Trump-Effekt bremst Rechtspopulisten in Europa
Auf dem linken Fuss erwischt

Noch vor Monaten schien das Wahljahr 2017 zum Durchbruch der Europa-Gegner und Trump-Nachahmer zu führen. Jetzt werden sie plötzlich nervös. Die Umfragen verheissen ihnen nichts Gutes.
Publiziert: 05.03.2017 um 18:18 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:14 Uhr
Thomas Ley

Am Tag vor Donald Trumps Wahlsieg starb Leonard Cohen (†82). Am Tag danach dachten viele an einen der grössten Songs dieses legendären New Yorkers: «First we take Manhattan», zuerst nehmen wir Manhattan ein. Und dann erobern wir Berlin.

Denn der Triumph von Trump, dem anderen New Yorker, schien der Anfang eines Triumphs von Rechtspopulisten weltweit zu sein: in Berlin, Paris, Amsterdam, London. Wo immer 2017 Wahlen anstehen, konnten die Rechten mit satten Gewinnen rechnen, sogar mit dem Sieg.

Plötzlich hatten die Nationalisten eine internationale Vision: Trumps Fans in Europa wettern wie er gegen Fremde, gegen den Islam, gegen multinationale Organisationen wie Uno, Nato, EU. Für diese Wut auf Minderheiten und «Eliten» schien die Zeit gekommen – im November. Heute, vier Monate später, ist vom rechten Aufbruch nicht mehr viel übrig. Und daran trägt ausgerechnet der Götti der Bewegung die Hauptschuld: Neu-Präsident Donald Trump.

Die Umfrage-Lieblinge fallen überall zurück. So lag in den Niederlanden Geert Wilders mit seiner Partei der Freiheit lange weit vor der Konkurrenz, erreichte im holländischen Vielparteiensystem bis zu 30 Prozent. Ausgerechnet jetzt, zwei Wochen vor den Neuwahlen, fällt er auf Platz zwei hinter den Liberalen, mit nur noch gut 15 Prozent.

In Frankreich, wo sich bei den Konservativen, Sozialisten und Zentristen Dramen abspielen, schien eines gewiss: Marine Le Pen, Chefin des Front National, würde den ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen im April klar gewinnen. Neueste Umfrage: Sie kommt nur noch auf Platz zwei. In der Endrunde hatte sie bisher ohnehin noch nie eine Chance.

In Deutschland wird an Angela Merkels offener Flüchtlingspolitik schon lange herumgenörgelt. Einher damit ging der offenbar unaufhaltbare Aufstieg der rechtsnationalen Alternative für Deutschland, die bereits von 20 Prozent bei den Bundestagswahlen träumte. Vorbei. Die AfD fällt seit Monaten zurück und kommt kaum noch auf zehn Prozent.

Was ist da nur passiert? Die Antwort ist nicht wirklich ein Rätsel: Was im November für Rechtspopulisten wie ein Stoss Anabolika in die Muskeln wirkte, nämlich Trumps so unerwarteter Sieg über Umfragen, Medienkonsens und Linksliberale, das zieht sie jetzt plötzlich runter. Mit der Politik der neuen Chaos-Truppe in Washington ist in der europäischen Öffentlichkeit kein Blumentopf zu gewinnen.

Dabei war es damals der unmittelbare Impuls von Geert Wilders, Marine Le Pen und AfD-Chefin Frauke Petry, sich in Trumps Sieg zu sonnen, mit seiner Energie den eigenen Wahlkampf zu zünden. Sie schrieben begeisterte Gratulations-Tweets im Internet. Le Pen besuchte ihn sogar im New Yorker Trump Tower.

Mitgegangen, mitgehangen. Aus dem Vorbild Trump ist ein abschreckendes Beispiel geworden. Aus den Wahlkämpfen ist sein Name verschwunden. Derzeit wollen Le Pen, Wilders und Co. ihm offiziell nur noch in einem Punkt nacheifern: Er triumphierte – trotz schlechter Umfragen.

Eine Tatsache, die auch ihre Kontrahenten vor dem Aufatmen nicht vergessen sollten.

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