SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt will, dass Schweizer Unternehmen schweizerisch bleiben
«Wir verkaufen unser Wissen an die Chinesen»

Jetzt befasst sich die Schweizer Politik mit der chinesischen Übernahme von Schweizer Traditionsfirmen. SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt verlangt Antworten vom Bundesrat.
Publiziert: 06.06.2017 um 08:33 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:47 Uhr
Verlangt vom Bundesrat Antworten: SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt.
Foto: 50 Patrick Luethy
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Nico Menzato

China ist im Einkaufswahn – auch in der Schweiz. Letztes Jahr hat sich das Reich der Mitte an über 300 Firmen in Europa beteiligt. 86 Milliarden US-Dollar gaben chinesische Investoren für die gigantische Übernahmewelle aus. 46 Milliarden davon in der Schweiz – also mehr als die Hälfte! Der Grund: Die staatliche Chemchina schluckte für 43 Milliarden den Agrochemikonzern Syngenta. Anfang Mai wurde der Deal besiegelt.

Jetzt beschäftigt sich auch Bundesbern mit dem Kaufrausch Chinas. Diese Woche reicht SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt zwei Vorstösse ein. Der Professor für Wirtschaftsrecht ist besorgt – aus volkswirtschaftlichen Gründen: Solche Übernahmen seien «eine Verstaatlichung von Teilen der Schweizer Wirtschaft und sie verstossen gegen Grundprinzipien der Marktwirtschaft».

«Die Schweiz macht sich zur Gehilfin chinesischer Machtpolitik»

Die Firmenkäufe seien «Teil eines von der chinesischen Führung beschlossenen Masterplans». Systematisch würden Know-how, Technologien und ganze Wertschöpfungsketten aufgekauft, die in der Schweiz dann fehlten. «Wir verkaufen unser Wissen an die Chinesen», sagt der Zürcher. Besonders problematisch seien Übernahmen von Firmen, die für die Schweiz wichtige Infrastrukturen, etwa im Bereich Energie, betreiben.

Auch aussenpolitisch ist der Ausverkauf laut dem SVP-Nationalrat kontraproduktiv: «Es geht um den globalen Machtanspruch Chinas. Die Schweiz, die der Übernahme ihrer Unternehmen durch chinesische Staatsfirmen neutral oder gleichgültig gegenübersteht, macht sich zur Gehilfin chinesischer Machtpolitik.»

Appell an die Firmenbosse

Vogt verlangt vom Bundesrat jetzt Antworten auf die Bedrohung der volkswirtschaftlichen und aussenpolitischen Interessen der Schweiz. Was aber schlägt er selbst vor? Neue Gesetze oder Verbote brächten wenig. «Mein Ziel ist ein breiter Appell an die Verwaltungsräte von Schweizer Firmen, bei Kaufangeboten chinesischer Staatsbetriebe auch an die Interessen der Schweiz zu denken.»

Politiker anderer Parteien teilen Vogts Sorgen.«Die Schweizer Wirtschaft muss sehr wachsam bleiben und auf Innovation setzen, damit sie nicht einem Ausverkauf ihres Wissens und ihrer Technologie unterliegt», sagt FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter.

Wie du mir, so ich dir

Die Wirtschafts- und Aussenpolitikerin kritisiert die Ungerechtigkeit, dass hiesige Firmen im Gegenzug in China kaum Firmen erwerben können. «Die Schweiz muss gleich lange Spiesse einfordern.» Der Freihandelsvertrag mit China biete eine gute Möglichkeit dazu. Ähnlich tönt es bei CVP-Chef Gerhard Pfister: Die Politik müsse sich dafür einsetzen, dass für Schweizer Unternehmen im Ausland ein guter Marktzugang möglich sei.

Die Präsidentin der parlamentarischen Gruppe Schweiz-China, Corina Eichenberger, will die chinesischen Firmenkäufe an einem der nächsten Treffen thematisieren. «Wir müssen zurückhaltend sein, schliesslich sind wir ein liberales Land», so die FDP-Nationalrätin.

Abwehrgesetz für sensible Branchen

Sollte es in Zukunft aber vermehrt chinesische Übernahmen geben, müsste sich die Schweiz Gedanken machen. «Denkbar ist, gewisse Branchen, die für die Schweizer Interessen bedeutend sind, vor Übernahmen zu schützen», so Eichenberger.

In die gleiche Richtung gehen Bestrebungen im EU-Parlament. Abgeordnete verlangen, dass «strategische Sektoren» wie Energie, Verkehr, Telekommunikation, Gesundheit und Wasserversorgung nicht mehr an China verkauft werden dürfen.

Da spricht man schon Chinesisch

Schweizer Unternehmer können ein Lied davon singen: Chinesen sind scharf auf ihre Firmen. Immer wieder flattern Angebote aus China ins Haus. Nicht alle können der Kohle aus dem Reich der Mitte widerstehen. Mit Abstand am meisten bezahlte der Staatsbetrieb ChemChina für den Basler Agrochemiekonzern Syngenta – 43 Milliarden Dollar! Und das erst noch in bar!

2016 kauften sich chinesische Investoren neun Firmen, 2015 waren es zehn. Prominente Beispiele:

Trinkflaschen-Hersteller Sigg

Für 16 Millionen Franken ging der Trinkflaschen-Hersteller Sigg in chinesische Hände über. Die Firma Haers Vacuum Containers hat sich die Firma aus Frauenfeld gekauft, wo 65 Angestellte arbeiten.

Airline-Caterer Gategroup

1,4 Milliarden Franken hat der chinesische Mischkonzern HNA für den Airline-Caterer Gategroup bezahlt. Zuvor haben sich die Chinesen bereits die Ex-Swissair-Töchter Swiss­port und SR Technics gekauft.

Luzerner Traditionshaus Palace

Der chinesische Unternehmer Yunfeng Gao hat ein Faible für Schweizer Hotels der Spitzenklasse. Er will das Luzerner Traditionshaus Palace wieder zu einer Topad­resse machen. Dafür lässt er 100 Millionen springen.

Uhrenwerkherstellerin Eterna

Auch Eterna, die Uhrenwerkherstellerin aus Grenchen SO, hat einen chinesischen Besitzer. Die Haidian-Gruppe kauft die Firma mit 70 Angestellten für 15 Millionen Franken.

Batterienhersteller Leclanché

Batterienhersteller Leclanché aus Yverdon-les-Bains VD ging eine strategische Allianz mit der chinesischen Narada Power ein. Die beiden Firmen wollen gemeinsam in China produzieren.

Netstal Maschinen

Netstal Maschinen aus Näfels GL ging für über 950 Millionen Franken an ChemChina. | Patrik Berger

Ein chinesischer Investor steckt 100 Millionen Franken in die Renovation des Hotels Palace in Luzern (oben links).  —  Chinesische Investoren kauften sich Trinkflaschen-Hersteller Sigg (unten links). —  Besiegeln den Megadeal: Ren Jianxin, Chef von ChemChina, und Syngenta-Präsident Michel Demaré freuen sich über den Geschäftsabschluss (rechts).
Ein chinesischer Investor steckt 100 Millionen Franken in die Renovation des Hotels Palace in Luzern (oben links).  — Chinesische Investoren kauften sich Trinkflaschen-Hersteller Sigg (unten links). — Besiegeln den Megadeal: Ren Jianxin, Chef von ChemChina, und Syngenta-Präsident Michel Demaré freuen sich über den Geschäftsabschluss (rechts).
Keystone

Schweizer Unternehmer können ein Lied davon singen: Chinesen sind scharf auf ihre Firmen. Immer wieder flattern Angebote aus China ins Haus. Nicht alle können der Kohle aus dem Reich der Mitte widerstehen. Mit Abstand am meisten bezahlte der Staatsbetrieb ChemChina für den Basler Agrochemiekonzern Syngenta – 43 Milliarden Dollar! Und das erst noch in bar!

2016 kauften sich chinesische Investoren neun Firmen, 2015 waren es zehn. Prominente Beispiele:

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Für 16 Millionen Franken ging der Trinkflaschen-Hersteller Sigg in chinesische Hände über. Die Firma Haers Vacuum Containers hat sich die Firma aus Frauenfeld gekauft, wo 65 Angestellte arbeiten.

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1,4 Milliarden Franken hat der chinesische Mischkonzern HNA für den Airline-Caterer Gategroup bezahlt. Zuvor haben sich die Chinesen bereits die Ex-Swissair-Töchter Swiss­port und SR Technics gekauft.

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Netstal Maschinen aus Näfels GL ging für über 950 Millionen Franken an ChemChina. | Patrik Berger

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