Travailsuisse-Chef will keine Kranken am Arbeitsplatz
Gewerkschaft fordert Teil-Lockdown

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist mit der Forderung vorgeprescht, auf Corona-Isolation und -Quarantäne vollständig zu verzichten. Jetzt kontert Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich und fordert einen Teil-Lockdown!
Publiziert: 14.01.2022 um 20:27 Uhr
Pascal Tischhauser

Travailsuisse läuft Sturm gegen eine mögliche Abschaffung von Isolation und Quarantäne. Der Gewerkschaftsdachverband hält nichts davon, diese durch eigenverantwortliche Selbstisolation und Selbstquarantäne zu ersetzen, wie es der Bundesrat in der aktuellen Konsultation bei den Kantonen und den Sozialpartnern zur Diskussion stellt.

Als Präsident von Travailsuisse macht Adrian Wüthrich (41) klar, welche Prioritäten sein Verband setzt. «Der Gesundheitsschutz aller geht vor. Wir dürfen nicht auf den mutmasslich letzten Metern der Omikron-Welle das Virus einfach gewähren lassen. Das würde zu nicht vorhersehbaren langfristigen Kosten führen», ist er überzeugt.

Abschaffung sei «unhaltbar»

Die Forderung von Economiesuisse, sowohl die Quarantäne als auch die Isolation völlig abzuschaffen, hält er für «unhaltbar». «Kranke und solche, die mit infizierten Personen engen Kontakt hatten, müssen weiterhin daheim bleiben», macht der Gewerkschafter klar. Aus seiner Sicht können Überlastungen von Spitälern und Ansteckungen am Arbeitsplatz nur so verhindert werden.

Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich verlangt einen Teil-Lockdown.
Foto: Screenshot Blick TV
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Der Gewerkschaftsdachverband fordert stattdessen «eine Lösung, die den Arbeitnehmenden, aber auch den Betrieben hilft». Wüthrich: «Wir verlangen einen Teil-Lockdown für Betriebsbereiche, die wegen der Corona-Absenzen ihr Geschäft zeitweise nicht mehr ausführen können.» Betroffene Unternehmen sollen dafür Hilfsgelder in Anspruch nehmen dürfen. «Letztlich ist damit auch der Wirtschaft mehr geholfen, als wenn sich Kunden und weitere Mitarbeitende mit Corona infizieren», ist der Berner überzeugt. Dann würde laut Wüthrich ein viel breiterer und unkontrollierbarer Lockdown drohen, mit massiv weitreichenderen Folgen und Kosten. «Wir aber möchten die Arbeitnehmenden schützen – und gleichzeitig den Betrieben helfen.»

Testkapazitäten kommen an Grenzen

Mit der Frage, ob man Isolation und Quarantäne gleich ganz abschaffen soll, erweckt der Bundesrat den Eindruck, als würde er vor den enorm hohen Corona-Fallzahlen kapitulieren. Doch wie Blick berichtete, ist der Hintergrund ein anderer: Die Regierung baut darauf, dass sie sich so von den Kantonen den Rücken für die Weiterführung der Isolation stärken lassen kann.

Die Omikron-Welle dürfte die Schweiz in den nächsten fünf bis sechs Wochen stark belasten. Dann reichen die heute zur Verfügung stehenden Testkapazitäten wohl kaum mehr aus. Gesundheitsminister Alain Berset machte klar, dass beim Testen eine Priorisierung nötig werden könnte. Auch dazu hat Travailsuisse-Präsident Wüthrich eine klare Haltung: Statt die Tests aufzugeben, fordert er, die Testkapazitäten auszubauen. «Österreich hat vorgemacht, dass das geht.»

Aus seiner Sicht muss verhindert werden, dass Angestellte zur Arbeit in den Coiffeursalon, auf die Baustelle oder ins Restaurant gehen, obwohl sie Krankheitssymptome aufweisen. Schliesslich sind gerade Geringverdiener auf ihr Einkommen angewiesen. Und ohne die Möglichkeit, sich testen zu lassen, ist unklar, ob Angestellte von einer Lohnfortzahlung profitieren können. Doch für Wüthrich ist klar: «Die Lohnfortzahlung für Personen in Quarantäne und in Isolation muss gewährleistet sein.»

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