevor eine Vorlage verabschiedet ist, ist völlig daneben», sagt die Gesundheitspolitikerin zu Blick. Ihr Ärger gilt den Gewerkschaften, die gegen die grösste Gesundheitsreform der letzten Jahre das Referendum ergreifen wollen. 

Dabei geht es um viel Geld: Die Gesundheitsleistungen der obligatorischen Grundversicherung sollen künftig «aus einer Hand» finanziert werden. Nicht nur ambulante, sondern auch stationäre Leistungen würden künftig vollständig über die Krankenkassen abgerechnet. Bisher haben die Kantone mindestens 55 Prozent der stationären Kosten übernommen, für die ambulanten Leistungen hingegen keinen Rappen. Neu sollen sie rund 27 Prozent die Gesamtkosten mittragen. Die Kantonsgelder würden über eine separate Einrichtung an die Krankenkassen verteilt.

Die Service-public-Gewerkschaft VPOD will die Vorlage bekämpfen. Sie befürchtet eine Privatisierung der Gesundheitsfinanzierung, weniger demokratische Steuerungsmöglichkeiten durch die öffentliche Hand und mehr Kostendruck auf die Tarife und damit auch die Angestellten. 

Das Parlament berät die Neufinanzierung der Gesundheitsleistungen. Von Gewerkschaftsseite wurde bereits das Referendum angekündigt.
Foto: Keystone
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«Diese Argumentation ist an den Haaren herbeigezogen», findet Sauter. Es gehe einzig und allein darum, wie die Finanzierung neu geregelt werde. «Mit den Tarifen hat das direkt nichts zu tun.» 

Gleichbehandlung für Vertragsspitäler

Sauter vertritt als Präsidentin den nationalen Spitalverband H+, dem über 200 Spitäler und Pflegeinstitutionen angehören. So kämpft sie denn auch dafür, dass die sogenannten Vertragsspitäler – diese figurieren nicht auf den kantonalen Spitallisten, sondern haben direkt mit den Krankenkassen Verträge abgeschlossen – künftig die gleiche Abgeltung über die Grundversicherung erhalten wie die Listenspitäler. Das würde die Prämienzahlenden allerdings um 100 bis 150 Millionen Franken zusätzlich belasten. Entlastet würden die Zusatzversicherungen.

«Die Vertragsspitäler leisten einen wichtigen Beitrag an die Gesundheitsversorgung und sollen bei der Abgeltung entsprechend gleichbehandelt werden», betont Sauter. Sie erhofft sich durch die gleich langen Spiesse mehr Wettbewerb und dadurch sinkende Kosten. Doch der Vorschlag hat einen schweren Stand: Der Ständerat hat ihn bereits abgelehnt, und am Donnerstag dürfte auch der Nationalrat die Idee fallenlassen. 

Fehlanreize beseitigen

Es zeichnet sich ab, dass sich im Parlament grossmehrheitlich die gemässigtere Ständeratsvariante durchsetzen wird. Für den Spitalverband ist wichtig, dass die Vorlage nach 14 Jahren Diskussion endlich in trockene Tücher kommt, wie auch Verbandsdirektorin Anne-Geneviève Bütikofer (51) bekräftigt: «Wir müssen Fehlanreize beseitigen und den kostengünstigeren ambulanten Bereich vorantreiben», sagt sie. «Nun liegt ein guter Kompromiss vor, der von den Leistungserbringern, Kantonen und Versicherungen unterstützt werden sollte.»

Allerdings macht Bütikofer auch klar, dass für die Spitäler weitere Schritte nötig sind: «Es braucht auch eine Anpassung der ambulanten Tarife, da diese heute die Kosten nicht decken», sagt sie. «Und wir müssen die integrierte Versorgung vorantreiben, indem wir die verschiedenen Akteure besser miteinander verknüpfen.»

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