Linker Unternehmer unerwünscht
SRF-«Arena» zensiert Juso-Gästeliste

Normalerweise können Parteien wünschen, wen Sie in die Abstimmungs-«Arena» des Schweizer Fernsehens schicken. Ein linker Unternehmer, den die Juso vorgeschlagen hat, darf nun aber nicht auftreten.
Publiziert: 01.09.2021 um 09:23 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2021 um 10:41 Uhr

Es ist schon fast Tradition am Leutschenbach: Vor der Abstimmungs-«Arena» im Schweizer Fernsehen können die Parteien und Komitees Vorschläge machen, wer sie im Studio vertreten soll. Die Redaktion gibt diesen Vorschlägen statt, sofern keine inhaltlichen, journalistischen Einwände bestehen. So auch für die Sendung zur 99-Prozent-Initiative der Juso, die diesen Freitag ausgestrahlt wird.

In der ersten Reihe werden Juso-Präsidentin Ronja Jansen (26) und Grüne-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (61) dafür argumentieren, dass hohe Kapitaleinkommen wie Zinsen oder Dividenden stärker besteuert werden. So hatte es sich das Pro-Lager gewünscht.

Das Frauenduo dürfte allerdings kaum einen Bürgerlichen überzeugen. Als Gast in der zweiten Reihe wünschten sich die Initianten daher den IT-Unternehmer Hannes Gassert (40).

Juso-Präsidentin Ronja Jansen hat keine Freude.
Foto: Keystone
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Arena lehnt Unternehmer ab

Doch das passte nicht ins Konzept. Ein Arena-Mitarbeiter teilte Hannes Gassert am Telefon mit, dass er wohl nicht an der Sendung teilnehmen könne. Gegenüber Blick bestätigt Redaktionsleiterin und «10 vor 10»-Moderatorin Franziska Egli (37) den Entscheid.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, der Gewerbeverband und die Schweizerischen Verbände für Start-ups lehnten die 99-Prozent-Initiative ab, schreibt sie. Der KMU-Verband positioniere sich nicht. «Auf der Pro-Seite einen Unternehmer zuzulassen würde das Bild entsprechend verzerren.»

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Juso-Jansen wütend

Unternehmer Gassert hält den Entscheid für kurzsichtig: «Es gibt nicht die Wirtschaft. Wenn ich als linker Unternehmer nicht über die Initiative sprechen darf, macht es die Debatte zwar klarer, aber bestimmt nicht differenzierter.»

Wütend über die Absage ist Juso-Präsidentin Ronja Jansen. Sie sagt: «Nur weil Economiesuisse gegen die Initiative ist, sind noch lange nicht alle KMU-Vertreter dagegen.» Und: «Wenn man der Logik der ‹Arena› folgt, dürfte auf der Gegenseite kein Lohnabhängiger stehen, weil die Gewerkschaften die Initiative geschlossen unterstützen.»

Start-up-Vertreter für die Initiative

Viele Start-ups fürchten sich vor einer steuerlichen Mehrbelastung, sollte die Bevölkerung der 99-Prozent-Initiative am 26. September zustimmen. Innovationen und Firmenverkäufe würden wegen der Steuern erschwert, argumentieren sie.

Hannes Gassert hat selber mehrere Unternehmen gegründet. Er sagt: «Ich kenne niemanden, der aus Angst vor Steuern darauf verzichtet, ein Start-up zu gründen.»

Zudem schütte kaum ein Start-up derart hohe Dividenden aus, dass es von der Initiative betroffen wäre. Allerdings, räumt auch SP-Mitglied Gassert ein, würden bei einem Firmenverkauf tatsächlich neue Steuern auf die Unternehmer zukommen. Gleichwohl ist er sich sicher: «Das bürgerliche Parlament würde das Gesetz so butterweich ausformulieren, dass bestimmt keine Firma in den Ruin getrieben würde.»

Maurer hat «kä Luscht»

Diese Sichtweise kann Gassert am Freitag allerdings nicht einbringen. An seiner Stelle wird nun Dominic Täubert, der Co-Präsident der Jungen EVP, in der zweiten Reihe Platz nehmen. Als Stimme der Wirtschaft treten andere auf: Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl (58) und Raphael Tobler vom Schweizerischen Start-up-Verband argumentieren in der zweiten Reihe beide gegen die 99-Prozent-Initiative. Und in der ersten Reihe vertreten Mitte-Nationalrätin Brigitte Häberli-Koller (63) und SVP-Nationalrat Marcel Dettling (40) das Nein-Lager.

Froh, dass er nicht ins Studio muss, ist hingegen SVP-Bundesrat Ueli Maurer (70). Er und Moderator Sandro Brotz (51) werden seit Maurers Ausraster in einer früheren Sendung wohl keine Freunde mehr. Bereits letztes Jahr, bei der Abstimmung über die Kinderabzüge, erteilte Maurer der «Arena» – anders als seine Bundesratskollegen – eine Absage. Und auch dieses Mal hat der Finanzminister ganz offensichtlich keine Lust. (til/sf)

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