«Wir haben uns getäuscht»
SP will Armee plötzlich doch nicht mehr abrüsten

Die SP will bei ihrer Sicherheitspolitik über die Bücher. Die russische Invasion in der Ukraine bringt die Sozialdemokraten zum Umdenken. Abrüstung ist nun doch keine Option mehr – mit einer Ausnahme.
Publiziert: 28.02.2022 um 01:29 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2022 um 09:32 Uhr

Die Solothurner SP-Nationalrätin Franziska Roth (55) zeigt sich entwaffnend offen. «Ich gebe zu: Wir haben uns getäuscht, als wir behauptet haben, dass territoriale Angriffskriege kein realistisches Szenario seien», räumt sie gegenüber dem «Nebelspalter» (Bezahlartikel) ein. «Die Realität sieht leider anders aus», sagt Roth mit Verweis auf die russische Invasion in die Ukraine.

Die SP-Sicherheitspolitiker würden sich am 9. März beraten, wie in den kommenden Sitzungen der sicherheitspolitischen Kommission (SiK) der Armeeauftrag künftig anzupassen sei. Das Ziel: Das Szenario des «territorialen Angriffskrieges» sei wieder stärker zu gewichten. Panzer, Schützenpanzer und Artillerie dürften nicht abgerüstet werden.

Abrüstung sei keine Option mehr

«Ich bin zum Schluss gekommen, dass die Abrüstung der konventionellen militärischen Kampfmittel wie Artillerie und Panzer momentan keine Option mehr darstellt», so Roth weiter. Das sei mit den anderen SiK-Mitgliedern der SP abgesprochen. «Wir werden den sicherheitspolitischen Bericht anpassen müssen.»

«Wir haben uns getäuscht, als wir behauptet haben, dass territoriale Angriffskriege kein realistisches Szenario seien», sagt SP-Nationalrätin Franziska Roth.
Foto: Keystone
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Noch bis vor kurzem hatte Links-Grün regelmässig betont: «Wir werden die 438 Millionen Franken für die Schützenpanzer 2000 ablehnen. Für den Werterhalt einer so grossen Anzahl Schützenpanzer gibt es keine plausiblen Szenarien. Die Zeit von Panzerschlachten und Bewegungskriegen ist vorbei.» Doch der Krieg in der Ukraine beweist nun das Gegenteil.

Noch wichtiger aber seien Sanktionen

Gleichzeitig dürften jedoch Szenarien wie Cyber-Angriffe oder Terrorismus nicht vernachlässigt werden. «Aber solange irgendwelche Diktatoren tatsächlich ihre Mittel benutzen, um konventionelle Angriffskriege in Europa zu führen, wäre es ein falsches Zeichen, unsere Kampfmittel abzurüsten», so Roth weiter.

Noch wichtiger sei derzeit aber, dass der Bundesrat die Sanktionen der EU gegenüber Russland vollständig übernehme. «Denn man muss sich auch vor Augen halten, dass das Sperren der Bankkonten und Einfrieren der Vermögenswerte, zehn Mal mehr zur Sicherheit der Schweiz und Europas beiträgt, als am Rhein mit Schützenpanzern auf russische Angriffe zu warten.»

Immer noch gegen US-Kampfjet

Auf ihren Kampf gegen den neuen Schweizer Kampfjet aber wollen die Sozialdemokraten dennoch nicht verzichten. Die Initiative «Stop F-35» werde weiter unterstützt. Ich bin überzeugt, dass die Luftwaffe neue Kampfjets braucht. Aber der amerikanische F-35 ist definitiv das falsche Flugzeug», begründet Roth. Es sei nicht Aufgabe der Schweiz, die Nato-Aussengrenzen zu verteidigen.

Zu ganz anderen Schlüssen kommt FDP-Präsident Thierry Burkart (46). Via Twitter fordert er die Initianten auf, die Unterschriftensammlung für die Stop-F-35-Initiative abzubrechen. «Die Argumentation, es gäbe keinen konventionellen Krieg mehr in Europa, ist offensichtlich falsch», argumentiert er. «Die Schweiz braucht mehr Sicherheit, nicht weniger!» (dba)

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