Hier singt Alfred Rasser über seine Wahl in den Nationalrat
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Promis im Bundeshaus:Alfred Rasser singt über seine Wahl in den Nationalrat

Tamy Glauser (34) will in die Politik – Quereinsteiger raten ihr
«Neulinge dürfen keine grosse Klappe haben»

Tamy Glauser will Politikerin werden – und auf Anhieb in den Nationalrat einziehen. Andere politische Quereinsteiger warnen das Supermodel jetzt vor den Tücken im Bundeshaus.
Publiziert: 15.05.2019 um 23:29 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
Tamy Glauser besuchte letzten Winter das Bundeshaus – auf Einladung der Grünen. Jetzt will sie für den Nationalrat kandidieren.
Foto: Instagram
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Nico Menzato und Ruedi Studer

Es ist der Polit-Coup im noch jungen Wahljahr. Das international renommierte Schweizer Topmodel Tamy Glauser (34) will in den Nationalrat. Und zwar für die Grünen des Kantons Zürich. Präsidentin Marionna Schlatter (38) bestätigt, dass der Promi auf der Nationalratsliste sein wird. Glauser ist nicht nur auf den Laufstegen dieser Welt bekannt. Sie ist mit ihrer Partnerin, Ex-Miss-Schweiz Dominique Rinderknecht (29), auch das bekannteste Lesbenpaar der Schweiz.

Mit dem Promi-Bonus hat Glauser intakte Chancen, als politisches Greenhorn in die grossen Kammer einzuziehen. Insbesondere dann, wenn die Grünen wie prognostiziert in der Wählergunst zulegen und zusätzliche Sitze ergattern.

Eishockey-Legende für die SVP

Glauser wäre das erste Model im eidgenössischen Parlament, nicht aber der erste Promi, der es ohne die sogenannte Ochsentour aufs grosse politische Parkett schafft. Einer davon ist Eishockey-Legende Simon Schenk (73).

Er hat einen Ratschlag an Tamy Glauser, sollte die Wahl gelingen: «Quereinsteiger sollten zu Beginn keine grosse Klappe haben.» Sondern sich sachte an diese neue Sache herantasten – und sich auf einige Themen beschränken.

Schenk weiss, wovon er spricht. Er kandidierte bei den Wahlen 1991 für die SVP Bern, schaffte es aber nur auf den vierten Ersatzplatz. «Ich dachte, das war es bereits mit meiner politischen Karriere», sagt der Coach der Schweizer Eishockeynationalmannschaft von 1985 bis 1990 und 1995 bis 1997.

Doch es kam anders: Wegen diversen Abgängen rutschte der Sport-Promi 1994 urplötzlich in den Nationalrat nach. «Ich war überfordert, es war ein Start von null auf hundert», erzählt der spätere Sportchef der ZSC/GCK Lions – und erinnerte sich an seine erste Sitzung der Geschäftsprüfungskommission (GPK), in die er eingeteilt wurde. «Ich war der einzige Nicht-Jurist und ohne politische Erfahrung. Das war schon hart.»

Die Wiederwahl 1995 schaffte Schenk mit gutem Resultat. «Der Promi-Bonus hat natürlich massiv geholfen», sagt der Berner. Schenk durfte dann in der Verkehrskommission politisieren, wo er sich wohler fühlte als in der GPK. «Wichtig für Quereinsteiger ist es, dass man in eine Kommission darf, die einem liegt», sagt er.

Weil er sich nicht zu allem äusserte, sei er als Hinterbänkler betitelt worden. «Das ist okay. Ich sah mich immer als politisierenden Sportler und nicht als einen Politiker, der nebenher im Sportbereich tätig ist.» 2011 endete seine Politkarriere nach 17 Jahren – wegen der Amtszeitbeschränkung. «Als ich endlich so richtig in der Politik angekommen war, musste ich gehen», so der dreifache Familienvater, der heute seinen 73. Geburtstag feiert.

Mit TV-Bekanntheits-Bonus nach Bern

Ein anderer, der dank Promi-Faktor die Wahl 2011 auf Anhieb schaffte, ist SP-Nationalrat Matthias Aebischer (51). Als Moderator bei «Tagesschau», «Kassensturz» und «Club» konnte er auf den TV-Bekanntheits-Bonus zählen.

«Ich finde es super, dass sie kandidiert», meint er zu Glausers Plänen. Auch er hat einen Tipp parat: «Man muss damit leben können, dass man kritisiert und belächelt wird. Umso wichtiger ist es für einen politischen Quereinsteiger, dass man nach einer Wahl mit harter politischer Arbeit auffällt – und nicht mit Schöntänzereien.» Dann verstummten auch die Kritiker und Neider rasch.

«Das Wichtigste für einen Politiker ist nicht nur ein hoher Bekanntheitsgrad, sondern seine Glaubwürdigkeit», so Aebischer. Er selbst wurde bereits nach zwei Jahren mit dem Präsidium der Bildungskommission belohnt.

Aebischer ist nicht der einzige Journalist, der seine Zeit im Rampenlicht für den Start einer Politkarriere nutzte. «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel (54, ZH) und Ex-Sportmoderator Maximilian Reimann (77, AG) politisieren aktuell für die SVP im Nationalrat. Ebenso tat es Ex-Fernsehmann Werner Vetterli (†78) von 1991 bis 1999. Und der heutige Zürcher Stadtrat und Ex-«Arena»-Dompteur Filippo Leutenegger (66) sass von 2003 bis 2014 für die FDP in der Grossen Kammer.

«HD Läppli» machte Politkarriere

Für Furore im Bundeshaus sorgte auch der letztes Jahr verstorbene Pfarrer Ernst Sieber (†91). Schweizweit bekannt wurde der Zürcher durch seinen Einsatz für Obdachlose, Randständige und Süchtige. Sieber politisierte 1991 bis 1995 eine Legislatur lang für die EVP im Nationalrat. 

Einer der wohl ersten Showbizz-Promis, die den Sprung nach Bundesbern schafften, war der Kabarettist und Schauspieler Alfred Rasser (†70). Berühmt wurde der Basler durch seine Darstellung des Soldaten HD Läppli. Von 1967 bis 1975 war er Nationalrat für den Landesring der Unabhängigen – als Vertreter des Kantons Aargau. Er schaffte sich dabei nicht nur Freunde, was Rasser mit einem Spottlied an die Adresse seiner Kritiker beantwortete.

Tamy Glauser besucht die Grünen
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Glauser bei den Grünen:Tamy Glauser besucht die Grünen
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