Trotz Strommangel
Grüne wollen das nächste AKW schon 2027 abdrehen

Die Diskussion über Atomkraftwerke hat mit dem Energiemangel wieder an Fahrt aufgenommen. Jetzt wollen die Grünen die bestehenden Kernkraftwerke mit einem Abschaltdatum versehen.
Publiziert: 22.02.2023 um 18:31 Uhr

Da waren es nur noch vier. Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember 2019 um 12.30 Uhr, war das AKW Mühlenberg Geschichte. Zum ersten Mal wurde einem Schweizer Kernkraftwerk der Stecker gezogen. Vier weitere bleiben am Netz.

Geht es nach den Grünen, sollen auch diese vier Anlagen einen Abschalttermin bekommen. Für Beznau I und II soll 2027 Schluss sein. Die Kernkraftwerke in Gösgen und Leibstadt hätten demnach 2032 respektive 2037 ausgedampft, wie die «Tribune de Genève» schreibt. Bislang dürfen die bestehenden AKWs so lange laufen, wie sie als sicher gelten. Der Neubau ist verboten.

Kernkraft-Befürworter im Aufwind

Brisant ist das Timing. Mit dem Krieg in der Ukraine droht ein Strommangel, ganz Europa sollte Energie sparen – bisher hinkt die Schweiz hinterher. Die Kernkraft-Befürworter waren zuletzt eher wieder im Aufwind. Eine Volksinitiative aus SVP und FDP-Kreisen wollte das Bauverbot für neue Atomkraftwerke aufheben. Auch der neue Energieminister Albert Rösti (55) schloss eine Unterstützung für Kernkraftwerke nicht grundsätzlich aus.

Die Grünen um Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini wollen die bestehenden Atomkraftwerke abschalten.
Foto: keystone-sda.ch
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Tatsächlich ist die Schweiz auf Strom angewiesen. Fallen die AKW weg, fehlen der Schweiz 24 Terrawattstunden Strom. Delphine Klopfenstein Broggini (46) von den Grünen fürchtet sich deswegen nicht. «Mit Solar- und Windenergie oder Energiesparmassnahmen können wir den Ausfall kompensieren», sagt sie gegenüber der «Tribune de Genève». Das Potenzial von Solaranlagen auf den Dächern von Gebäuden sei um einiges höher als die Verluste durch fehlenden AKW-Strom.

Kaum Unterstützung für Grüne

Beim politischen Gegner dürfen sich die Grünen nicht allzu grosse Hoffnungen machen. GLP-Präsident Jürg Grossen (53) hält nichts von fixen Abschaltdaten, wie er gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagt. Auch FDP-Präsident Thierry Burkart (47) sagt: «Wir brauchen derzeit jeden Strom, der produziert wird.» Die Kernkraftwerke abzuschalten, wäre ein grosser Fehler.

Zumindest ein wenig Rückendeckung gibt es von der SP. Fraktionschef Roger Nordmann (49) betont gegenüber dem «Tages-Anzeiger» das Ausfallrisiko der alten Meiler. «Dieses Damoklesschwert, das über der Energieversorgung hängt, könnte mit festgelegten Ausstiegsterminen beseitigt werden.» (bro)

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