SVP-Aushängeschild will abtretenden Markus Kägi beerben
Natalie Rickli könnte Frauen zur Regierungsmehrheit verhelfen

2003 hatte Zürich als erster Kanton mehr Frauen als Männer im Regierungsrat. Jetzt bahnt sich wieder eine Frauenmehrheit an. Die Winterthurer Nationalrätin Rickli will kandidieren.
Publiziert: 05.08.2018 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:46 Uhr
Pascal Tischhauser

Im Frühling 2003 war es so weit: Erstmals in der Schweizer Geschichte hatten die Frauen die Mehrheit in einer Kantonsregierung. Mit der Wahl von Regine Aeppli (65, SP) hatte Zürich mehr Frauen als Männer im Regierungsrat.

Jetzt will die SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (41) den Frauen in der Kantonsregierung Zürichs wieder zur Mehrheit verhelfen. Wie sie der «NZZ am Sonntag» verriet, möchte die Winterthurerin im kommenden Frühling als Regierungsrätin kandidieren. Am 11. September will sie sich von den Zürcher SVP-Delegierten als Kandidatin nominieren lassen. 

Eigentlich besser als Köppel

Die Chancen, dass die nach «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel (53) mit dem zweitbesten Resultat gewählte Parlamentarierin als Kandidatin grünes Licht bekommt, stehen gut. Denn Regierungsratswahlen sind Personenwahlen. Und Rickli hat eine sehr grosse Wählerschaft – grösser noch als diejenige von Köppel: Er machte 2015 zwar 178'090 Stimmen und Rickli «nur» 167'185 Stück. Doch Köppel wurde oft kumuliert, sein Name stand auf lediglich 133'000 Wahlzetteln, während Ricklis Name 137'000 auf Wahlzetteln vorkam.

Gegen Rickli hätten es auch Kandidaten von den Grünen und der GLP sehr schwer, zumal hier sämtliche Aushängeschilder wie Balthasar Glättli (46) und Bastien Girod (37) sowie Tiana Angelina Moser (39) und Martin Bäumle (54) bereits abgewunken haben. Hinterbänkler aus den beiden Ökoparteien hätten es noch schwerer gegen Rickli.

Rückenwind für die SVP

Es spricht also alles für die Nationalrätin. Auch, dass die SVP zuletzt in Zürich schwächelte und ihr frischer Wind aus Winterthur guttun würde. Das Aushängeschild Rickli könnte der Partei nicht nur bei den Erneuerungswahlen 24. März 2019 für den Regierungsrat Aufwind geben, sondern auch für die am selben Tag stattfindenden Kantonsratswahlen. 

Zudem sind die Zürcher Wahlen wegweisend für die Parlamentswahlen am 20. Oktober 2019. Denn wer an der Limmat schwächelt, wird auch ein halbes Jahr später Mühe an der Aare Mühe bekunden, ins Bundeshaus einzuziehen. Das zeigen die Erfahrungen aus den vergangenen Jahrzehnten.

Bürgerliche Zweiervakanz

Neben Baudirektor Markus Kägi (64, SVP), dessen Sitz Rickli für ihre Partei verteidigen will, tritt auch Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger (61, FDP) im kommenden Frühling nicht mehr an. Die Freisinnigen nominieren ihre Kandidaten erst im Oktober.

Doch schon heute ist klar: Werden alle bisherigen Regierungsräte wiedergewählt, ist es unerheblich, ob die Freisinnigen mit einem Mann oder einer Frau ins Rennen um Heinigers Sitz steigen. Dank drei bisherigen Frauen in der Kantonsregierung wäre die Mehrheit mit Rickli in der Zürcher Kantonsregierung so oder so weiblich.

Schon 2003 eine Frauenmehrheit

Als die Zürcher Frauenmehrheit im März 2007 wieder Geschichte war, fiel das Resümee von Politikern der verschiedenen Parteien im «Tages-Anzeiger» recht ernüchternd aus. So meinte der damalige Regierungsrat Markus Notter (57, SP): «Man kann nicht sagen, eine Regierung mit Frauenmehrheit regiere anders. Die Unterschiede der vier Frauen sind grösser als das Gemeinsame, das man allen Frauen zuschreiben kann.»

Und der damalige Regierungsrat Ruedi Jeker (74, FDP) meinte bloss: «Vier Frauen in der Regierung sind gut, aber vier Männer sind auch nicht schlecht.»

Rita Fuhrer (65, SVP), damals ebenfalls in der Regierung, liess dem «Tages-Anzeiger» ausrichten, sie wolle nicht über die Frauenmehrheit reden, da diese die Arbeit im Regierungsrat «nicht besonders beeinflusst» habe.

«Ab und zu» kam die Frauenmehrheit doch zum Tragen

Verena Diener, die 1995 als Grüne in die Regierung gewählt worden war, sich mit der Partei jedoch überwarf, mit dem Zürcher Nationalrat Martin Bäumle die Grünliberale Partei (GLP) gründete und dann für die GLP als Regierungsrätin amtete, meinte damals immerhin: «Ab und zu zeigte sich, dass Lebenserfahrungen, die stark geschlechtergeprägt waren, die politische Beurteilung mitprägten und als Frauenmehrheit zum Tragen kamen». 

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