Walter Schlegel (SVP) ist bislang der politische Gewinner des Bauskandals
Polizeikommandant unter Beobachtung – wegen brutalem Einsatz

Für die BDP ist das aufgeflogene Bündner Baukartell ein weiterer Sargnagel. Sie verliert einen Sitz in der Regierung. Profitieren wird der Erzfeind. Doch auch SVP-Kandidat Walter Schlegel spielt eine unrühmliche Rolle im Skandal.
Publiziert: 01.05.2018 um 13:57 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:15 Uhr
Walter Schlegel, der Polizeikommandant der Kapo Graubünden, hat den Einsatz gegen Whistleblower Adam Quadroni zu verantworten.
Foto: Keystone
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Sermîn Faki

Im Bündnerland geht es drunter und drüber. Nicht einmal vierzig Tage vor den Wahlen hat BDP-Regierungsratskandidat Andreas Felix (53) am Freitag das Handtuch geworfen. Er zog die Konsequenz aus dem Baukartell-Skandal, der Graubünden seit einer Woche erschüttert. Denn Felix steckt als Geschäftsführer des Bündner Baumeisterverbandes mittendrin im Skandal.

Am Montag musste seine Partei nun mitteilen, dass sie keinen Ersatzkandidaten gefunden hat. Damit ist klar: Die BDP wird ihren zweiten Sitz in der Bündner Regierung definitiv verlieren. Ein herber Schlag für die Kleinpartei.

Der Erzfeind wird profitieren

Und es kommt noch schlimmer: Profitieren könnte ausgerechnet die SVP. Sie hat den Bündner Polizeikommandanten Walter Schlegel (56) für den Regierungsrat nominiert. Nach Felix' Rückzug dürfte er den Sitz holen. In den Leserbriefspalten wird dieser Tage ordentlich für Schlegel geweibelt.

Dabei ist auch er in den Skandal verwickelt. Nicht in die geheimen Preisabsprachen. Doch unter Schlegels Ägide wurde der Whistleblower Adam Quadroni (48), der das Kartell auffliegen liess, im letzten Herbst verhaftet – auf eine Art, die man nur bei gemeingefährlichen Gewalttätern und Terroristen erwarten würde.

Geschlagen, getreten, gedemütigt

Gemäss Quadronis Aussagen im Online-Magazin «Republik» wurde der Whistleblower ohne Vorwarnung von schwer bewaffneten Spezialeinsatzkräften in Kampfmontur überwältigt. Geschlagen, getreten, an den Haaren gezogen, zu Boden gedrückt. Die Handgelenkte mit Kabelbindern gefesselt, die Augen verbunden wurde er auf den Polizeiposten in Scuol GR gebracht. Dort musste er sich nackt ausziehen. Er wurde in einen schmutzigen, stinkenden Trainingsanzug gesteckt.

Als Quadroni später vom pensionierten Bezirksarzt untersucht wird, stellt dieser Schürfungen, Hämatome und eine geplatzte Unterlippe fest – ohne das zu notieren. Gemäss Quadroni hat der Arzt ihn zudem unter Druck gesetzt, anzugeben, die Verletzungen stammten aus einem Streit mit seiner Frau. Der Bezirksarzt weist Quadroni in die Psychatrie ein – dieser sei selbstmordgefährdet. Wiederum gefesselt und mit verbundenen Augen wird er von der Polizei dorthin überführt. Und nach vier Tagen entlassen. Weil nichts dran war an der Suizidgefährdung.

Politiker fordern Untersuchung

Polizeibrutalität, Demütigung, Druckversuche – alles geschah unter der Verantwortlichkeit des Polizeikommandanten Schlegel, der nun in die Bündner Regierung will. Selbst der Bündner Justizdirektor Christian Rathgeb (48, FDP) spricht von «erheblichen Vorwürfen».

Der Bündner SP-Präsident Philipp Wilhelm (29) fordert deshalb, dass das Eingreifen der Polizei untersucht werden müsse. «Die Kantonspolizei spielt bei der Verhaftung von Herrn Quadroni eine sehr fragwürdige Rolle, der man jetzt nachgehen muss», sagte er der Zeitung «Südostschweiz». Das meint auch BDP-Präsident Martin Landolt (49) im SonntagsBlick. «Wenn das so stattgefunden hat, wie es jetzt beschrieben wird, dann muss man die Arbeit der Polizei dringend hinterfragen.»

Für Schlegel sind Konsequenzen unwahrscheinlich

Als das rätoromanische Fernsehen RTR Schlegel fragte, ob Quadronis Verhaftung korrekt verlaufen sei, lächelte dieser verlegen und sagte, das sei Gegenstand der Abklärungen. Dem «Bündner Tagblatt» versprach er: «Wir klären alle gemachten Vorwürfe intern ab. Von A bis Z.» Über Ergebnisse werde die Kantonspolizei informieren. «Das wird zirka in einem Monat, aber in jedem Fall noch vor den Sommerferien geschehen», so Schlegel gegenüber der Zeitung.

Dann könnte er selbst schon Regierungsrat sein – im Bergkanton, in dem auch das Baukartell jahrelang niemandem aufgefallen sein soll.

Am Dienstag hat die Bündner Regierung angekündigt, den Baukartell-Skandal von externen Experten untersuchen zu lassen. Dem Polizeieinsatz wird sich der ehemalige Zürcher Oberstaatsanwalt Andreas Brunner annehmen.

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