Wegen 
Erdogan-kritischer Tweets
Polizei warnt Nationalrat von Türkei-Trip

BDP-Parlamentarier Bernhard Guhl kritisiert die türkische Regierung scharf. Nun bleibt er dem Land fern.
Publiziert: 13.07.2019 um 23:15 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:07 Uhr
Bernhard Guhls Arbeitgeber betreibt in der Türkei eine Fabrik. Dort wird der BDP-Nationalrat aber so bald nicht mehr auftauchen.
Foto: Keystone
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Simon Marti

Viele türkischstämmige Menschen reisen nicht von der Schweiz aus in die Türkei. Aus Angst, dass ihnen die Einreise verweigert werde oder – schlimmer – dass sie das Land nicht verlassen können. Nun zeigt sich, dass der Trip an den Bosporus sogar für Schweizer Politiker heikel sein kann.

Betroffen ist BDP-Nationalrat Bernhard Guhl (47). Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) hat dem Parlamentarier abgeraten, in der Türkei seinem Job nachzugehen.

Familiär hat Guhl mit der Türkei nichts zu tun. Beruflich aber weilte der Elektroingenieur in der Vergangenheit öfter im Land, sein Arbeitgeber Siemens betreibt in der Industriestadt Gebze südöstlich von Istanbul eine Fabrik.

Guhl prangerte die Tötung von Zivilisten an

Guhls «Vergehen»: Er hat sich mehrfach kritisch zur Politik von Staatschef Recep Tayyip Erdogan (65) geäussert. Als Anfang 2018 die türkische Armee in Nordsyrien Richtung Afrin marschierte, prangerte der BDPler auf Twitter die Tötung von Zivilisten an und bezeichnete die Operation als Bruch des Völkerrechts.

Auch im Parlament thematisierte Guhl die Kämpfe, wollte etwa vom Bundesrat per Vorstoss wissen, ob Massnahmen gegen «die Verursacher» der Völkerrechtsverletzungen ergriffen würden.

In der Folge wurde der Nationalrat bei den türkischen Behörden angeschwärzt. Beim türkischen Ableger von Siemens sind ebenfalls Meldungen eingegangen. Guhl betont, Beruf und Politik strikt zu trennen.

Bundesamt für Polizei rät von Türkeireise ab

Verunsichert wandte sich Guhl Ende März 2018 an das Bundesamt für Polizei. Dieses riet ihm damals, «eine Reise in die Türkei sicher zu vermeiden». Zudem wurde Guhl per E-Mail empfohlen, «im Moment Twitter-Meldungen in Bezug auf die betroffene Thematik zu unterlassen oder wenn nötig gut zu überdenken». Sollte er tatsächlich bei der türkischen Polizei gemeldet sein, stelle dies kein Problem dar, wenn er dem Land fernbleibe.

Guhl hält sich bis heute an die Empfehlungen und verzichtet auf Besuche in der türkischen Fabrik. Zu unsicher ist ihm die Lage. «Derzeit bin ich froh, dass ich nicht dorthin muss», sagt er.

Einen Maulkorb lasse er sich aber nicht verpassen. Nach Istanbul allerdings wird der Aargauer vorläufig nicht mehr fliegen.

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