Wegen Ramstein-Treffen
Ramstein-Treffen: Selenski rechnet mit historischer Woche

Mit Blick auf das bevorstehende Treffen der Ukraine-Partner in Ramstein erwartet der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski eine historische Woche.
Publiziert: 06:57 Uhr
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Aktualisiert: 11:29 Uhr
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski.
Foto: Efrem Lukatsky
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Sowohl die Ukraine als auch die USA und weitere Partner bereiteten für dieses Treffen am 12. Oktober «bedeutende Entscheidungen» vor, berichtete Selenski in seinem abendlichen Videobeitrag. «Diese Woche kann positiv für unsere Verteidigung sein, für unsere Vision, wie der Krieg enden soll.»

Er gehe davon aus, dass die Zusammenkunft auf Einladung von US-Präsident Joe Biden auf dem amerikanischen Stützpunkt in Rheinland-Pfalz «in vielerlei Hinsicht historisch» sein werde, sagte Selenski. Ziel sei, der Ukraine einen dauerhaften Frieden und Sicherheit zu garantieren. «Dies ist nur auf der Grundlage des Völkerrechts und ohne jeglichen Handel mit Souveränität oder Handel mit Territorien möglich», sagte er.

Kurz zuvor hatte die «Financial Times» über einen möglichen Friedensschluss mit einem Handel «Land gegen Nato-Mitgliedschaft» spekuliert. Demnach würde Russland seine Truppen weiter in den besetzten Gebieten belassen, die Lösung dieser Frage würde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Die Ukraine würde wiederum eine sofortige Mitgliedschaft in der Nato erhalten, mit einer begrenzten Beistandsklausel. Das Blatt unterstrich jedoch, dass eine Zustimmung von Selenski oder Kremlchef Wladimir Putin kaum zu erwarten sei.

«Drohnen allein reichen nicht aus»

Selenski verwies darauf, dass auch die ukrainischen Soldaten an der Front ihren Beitrag zu dem Treffen in Ramstein leisteten. «Das heisst, sie demonstrieren, was Ukrainer tun können, wenn sie genügend Waffen und genügend Reichweite haben», sagte er und hob vor allem den Einsatz der Drohnen-Truppe hervor.

Jede zerstörte russische Militärbasis, jeder zerstörte russische Flugplatz, jedes zerstörte Lagerhaus mit Bomben bedeute die Rettung ukrainischer Leben und eine «echte Unterstützung» für die Front. Allerdings wolle die Ukraine ihre Partner davon überzeugen, «dass Drohnen allein nicht ausreichen». Damit deutete er an, dass Kiew weiter um eine Erlaubnis zum Einsatz weitreichender Waffen aus westlichen Lieferungen gegen militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet bitten wolle. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zweieinhalb Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.

Russische Drohnenschwärme überziehen Ukraine

Russlands Militär überzog am späten Abend erneut Teile der Ukraine mit Schwärmen von Kampfdrohnen. Attacken von Shaheds wurden aus Sumy, Charkiw und Tschernyhyw sowie aus Cherson gemeldet, wo auch die Flugabwehr in Aktion trat. In der südukrainischen Stadt Cherson wurde ein Mann beim Einschlag einer Drohne getötet, berichtete die regionale Militärverwaltung. Bei einem weiteren Drohneneinschlag seien vier Personen verletzt worden.

Die russischen Truppen bereiten sich unterdessen nach dem Dafürhalten der ukrainischen Militärführung auf einen baldigen Angriff in Richtung der Grossstadt Saporischschja vor. Mit diesem Vorstoss sollten unter anderem die Versorgungslinien in die östlichen Verteidigungsabschnitte rund um den Donbass gekappt werden, mutmasste der für die Region zuständige Militärvertreter Wladislaw Woloschin im Fernsehen.

Weitere Dörfer und Siedlungen erobert

«Dass die Lage dort sehr schwierig ist, zeigt allein die Tatsache, dass der sogenannte Gegenbatterie-Krieg wie auch der Beschuss unserer Stellungen sowie die Angriffe auf unsere Linien fortdauern», sagte er. Mit Gegenbatterie-Krieg ist der Artilleriebeschuss erkannter gegnerischer Artilleriestellungen gemeint. Zudem gebe es an diesem südlich von Saporischschja gelegenen Frontabschnitt heftige Luft- und Raketenangriffe. «Die Lage dort ist ziemlich turbulent.»

Russische Einheiten haben zuletzt rund um den Donbass im Osten der Ukraine weitere Dörfer und Siedlungen erobert. Moskau hat die besetzten Gebiete in der Ukraine völkerrechtswidrig annektiert und in das Staatsgebiet Russlands integriert, kontrolliert diese Regionen aber nicht vollständig innerhalb der Verwaltungsgrenzen.

In der Region Saporischschja haben russische Truppen den Süden des Gebiets mit dem gleichnamigen Atomkraftwerk besetzt, nicht aber die Grossstadt selbst.

Keine Atempause bei russischen Angriffen bis Jahresende

Nach den Gebietseroberungen der vergangenen Wochen dürften die russischen Truppen nach Meinung eines ukrainischen Militärexperten auch in den kommenden Wochen ihre Angriffe fortsetzen. «Wir sollten vor dem Winter nicht damit rechnen, dass der Feind stehen bleibt und diese zahlreichen Infanterieangriffe aufhören», sagte Olexander Musijenko, Leiter des Zentrums für Militärrechtliche Studien in Kiew.

Nach der Eroberung von Wuhledar werde sich das russische Militär nun sicherlich in Richtung Kurachowe orientieren, zugleich auch gegen Pokrowsk und Kupjansk. «Eine Verlangsamung der feindlichen Offensiven vor dem Winter ist nicht zu erwarten», sagte der Militärexperte. Grösster Pluspunkt des russischen Militärs sei aktuell die Infanterie, die in pausenlosen Wellen und unter hohen Verlusten gegen die ukrainischen Linien anstürme.

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