Wer wird neuer SVP-Präsident?
Kronfavorit Dettling meldet Interesse für Chiesa-Nachfolge an

SVP-Präsident Marco Chiesa stellt sich zum Ende seiner ordentlichen Amtszeit im März 2024 nicht zur Wiederwahl. Nun beginnt die Suche nach einer Nachfolge.
Publiziert: 28.12.2023 um 10:13 Uhr
|
Aktualisiert: 28.12.2023 um 17:39 Uhr

«Ich hatte einen Auftrag. Und der ist erfüllt», kündigt Marco Chiesa (49) seinen Rücktritts als SVP-Parteipräsident an. «Das Ziel meiner Amtszeit war, die Wahlen zu gewinnen und die Politik und die Werte der SVP zu stärken.» Das sei gelungen, so der Tessiner. Im kommenden Frühjahr wird er sich nicht zur Wiederwahl stellen, jemand soll anders das Zepter in die Hand nehmen. Nur: Wer könnte übernehmen?

Noch hat niemand offiziell seine Kandidatur angemeldet, die Findungskommission der SVP hat aber ihre Arbeit bereits aufgenommen. Und doch gibt es schon erste Interessenten.

Der grosse Favorit

Marcel Dettling (42) gilt als Kronfavorit. Der Nationalrat und Landwirt aus Oberiberg SZ hat die SVP als Wahlkampfleiter bei den nationalen Wahlen zum Erfolg geführt und engagiert sich als einer von drei Vizepräsidenten auch sonst stark für die Partei. Es gibt innerhalb der Partei Stimmen, die sagen, Dettling habe de facto bereits heute die Partei geführt. Er galt bereits vor vier Jahren für die Nachfolge von Albert Rösti (56) als Top-Favorit, sagte aber schliesslich ab. Nun sagt er zu Blick: «Es ist ein spannender Job, ich bin interessiert und werde mir eine Kandidatur gut überlegen.» Im Gegensatz zu vor vier Jahren könne er nun besser abschätzen, was ein solches Amt mit sich bringe – tatsächlich hat er in den letzten Jahren Erfahrungen als Vizepräsident und insbesondere als Wahlkampfleiter gesammelt. Der Parteileitungsausschuss sei ein tolles Team. «Alle ziehen voll am Karren mit, das hat man bei den Wahlen gesehen.» Auch seine Kinder seien nun etwas älter, so Dettling. «Ich werde es nun mit meiner Familie und Freunden besprechen und dann entscheiden.»

Hat genug: Der Tessiner Marco Chiesa tritt nach gut dreieinhalb Jahren an der Spitze der grössten Partei des Landes ab.
Foto: keystone-sda.ch
1/8

Sie überlegen noch

  • Céline Amaudruz (44): Sie ist Vermögensverwalterin, Nationalrätin, Präsidentin der Genfer SVP und Vizepräsidentin der SVP Schweiz – und seit diesem Jahr auch Mutter. Auch ihr werden gute Chancen eingeräumt, sollte sie sich für das Präsidium interessieren. Und sie weiss, wie man es schafft, Vakanzen zu füllen: So begleitete Amaudruz 2015 die Bundesratskampagne von Guy Parmelin (64). Wenig später war Parmelin Bundesrat. Gegenüber Blick sagt sie, sie müsse sich noch überlegen, ob sie antrete.
  • Mike Egger (31): Der St. Galler Nationalrat kann sich eine Kandidatur fürs Präsidium vorstellen, wie er «20 Minuten» gesagt hat. Er halte dies für eine spannende und anspruchsvolle Aufgabe, die einen grossen Reiz habe. Er werde sich darum ganz nach dem Motto «Sag niemals nie» in der nächsten Zeit ernsthafte Gedanken darüber machen.
  • Esther Friedli (46): Die Ständerätin aus dem Kanton St. Gallen brächte gute Voraussetzungen mit, um das Parteipräsidium zu übernehmen. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob sie dies auch möchte. Ihr Partner Toni Brunner (49) hatte zwischen 2008 und 2016 den anspruchsvollen Job innegehabt. Sie weiss also, was auf sie zukommen würde. Zudem werden Friedli eher Bundesratsambitionen nachgesagt.
  • Franz Grüter (60): Auch der Luzerner Nationalrat und IT-Unternehmer bringt sich ins Spiel. Zu «20 Minuten» sagte er: «Wenn ich angefragt werde, würde ich mir sicher Gedanken machen.» Nicht ohne jedoch zu betonen, dass die Position des Parteipräsidenten eine anspruchsvolle Aufgabe sei. Grüter ist Mitglied der Parteileitung und des Parteileitungsausschusses.

  • Sandra Sollberger (50): Die Baselbieter Unternehmerin sitzt seit acht Jahren im Nationalrat und gehört ebenfalls dem Parteileitungsausschuss an. Auch sie würde das Präsidium nicht ausschliessen. Auf Anfrage von «20 Minuten» sagt Sollberger, sie habe bereits Anrufe, sowohl aus der Partei als auch von ausserhalb erhalten. Sie werde sich jetzt ernsthaft Gedanken machen. Zwar sei das Jahr 2023 mit zwei Wahlkämpfen anstrengend gewesen, aber Herausforderungen reize sie grundsätzlich – auch weil ihre Kinder nun älter seien.

  • Martina Bircher (39): Die Aargauer Gesundheitspolitikerin sitzt seit vier Jahren im Nationalrat. Für sie sei Chiesas Rücktritt sehr unerwartet gekommen, deshalb habe sie sich noch keine Gedanken in der Sache gemacht, sagt sie Blick. Schon beim Rücktritt von Albert Rösti wurde sie als Kandidatin gehandelt, verzichtete aber aus familiären Gründen. Bircher hat einen fünfjährigen Sohn.

  • Lars Guggisberg (46): Der Berner Nationalrat und Direktor des Gewerbeverbands der Berner KMU zeigte sich ebenfalls interessiert am Amt. «Ich kann mir das absolut vorstellen und werde in den nächsten Tagen Gespräche führen mit meinem beruflichen und privaten Umfeld», sagte Guggisberg der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

  • Thomas Matter (57): Ebenfalls im Parteileitungsausschuss sitzt Thomas Matter. «Wir sind glücklichen Lage, dass die SVP mehrere fähige Kandidaten hat, die das Amt übernehmen können», sagt er Blick. «Natürliche mache ich mir über eine mögliche Kandidatur Gedanken, ich bin aber auch mit Herzblut Unternehmer, was einen erheblichen Zeitaufwand mit sich bringt.» Matter ist Mitgründer und Verwaltungsratspräsident der Helvetischen Bank.

Sie wollen nicht

  • Thomas Aeschi (44): Der Zuger Nationalrat gehört zu den einflussreichsten SVP-Politikern im Parlament. Eben wurde er für zwei weitere Jahre als Fraktionspräsident der SVP bestätigt. 2015 wurde Aeschi zudem offiziell als Bundesratskandidat aufgestellt, das Rennen gemacht hat allerdings Guy Parmelin. Auf Anfrage von Blick sagte Aeschi, er sei Teil der Findungskommission für die Chiesa-Nachfolge und wolle das weithin bleiben. «Wir haben eine breite und gute Auswahl an möglichen Kandidierenden», so Aeschi.
  • Christian Imark (41): Der Familienvater ist Präsident der SVP Kanton Solothurn und wurde 2015 in den Nationalrat gewählt. Nebenbei hat er ein KMU im Bereich Events/Zeltvermietung aufgebaut. Imark gilt als rhetorischer Hardliner, der nicht selten deutliche Worte wählt. In seiner Partei kommt das nicht nur schlecht an. Und wer als künftiger Parteipräsident künftig den Ton angeben will, fährt keinen Kuschelkurs. Dass er auch anders kann, zeigt seine Absage: «Ich habe soeben meinen Kindern beim Spielen zugeschaut, das möchte ich in Zukunft auch noch können», sagt er Blick bezüglich seiner abschlägigen Antwort.
  • Jean Luc Addor (59): Der Walliser Nationalrat hat sich für eine mögliche Kandidatur bereits aus dem Rennen gezogen. Das Präsidium einer Schweizer Partei sei eine Verrücktheit, sagte Addor. Er bevorzuge es, Milizpolitiker zu bleiben. Zudem sehe er als nächstes eher eine Person aus der Deutschschweiz an der Spitze der SVP.

  • Benjamin Fischer (32): Auch der Zürcher Nationalrat sagte für eine Kandidatur ab. Er habe drei kleine Kinder und sei zufrieden mit seinem Beruf. Es gebe genügend andere hervorragende Kandidaten, so Fischer. Der 32-Jährige ist Betriebsökonom beim Versicherer Swiss Life.

  • Manuel Strupler (43): Der Thurgauer Nationalrat, der ein Gartenunternehmen führt, sagte Keystone-SDA, dass das Amt zwar eine spannende, aber auch riesige Aufgabe sei. «Mit Kindern und einer Firma wäre das eine Herausforderung», so Strupler. Es gebe bereits sehr viele gute Kandidaten.

Abhängig von der Strategie der SVP kommen auch weitere Kandidatinnen und Kandidaten infrage. Mögliche Nachfolger können sich bis zum 19. Januar 2024 melden. Die Delegierten der SVP Schweiz wählen die neue Präsidentin oder den neuen Präsidenten schliesslich an ihrer ordentlichen Versammlung am 23. März 2024 in Bern.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?