Stoppt Berset das Impfzahlen-Chaos?
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Der grosse Überblick
So viel hat Ihr Kanton schon geimpft

Die Corona-Impfung ist der grosse Hoffnungsträger in der Krise. Doch es fehlt der Überblick. Wie rasch die Impfkampagne voranschreitet, weiss niemand so genau. Manche Kantone halten ihre Zahlen sogar geheim. BLICK gibt einen Überblick.
Publiziert: 20.01.2021 um 13:31 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2021 um 23:19 Uhr
BLICK hat recherchiert, wie viele Impfungen die Kantone bisher durchgeführt haben.
Foto: BLICK Grafik
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Daniel Ballmer, Lea Hartmann, Gianna Blum

Sie sind die grosse Hoffnung in der Corona-Krise: die Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna. So schnell wie möglich sollen die Kantone ihre Bevölkerung mit dem Serum impfen. Die Zeit läuft. Es geht wortwörtlich um Leben und Tod. Je schneller geimpft wird, desto weniger Risikopatienten sind vom Virus bedroht.

Nur: Einmal mehr herrscht völlige Intransparenz, ein Zahlen-Chaos. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kann bisher nur Schätzungen abgeben. Demnach sollen bis Dienstag rund 110'000 Schweizerinnen und Schweizer eine erste Impfdosis erhalten haben. Eine detaillierte Übersicht über die einzelnen Kantone aber gibt es bis heute nicht – trotz mehrfacher Versprechen durch das BAG.

Wie der Bundesrat informiert wurde, hat die Schweiz bisher rund 500'000 Impfdosen erhalten. Das BAG sei daran, zusätzliche Impfdosen zu kaufen und Verträge mit weiteren Impfstoffproduzenten abzuschliessen.

Lieber keine Zahlen als ein Wettbewerb

Gerne wüsste man aber, wie rasch die Impfungen in den einzelnen Kantonen erfolgen. Doch Fehlanzeige. «Es ist natürlich sehr schade, dass die Impfzahlen bis heute nicht vorliegen», sagt auch Impfkommissionspräsident Christoph Berger (58). «Die Anlaufphase der Impfoffensive dauert offensichtlich länger als erwartet.» Auch er möchte bald Zahlen vorliegen haben, um den Erfolg der Impfoffensive abschätzen zu können.

Klar ist: Die Kantone sind in ihren Impfkampagnen unterschiedlich weit. Und das soll auch der Grund sein, warum einzelne Kantone gegenüber der eigenen Bevölkerung völlig intransparent bleiben und ihre Zahlen vorerst gar nicht erst offenlegen wollen, wie mehrere Quellen gegenüber BLICK bestätigen.

Tempo bleibt unbekannt

Weder der Bund noch die Kantone haben ein Interesse daran, dass die Bevölkerung weiss, welches die Trödel-Kantone sind und wer bei den Impfungen rasch vorwärtsmacht. Ein «Wettbewerb» unter den Kantonen soll vermieden werden. Lieber nennen die Behörden gar keine allgemein gültige Zahlen.

Zumindest geben einzelne Kantone auf Anfrage von BLICK ihre eigenen Zahlen bekannt. Doch auch diese sind nicht immer auf dem neusten Stand. Ein wahres Zahlen-Chaos! Einzelne Kantone zeigen sich dagegen vorbildlich und veröffentlich tagtäglich aktualisierte Daten auf ihren Internetseiten. Allerdings: Wie es mit dem Tempo steht, bleibt in den meisten Fällen offen. Denn während viele Kantone zwar die Anzahl verimpfter Dosen bekannt geben, hüllen sich die meisten in Schweigen darüber, wie viele Dosen sie denn überhaupt erhalten haben.

Wie transparent zeigt sich dabei Ihr Kanton? BLICK hat recherchiert und bietet hier eine Übersicht über sämtliche Kantone:

Aargau: Der Kanton Aargau veröffentlicht keine tagesaktuelle Statistik. Auf Anfrage gibt er aber die Zahlen bis Ende vergangener Woche bekannt. Bis am 15. Januar konnten 6081 Personen geimpft werden. Geliefert wurden bis dahin insgesamt rund 33’000 Impfdosen. Allerdings traf die erste Lieferung des Moderna-Impfstoffes – knapp die Hälfte aller verfügbaren Impfdosen – erst am 14. Januar ein. Sie kommt seit Anfang dieser Woche zum Einsatz. Der Kanton betont, dass man sich an die Empfehlung des Bundes halte und bei der Impfplanung berücksichtige, dass jede Person zweimal geimpft werden muss. Die Hälfte der gelieferten Dosen wird deshalb zurückbehalten für den zweiten Durchgang.

Appenzell Ausserrhoden: Der Kanton zeigt sich auf Anfrage transparent. Bis am Mittwoch wurden 1490 Personen geimpft. Bis Ende nächster Woche sollen 98 Prozent der bisher 4325 zugeteilten Impfdosen verabreicht werden. «Demnächst» sollen alle Zahlen unter www.ar.ch/corona abrufbar sein.

Appenzell Innerrhoden: Wenig transparent zeigt sich Innerrhoden: Die letzten Angaben stammen vom vergangenen Freitag. Bis dahin seien «mehr als 500» Personen geimpft worden. Genauere und aktuellere Zahlen gibt der Kanton nicht bekannt. Auch teilt er nicht mit, wie viele Impfdosen er bisher zur Verfügung hat. Nur so viel: Mit den zusätzlichen Impfdosen von Moderna könne bis Ende Januar voraussichtlich ein Grossteil der angemeldeten über 65-Jährigen geimpft werden.

Baselland: Der Kanton Baselland veröffentlicht die aktuellen Zahlen online: 6269 Personen sind demnach Stand Dienstag bereits verimpft worden. Laut einem Sprecher hat der Kanton rund 16’000 Dosen erhalten. Auch in Baselland macht die Technik Probleme: Das vom Bund empfohlene System sorge «leider für Probleme».

Basel-Stadt: Der Kanton Basel-Stadt gehört ebenfalls zu den wenigen Kantonen, welche auf ihrer Homepage eine detaillierte und aktuelle Impfstatistik veröffentlichen. 9544 Personen wurden bis am 19. Januar geimpft, die allermeisten im Impfzentrum. 1259 davon erhielten bereits die zweite Dosis, die für einen wirksamen Impfschutz notwendig ist.

Bern: Der Kanton Bern macht auf seiner Homepage öffentlich, wie viele Personen bereits geimpft wurden und aktualisiert die Zahlen täglich. Demnach haben bis am 21. Januar 9904 Bernerinnen und Berner eine erste Impfdosis erhalten.

Freiburg: Der Kanton Freiburg gibt die Zahlen auf Anfrage bekannt. 14'400 Impfdosen hat der Kanton erhalten, um die 3200 Personen wurden geimpft. «Wir werden ziemlich schnell aufholen, da wir unsere Zentren Montag aufgemacht haben, und die Kapazität noch verdoppeln», so Sprecherin Claudia Lauper.

Jura: Der Kanton Jura hat am 18. Januar per Medienmitteilung über den Stand der Impfungen informiert – wenn auch nur vage. «Ungefähr tausend Personen» haben demnach ihren ersten Pieks erhalten. Allerdings hat Jura auch erst am 18. Januar damit begonnen, Personen ausserhalb der Altersheime zu impfen.

Genf: In Genf wurden bis Anfang dieser Woche 8002 Personen geimpft. Das geht aus der Statistik hervor, welche Genf auf seiner Homepage veröffentlicht.

Glarus: Glarus hat laut Kantonswebseite bis vergangenen Freitag 900 Personen geimpft – rund die Hälfte der erhaltenen Dosen.

Graubünden: Die Bündner Behörden zeigen sich wenig transparent. Konkrete Zahlen zu den bisherigen Impfungen wollten sie zuerst nicht rausrücken. Später hiess es dann aber, dass Stand 20. Januar 3747 Impfungen durchgeführt worden seien.

Luzern: Luzern gibt die Zahlen auf Anfrage bekannt. Stand 18.1. haben 7330 Personen den ersten Pieks erhalten. Offen ist, wie viele Dosen der Kanton erhalten hat.

Neuenburg: Auch Neuenburg gehört zu den transparenten Kantonen und veröffentlicht auf seiner Webseite eine Impfstatistik. 1578 Personen sind – Stand 18. Januar – geimpft worden.

Nidwalden: Der Kanton Nidwalden macht nicht öffentlich, wie viele Impfdosen man bereits erhalten hat und wie viele davon verimpft wurden. Auf Anfrage teilt er mit, dass man bisher – Stand 19. Januar – eine «vierstellige Zahl im tieferen Bereich» an Impfdosen vom Bund geliefert bekommen habe. Davon seien praktisch alle schon eingesetzt worden.

Obwalden: Obwalden gibt auf Nachfrage bekannt, dass man – Stand 19. Januar – rund 900 Impfungen durchgeführt habe. «Dem Kanton Obwalden liegt viel daran, die Kontingente gemäss den Priorisierungen des Bundes möglichst schnell zu impfen», sagt Patrick Csomor, Leiter des Gesundheitsamts.

Schaffhausen: In Schaffhausen sind auf der Homepage des Kantons detaillierte Informationen zu den Impfungen veröffentlicht. Stand 18. Januar sind insgesamt 2450 Personen geimpft worden, darunter 1200 mit mobilen Impfteams in Heimen. 3 Prozent der Bevölkerung haben damit den ersten Pieks erhalten.

Schwyz: Der Kanton Schwyz veröffentlicht auf seiner Homepage keine detaillierte Impfstatistik. Am 19. Januar teilte er aber mit, dass von den rund 8000 gelieferten Impfdosen über 2000 bereits verimpft worden seien.

Solothurn: Zu den transparenten Kantonen gehört Solothurn. 8808 Personen erhielten bis am 20. Januar die Corona-Impfung. Der Kanton schlüsselt online genau auf, wo wie viele Personen geimpft wurden. Eine Mehrheit der Impfungen erfolgte bisher in Alters- und Pflegeheimen. Aber auch im Impfzentrum in Solothurn und in Arztpraxen wird geimpft.

St. Gallen: Die St. Galler Behörden haben am Dienstag letztmals aktuelle Daten geliefert. Bis dahin waren kantonsweit rund 5200 Personen geimpft. Total 12’600 Dosen seien bisher eingetroffen, führte Karin Faisst vom Amt für Gesundheitsvorsorge vor den Medien aus. Bis Ende Januar sollen es rund 17’000 Dosen sein – wegen der Lieferengpässe bei Pfizer weniger als erwartet.

Tessin: Das Tessin führt online zwar keine Impf-Statistik, gibt aber regelmässig bekannt, wie viele Personen bereits geimpft wurden. An einer Medienkonferenz sagte der Tessiner Kantonsarzt Giovan Maria Zanini am Dienstag, dass bis Anfang Woche 9530 Personen geimpft worden seien.

Thurgau: Der Kanton Thurgau macht nicht öffentlich, wie viele Impdosen geliefert und wie viele davon bereits verimpft wurden. Auf Nachfrage teilt der Kanton mit, man kenne die aktuelle Zahl nicht.

Uri: Beim Kanton Uri heisst es auf Nachfrage, dass Stand 19. Januar 960 Personen eine erste Impfdosis erhalten haben. Wie viele Impfdosen man insgesamt geliefert bekommen hat, sagt der Kanton nicht. BLICK weiss aber, dass es ungefähr 2200 sind. Uri hält bewusst die Hälfte der Impfstoffe zurück, dass genügend Dosen für die zweite nötige Impfung vorhanden sind.

Waadt: Die Waadt veröffentlicht keine offiziellen Zahlen – auf Anfrage wird auf eine Pressekonferenz von Freitag verwiesen. Laut Webseite impft der Kanton seit 11. Januar aber 1000 Personen pro Tag – er müsste also bei mindestens 9000 sein.

Wallis: Das Wallis weist seit dem 19. Januar die Zahl der durchgeführten Impfungen online aus. 6160 Personen erhielten bis zu diesem Zeitpunkt eine erste Impfdosis. Laut einer Medienmitteilung hat der Kanton bis zum 17. Januar 18’050 Impfdosen erhalten. Im Gegensatz zur Empfehlung des Bundes verbraucht der Kanton 70 Prozent der gelieferten Impfstoffe und behält nur 30 Prozent für die notwendige zweite Dosis auf Lager. Der Bund empfiehlt, 50 Prozent auf Lager zu behalten, damit auch bei Lieferschwierigkeiten sicher alle Personen, die eine erste Dosis bekommen haben, auch eine zweite erhalten.

Zug: In Zug wurden bis am 19. Januar 3157 Personen geimpft, wie aus der online veröffentlichten Statistik hervorgeht. Auf Nachfrage heisst es zudem, man habe bisher 6000 Impfdosen erhalten.

Zürich: Zürich stellt bei den Impf-Zahlen – noch – keine Transparenz her. Auf Anfrage verweist die Gesundheitsdirektion lediglich auf das nationale Impfmonitoring, das es noch immer nicht gibt. Das BAG und die Kantone würden daran arbeiten, «sodass nächste Woche die Zahlen bekannt gegeben werden können».

Anzahl durchgeführter Impfungen in den Kantonen und ihr Anteil an der Bevölkerung in Prozent:

Kanton Prozent Total Stand
BS 4,9 9600 19.1.
SO 3,2 8808 20.1.
AI 3,1 500 15.1.
SH 3,0 2500 18.1.
AR 2,7 1500 20.1.
TI 2,7 9600 19.1.
UR 2,6 960 19.1.
ZG 2,5 3200 19.1.
OW 2,4 900 19.1.
GL 2,2 900 15.1.
BL 2,2 6300 19.1.
VS 2,1 7200 19.1.
LU 1,8 7300 18.1.
GE 1,6 8000 18.1.
JU 1,4 1000 18.1.
SZ 1,3 über 2000 19.1.
SG 1,0 5200 19.1.
FR 1,0 3200 19.1.
VD 1,0 über 8000 19.1.
BE 1,0 9904 21.1.
NE 0,9 1600 18.1.
AG 0,9 6100 15.1.
GR 1,9 3747 20.1.
NW 0 keine Angabe
TG 0 keine Angabe
ZH 0 keine Angabe
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