Toni Brunner kontert Energie-Professor
«Wüstenhagen sollte besser recherchieren»

Professor Rolf Wüstenhagen bezichtigte gestern im BLICK das Komitee gegen die Energiestrategie der Lüge. Jetzt wehrt sich dessen Präsident Nationalrat Toni Brunner.
Publiziert: 10.05.2017 um 17:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:45 Uhr
Bauer und Politiker Toni Brunner kämpft gegen die Energiestrategie 2050.
Foto: Paolo Foschini

Abhängigkeit vom Ausland

«Der sogenannte Energieexperte Wüstenhagen bringt zu Recht nicht das Beispiel Deutschland, sondern Länder wie Norwegen, die sich mit 95 Prozent Wasserkraft versorgen. Ohne brauchbare Speichermöglichkeit macht die im Energiegesetz massiv einseitige Förderung der erneuerbaren Energien wenig Sinn, da sie nur bei guter Witterung (Sonne oder Wind) und nur während des Tages (Sonnenenergie) nutzbar sind. In den sogenannten Dunkelflauten (wie sie dieses Jahr im Januar in Deutschland herrschte) konnte Deutschland gerade einmal drei Prozent des Strombedarfs mit Wind- und Solaranlagen decken. Dies blüht der Schweiz ebenso. Deshalb warnt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz zu Recht: ‹Als grösstes Risiko wurde eine mögliche, lang andauernde, schwere Strommangel-Lage identifiziert. Damit ist eine Stromunterversorgung von 30 Prozent während mehrerer Monate im Winter gemeint. Ein derartiges Szenario würde zu grossen Personenschäden und darüber hinaus zu immensen ökonomischen und immateriellen Schäden für die Wirtschaft und für die Gesellschaft führen. Insgesamt ist mit einem Schaden von über 100 Milliarden Franken zu rechnen.›»

Neue Gas- und Kohlekraftwerke

«Niemand spricht von Kohlekraftwerken in der Schweiz. Herr Wüstenhagen sollte in Bezug auf den Bau von Gaskraftwerken mehr Recherche betreiben. Die Bundesrätin sprach an der Pressekonferenz zum Ausstieg aus der Atomkraft vom Bau neuer Gaskraftwerke im Sinne einer Brückentechnologie und Übergangsphase für den Winter. Ebenfalls kündigt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) an: ‹Aufgrund des vorliegenden Massnahmenpakets dürfte in der Schweiz bis im Jahr 2020 ein Gaskombikraftwerk notwendig werden. Je nachdem müsste die Stromversorgung mit weiteren Gaskombikraftwerken und/oder zusätzlichen Importen sichergestellt werden.› Energieministerin Leuthard sprach kürzlich von «möglicherweise» einem Gaskombikraftwerk. Ebenso eine Studie im Auftrag des Bundes sowie eine Studie der Firma Prognos im Auftrag des Bundesamts für Energie.»

Konkurrenzfähigkeit

«Ich zitiere Gian-Luca Lardi, Bauunternehmer und Zentralpräsident Schweizerischer Baumeisterverband: ‹Das Energiegesetz enthält unrealistische Ziele zur Senkung des Energieverbrauchs. Wie man das erreichen will, ist völlig unklar. Für uns geht diese Strategie nicht auf.› Gemäss Energiegesetz soll der durchschnittliche Stromverbrauch bis 2035 pro Person und Jahr um 13 Prozent und der gesamte Energieverbrauch um 43 Prozent sinken (gegenüber dem Jahr 2000). Es lässt die Stimmberechtigten aber im Dunkeln darüber, wie diese Senkung genau erreicht werden soll. Ein abnehmender Strombedarf widerspricht auch jeglicher Logik: Auch wenn die Energieeffizienz immer weiter steigt, brauchen der Ersatz fossiler Brenn- und Treibstoffe (Wärmepumpen statt Heizöl, Elektromobilität), die Digitalisierung und Automatisierung mehr Strom, nicht weniger. Es drohen massive staatliche Eingriffe mit neuen Gesetzen, Regulierungen bis ins letzte Detail und zusätzliche Bürokratie.»

Gefahr für Land und Tier

«Der Bundesrat plant bis zu 1000 neue Grosswindturbinen. Er nimmt die Verschandelung der Landschaft in Kauf, auch in geschützten Gebieten. Das ordentliche Bewilligungsverfahren soll ausser Kraft gesetzt werden. Diese Turbinen sind zudem eine Gefahr für Vögel und Fledermäuse. Das Umweltkomitee gegen das Energiegesetz hat eine Hochrechnung auf Basis einer Studie der Vogelwarte Sempach erstellt: 1000 Grosswindturbinen könnten pro Jahr 40’000 bis 100’000 Vögel erschlagen.»

Kosten für Mittelstand und Gewerbe

«Der Bundesrat selber beziffert die Kosten der Energiestrategie in seiner Medienmitteilung auf 211 Milliarden Franken und macht in seiner Botschaft für einen Verfassungsartikel für ein Klima- und Energielenkungssystem Vorschläge zur Finanzierung der Energiestrategie, die auf +3 Rappen/kWh Strom, auf +67 Rappen/Liter Heizöl und auf +26 Rappen/Liter Benzin hinauslaufen. Rechnet man das auf einen vierköpfigen Haushalt hoch, kommt man auf die 3200 Franken zusätzliche Belastung jährlich.»

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