USR-III-Euphoriker weibelten um Widmer-Schlumpf
Vom Maskottchen zum Sündenbock

Durfte sich Eveline Widmer-Schlumpf zur Unternehmenssteuer äussern? Ja, fanden Wirtschaftsverbände und Bürgerliche – aber nur so lange, wie die alt Bundesrätin noch als Verbündete galt.
Publiziert: 06.03.2017 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 14:08 Uhr
Statt sich für die Ja-Kampagne einspannen zu lassen, übte Ex-Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im BLICK-Interview deutlich Kritik an der Unternehmenssteuerreform III.
Foto: Andy Mettler
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Ruedi Studer

Das 59-Prozent-Nein gegen die Unternehmenssteuerreform III war eine heftige Klatsche für Wirtschaftsverbände und bürgerliche Parteien. Mit einem aufsehenerregenden BLICK-Interview hatte auch alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit ihrer unverblümten Kritik an der Steuerreform ihren Teil zum Nein beigetragen.

Wütende Reaktionen

Von zahlreichen Bürgerlichen wurde die Ex-Magistratin daraufhin gedeckelt. Nicht nur inhaltlich wurde ihre Analyse kritisiert, sondern die Tatsache, dass sie sich in dieser Frage öffentlich zu Wort meldete. 

SVP-Finanzminister Ueli Maurer hielt mit Kritik an seiner Vorgängerin nicht zurück: «Sich als ehemaliges Mitglied der Landesregierung von der Seitenlinie derart prominent in einen Abstimmungskampf einzumischen, ist ein grosser Fehler.»

«Sich als ehemaliges Mitglied der Landesregierung von der Seitenlinie derart prominent in einen Abstimmungskampf einzumischen, ist ein grosser Fehler», befand SVP-Finanzminister Ueli Maurer. «Einen guten Charakter verliert man das ganze Leben lang nicht, einen schlechten offenbar auch nicht», wetterte der Bündner SVP-Nationalrat Heinz Brand. 

Petra Gössi: «Passt nicht zur Schweizer Tradition»

CVP-Chef Gerhard Pfister nannte Widmer-Schlumpfs Einmischung «schlechten Stil». Und FDP-Präsidentin Petra Gössi enervierte sich über die «ungewöhnliche Intervention, die nicht zur Schweizer Tradition passt». 

FDP-Präsidentin Petra Gössi kritisierte die «ungewöhnliche Intervention, die nicht zur Schweizer Tradition passt».

Ja-Lager bemühte sich um Widmer-Schlumpf

Die Onlineplattform Infosperber.ch führt weitere Widmer-Schlumpf-Kritiker an – und schimpft diese schlicht «heuchlerisch». Denn: Die Reform-Befürworter hatten sich zuvor selbst um ein aktives Eingreifen der BDP-Frau in den Abstimmungskampf bemüht, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete.

An einer Strategiesitzung im September 2016 unter der Leitung von Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer hatte nämlich Swissholdings-Chef Christian Stiefel für eine Reaktivierung der «Mutter der Vorlage» plädiert. Diese verfüge beim Stimmvolk über eine hohe Glaubwürdigkeit. «Wir brauchen Eveline Widmer-Schlumpf als Absenderin.»

Zum Sündenbock gestempelt

Zwar kam der Kontakt mit Widmer-Schlumpf zustande, doch die Antwort fiel offensichtlich anders aus als erwartet. Mit Folgen: Statt zum Maskottchen der USR-III-Euphoriker wurde die Ex-Finanzministerin zu deren Sündenbock.

Kurz nach Widmer-Schlumpfs Äusserungen intervenierten übrigens die alt Bundesräte Pascal Couchepin (FDP) und Ruth Metzler (CVP) zugunsten der Steuerreform. Doch in diesen Fällen blieben die Kritiker von Widmer-Schlumpfs «Einmischung» auffällig ruhig.

Kritik an der Kritik der Feuerwehrmänner

Drei Zürcher Feuerwehrmänner weibelten gestern in Uniform gegen die Steuerreform USR III (Blick am Abend berichtete). Die Aktion sorgt jetzt für Kritik. Der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid schreibt auf Twitter: «Politik machen in einer hoheitlichen Uniform mag ich gar nicht.» Natürlich sei dies aber in Zürich mit dem Okay von Stadtrat Richard Wolff von der Alternativen Liste möglich, echauffiert er sich. Schutz und Rettung Zürich distanzierte sich umgehend von der Aktion. Weder Wolff noch Schutz und Rettung Zürich hätten Kenntnis von der Aktion gehabt. Und weiter: «Schutz und Rettung äussert sich nicht zu politischen Abstimmungen.» (nmz)

Der Stadtzürcher Feuerwehr-Gruppenführer Silvio Antonelli (rechts) kämpft gegen die Unternehmenssteuerreform III.
Der Stadtzürcher Feuerwehr-Gruppenführer Silvio Antonelli (rechts) kämpft gegen die Unternehmenssteuerreform III.
Philippe Rossier.

Drei Zürcher Feuerwehrmänner weibelten gestern in Uniform gegen die Steuerreform USR III (Blick am Abend berichtete). Die Aktion sorgt jetzt für Kritik. Der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid schreibt auf Twitter: «Politik machen in einer hoheitlichen Uniform mag ich gar nicht.» Natürlich sei dies aber in Zürich mit dem Okay von Stadtrat Richard Wolff von der Alternativen Liste möglich, echauffiert er sich. Schutz und Rettung Zürich distanzierte sich umgehend von der Aktion. Weder Wolff noch Schutz und Rettung Zürich hätten Kenntnis von der Aktion gehabt. Und weiter: «Schutz und Rettung äussert sich nicht zu politischen Abstimmungen.» (nmz)

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