«Ich finde die Krankenkasse kompliziert»
1:51
Prämienzahler sind gefrustet:«Ich finde die Krankenkasse kompliziert»

Verkehrte Welt bei Krankenkassen
Weil letztes Jahr viele gespart haben, steigen jetzt die Prämien

Ausgerechnet jene, die vergangenes Jahr bei den Prämien sparen wollten, sind mitschuldig am jetzigen Aufschlag. Blick erklärt, was dahinter steckt und welche anderen Ursachen der Prämienhammer hat.
Publiziert: 26.09.2023 um 17:54 Uhr
|
Aktualisiert: 27.09.2023 um 12:06 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_1148.JPG
Sermîn FakiPolitikchefin

Die Prämien steigen schon wieder? Dann wechsle halt! Jahr für Jahr fordern Behörden, Fachleute und Vergleichsportale dazu auf, nach dem Prämienhammer die Krankenkasse zu wechseln. Vor einem Jahr taten das besonders viele. Die Folge davon: Die Krankenkassenprämien steigen jetzt noch stärker an – und zwar für alle!

Nachdem Gesundheitsminister Alain Berset (51) im vergangenen Jahr einen Anstieg von 6,6 Prozent verkündete, fassten sich die wechselfaulen Schweizerinnen und Schweizer ein Herz. Sie suchten sich ein günstigeres Versicherungsmodell oder gleich eine billigere Kasse. 

1,2 Prämienprozentpunkte

Darum nahmen die Krankenkassen deutlich weniger Prämiengelder ein als kalkuliert. Und konnten deshalb die budgetierten Kosten nicht mehr decken. Das muss jetzt kompensiert werden – weswegen die Prämien für 2024 noch stärker steigen. Der Wechsel-Effekt allein macht 1,2 Prämien-Prozentpunkte aus. Hätte also vor einem Jahr niemand die Kasse gewechselt, würde der Prämienanstieg jetzt im Schnitt «nur» 7,5 statt 8,7 Prozent betragen. 

So starken steigen die mittleren Prämien pro Kanton im kommenden Jahr.
Foto: Blick Grafik
1/5

Auch diesen Herbst dürften sich wieder Tausende in eine günstigere Krankenversicherung retten. Aufgrund höherer Mieten, gestiegener Energiepreise und teurerer Produkte in den Läden sind zahlreiche Familien geradezu gezwungen, dem Prämienanstieg mit einem Krankenkassen-Wechsel zu begegnen. Die Folgen für 2024 sind absehbar.

Das sind die Kostentreiber

Wenn in den kommenden zwölf Monaten die Kosten nicht deutlich sinken, wird der Nachfolger von Berset in einem Jahr erneut einen Prämienhammer verkünden. Und danach sieht es aus. Für das Jahr 2024 erwarten die Krankenkassen eine weitere Kostensteigerung von 3,4 Prozent. Das sind die grössten Kostentreiber:

Wir werden älter

Rund ein Drittel des Kostenanstiegs der letzten Jahre ist laut Bundesamt für Gesundheit auf die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen. 

Wir fühlen uns kränker

Gemäss Studien der Krankenkassen haben Schweizerinnen und Schweizer den Eindruck, weniger gesund zu sein als vor Corona. Zwischen März 2020 und 2022 ist der Anteil der Erwachsenen in der Schweiz, der sich als nicht ganz gesund oder krank einschätzt, von 22 auf 35 Prozent gestiegen, wie eine Umfrage im Auftrag des Krankenversicherers CSS kürzlich ergab. Das hat Folgen: So gab es im vergangenen Jahr weniger Versicherte, die nie einen Arzt aufgesucht haben.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Ärzte sind fleissiger

Der Arzt ist wichtiger geworden: Bei ambulanten Spitalleistungen stiegen die Kosten pro Versicherten um 8,5 Prozent, bei Arztpraxen um 5,1 Prozent. Auch bei der Physiotherapie gab es einen Zuwachs. Interessant: Die Anzahl der Arztbesuche ist stabil geblieben – doch die Kosten pro Arztbesuch sind gestiegen. Ärzte verrechnen (und machen?) also mehr als zuvor, wenn sie einen Patienten im Sprechzimmer haben. 

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Wir nehmen mehr und teurere Medikamente

2023 verursacht jeder Versicherte etwa 1000 Franken Medikamentenkosten. Vor acht Jahren waren es noch 750 Franken – ein massives Wachstum. Zu 50 Prozent dafür verantwortlich sind Krebsmedikamente, Präparate, die die Funktion des Immunsystems unterdrücken sowie Diabetesmedikamente. Hier machten in den vergangenen Monaten vor allem die Fettweg-Spritzen Schlagzeilen. Doch auch der Fakt, dass in der Schweiz noch immer viele Originalpräparate abgegeben werden, hat zum Kostenwachstum beigetragen. Ab 2024 wird darum ein höherer Selbstbehalt verlangt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?