FDP verzichtet auf Anzeige
Grünen-Chef Glättli bricht Schweigen zu Nazi-Kleber

Die Kampagnenorganisation Campax verunglimpfte mit einem Aufkleber die FDP und die SVP als Nazis. Im Vorstand der Organisation sitzt der Grünen-Chef Balthasar Glättli. Nun nimmt er Stellung.
Publiziert: 04.08.2023 um 14:38 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 19:40 Uhr

Ein Schaf trägt ein «Fuck Nazis»-Shirt und kickt die FDP sowie die SVP mit den Hufen weg. Weil die Kampagnenorganisation Campax vergangene Woche so zwei demokratisch gewählte Parteien auf einem Aufkleber verunglimpfte, kam es auf Twitter zum Shitstorm.

Campax reagierte und entfernte den Nazivergleich vom Kleber. Die Verunglimpfung war damit beseitigt – aber nicht vergessen. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (60) überlegte sich sogar, Anzeige zu erstatten.

FDP verzichtet auf Strafanzeige

So weit kommt es nun aber doch nicht. Portmann hat seine juristische Möglichkeiten abklären lassen und musste zum Schluss kommen, dass er selber gar nicht anzeigeberechtigt ist. Das wären nur die beiden direkt betroffenen Parteien FDP und SVP.

Nun spricht Grünen-Chef Balthasar Glättli über den Nazi-Kleber.
Foto: Philippe Rossier
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Von dieser Seite aber muss Campax kein juristisches Ungemach befürchten. Die FDP reiche keine Strafanzeige ein, erklärt Parteisekretär Jon Fanzun gegenüber Blick. «Wir erwarten aber eine Entschuldigung von Campax an die Adresse der Opfer des Nationalsozialismus», betont er.

Politiker distanzieren sich

Von der umstrittenen Aktion haben sich auch auf links-grüner Seite zahlreiche Politikerinnen und Politiker distanziert, darunter SP-Nationalrätin Gabriela Suter (50), deren Wahlkampf von Campax unterstützt wird.

Auffallend ruhig verhielt sich hingegen Balthasar Glättli (51). Der Grünen-Präsident ist Vorstandsmitglied von Campax. Bisher schien er sich zum Vorfall nicht äussern zu wollen, doch nun bricht er sein Schweigen bei «20 Minuten».

So erklärt Glättli: «Ich war in den Ferien, als dieser Kleber lanciert wurde, und habe nichts von dieser Aktion gewusst.» Als er davon Wind bekommen habe, sei das Sujet bereits angepasst gewesen. Darauf angesprochen, ob die FDP eine Nazi-Partei sei, findet er klare Worte: «Nein, die FDP ist definitiv keine Nazipartei!»

Aber anstatt sich bei Portmann und allen Verunglimpften zu entschuldigen, äussert er sich lobend über Campax: «Ich wäre froh, wenn jede Organisation bei einem Fehler so schnell und richtig reagieren würde, wie es Campax hier getan hat.»

«Missverständnis»

Mit dieser Reaktion gesteht Glättli ein, dass der Kleber unangebracht war, doch wie eine Versöhnung mit den Bürgerlichen wirkt das nicht – zumal FDP-Portmann explizit eine Entschuldigung gefordert hat und sich Campax nicht dazu durchringen konnte.

Offiziell sprach die Organisation von einem «Missverständnis». Eine Angestellte sagte in den Tamedia-Zeitungen gar: «Von unserer Seite gab es nie einen Nazivergleich.» Man habe nur ein Schaf gezeigt, das sich der zunehmenden Normalisierung von rechtsextremem Gedankengut widersetze.

Solar bei jedem Neubau

Es entsteht sogar der Eindruck, Campax nutze den Aufschrei, den sie selbst provoziert hat, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Grünen-Chef Balthasar Glättli wollte im Interview mit «20 Minuten» hingegen für etwas anderes Aufmerksamkeit erregen: Er kündigte auch an, bei den Parteidelegierten zu beantragen, eine Volksinitiative für eine Solarpflicht zu lancieren. Die Initiative will laut Glättli, dass bei jedem Neubau, aber auch bei jeder grösseren Haussanierung, eine Solaranlage erstellt werden muss. (rba/dba)

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