50 Jahre Frauenwahlrecht – wars das?
Und ewig grüsst die Gleichstellung

Auch 50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts bleibt die Gleichberechtigung ein brisantes Thema. Der Bund arbeitet an einer Gleichstellungsstrategie, erntet dafür aber Kritik.
Publiziert: 07.02.2021 um 12:05 Uhr
|
Aktualisiert: 28.04.2021 um 17:00 Uhr
SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (30) vermisst in der Schweizer Gleichstellungspolitik Lösungen zur Situation der Frauen, die in schlecht bezahlten Berufen wie Pflege oder Kinderbetreuung tätig sind oder viel Familienarbeit leisten.
Foto: keystone-sda.ch
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Eliane Eisenring

Im Februar 2020 kündigte der Bundesrat die «nationale Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2020–2023» an. Der geplante Veröffentlichungstermin sollte an Meilensteine der Frauenrechte in der Schweiz erinnern: Einführung des Frauenstimmrechts 1971, Annahme des Gleichstellungsartikels 1981, neue Gleichstellungsstrategie 2021. Bis heute steht allerdings nur ein Entwurf. Und der findet wenig Anklang.

Verantwortlich ist das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann, geleitet von Sylvie Durrer (61). Bisher fristete die Behörde im Innendepartement eher ein Mauerblümchendasein – die neue Gleichstellungsstrategie sollte ihr mehr Aufmerksamkeit bescheren.

50 Jahre Schneckentempo – der EqualVoice-Talk

Die Einführung des Frauenstimmrechts ist 50 Jahre her. Wo stehen wir heute in Sachen Gleichberechtigung? Darüber diskutiert BLICK am Sonntag, 7. Februar, um 18 Uhr mit Gästen und Publikum auf der neuen Chat-App Clubouse.

Die Debatte wird von Sermîn Faki, Ressortleiterin Politik, moderiert.

Gäste:

  • Carolina Müller-Möhl, Unternehmerin

  • Michael Moersch, Chief Digital Officer Ringier Axel Springer Schweiz
  • Nina Siegrist, Co-Chefredaktorin «Schweizer Illustrierte»
  • Katia Murmann, Chefredaktorin Digital Blick-Gruppe
  • Annabella Bassler, Ringier-Finanzchefin
  • Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe
  • Thomas Benkö, stv. Chefredaktor Blick.ch
  • Sophie Achermann, Geschäftsführerin alliance F

Alle sind herzlich eingeladen, auf Clubhouse mitzumachen. Diskutieren Sie mit!

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https://www.joinclubhouse.com/event/PYGpb5Xz

Wenn Sie die App wollen, aber noch keinen Einladungslink haben: Fragen Sie Kollegen*innen auf Social Media! BLICK hat momentan leider keine Invites mehr zu vergeben.

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Doch es harzt. Wie SonntagsBlick erfuhr, wurde das Papier mittlerweile in «Gleichstellungsstrategie 2030» umbenannt. Im November hatte das Gleichstellungsbüro Verbände und Organisationen zum Gedankenaustausch eingeladen – dabei setzte es viel Kritik.

«Ambitionslos», «voriges Jahrhundert»

Im Mittelpunkt der Strategie stehen drei Bereiche: das Erwerbsleben, insbesondere Lohngleichheit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und schliesslich – von niemandem bestritten – die Bekämpfung von Sexismus und Gewalt. Der Entwurf, der SonntagsBlick vorliegt, formuliert unter anderem das Ziel, dass «Frauen und Männer einer bezahlten Arbeit bei ausreichend hohem Beschäftigungsgrad nachgehen» und gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, sollen «ausreichende, qualitativ gute und bezahlbare familienergänzende Betreuungsangebote» zur Verfügung stehen.

Huscheli war gestern, Frau ist heute
1:40
Tamara Funiciello im BLICK:«Das sind wir den Frauen schuldig»

Kein Wunder, dass es nach dem Novembertreffen hiess, die Strategie sei «ambitionslos», schlimmer noch: «voriges Jahrhundert». Einer der Kritikpunkte war, dass die sogenannte Care-Arbeit im Bericht des Gleichstellungsbüros unerwähnt bleibt. Der etwas sperrige Begriff steht für bezahlte oder unbezahlte Betreuungs-, Pflege- und Hausarbeit mit Kindern und Pflegebedürftigen. Ein weiterer Vorwurf lautete, die Strategie sei viel weniger auf die Bedürfnisse der Familien ausgerichtet als auf die Interessen der Wirtschaft. Ein zentraler Punkt im Papier ist schliesslich der «hohe Beschäftigungsgrad» beider Geschlechter.

Formulierungen verraten ein «traditionelles Weltbild»

Tatsächlich betonen die Autoren die Notwendigkeit, Frauen wie Männer in den Arbeitsmarkt zu integrieren; eine gerechte Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung wird aber nirgendwo erwähnt. Auffällig auch: Die Formulierung «Gleichstellung von Frauen und Männern» verrät ein traditionelles Weltbild, in dem es nur Frauen und Männer gibt – andere Formen von Geschlechtsidentität werden ausgeschlossen.

50 Jahre Frauenstimmrecht

Heute vor genau 50 Jahren, am 7. Februar 1971, wurde in der Schweiz zum zweiten Mal über das Frauenstimmrecht abgestimmt. Diesmal wurde die Vorlage mit 65,7 Prozent der Stimmen angenommen. Von da an konnten sich die Schweizerinnen am politischen Geschehen beteiligen und hielten auch bald Einzug ins Bundeshaus: Im Dezember 1971 zogen die ersten elf Frauen ins Parlament ein, 1984 wurde Elisabeth Kopp zur ersten Bundesrätin gewählt. Und auch in Abstimmungen machten Frauen fortan einen Unterschied: Elfmal setzten sie in den vergangenen
50 Jahren ihren Willen gegen den der Schweizer Männer durch.

So sorgten sie 1985 für die Annahme des neuen Ehe- und Erbrechts. Zuletzt verhinderten sie 2014 die Beschaffung des Gripen. Trotz allem wird es heute Sonntag still sein. Die geplante Jubiliäumsfeier wurde wegen der Pandemie auf den 2. September verschoben. Rund 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind ins Bundeshaus geladen. Schon für den 14. Juni planen Aktivistinnen aus der ganzen Schweiz eine Neuauflage des Frauenstreiks.

Am 7. Februar 1971 stimmten Männer über die Einführung des eidgenössischen Frauenstimmrechts ab.

Heute vor genau 50 Jahren, am 7. Februar 1971, wurde in der Schweiz zum zweiten Mal über das Frauenstimmrecht abgestimmt. Diesmal wurde die Vorlage mit 65,7 Prozent der Stimmen angenommen. Von da an konnten sich die Schweizerinnen am politischen Geschehen beteiligen und hielten auch bald Einzug ins Bundeshaus: Im Dezember 1971 zogen die ersten elf Frauen ins Parlament ein, 1984 wurde Elisabeth Kopp zur ersten Bundesrätin gewählt. Und auch in Abstimmungen machten Frauen fortan einen Unterschied: Elfmal setzten sie in den vergangenen
50 Jahren ihren Willen gegen den der Schweizer Männer durch.

So sorgten sie 1985 für die Annahme des neuen Ehe- und Erbrechts. Zuletzt verhinderten sie 2014 die Beschaffung des Gripen. Trotz allem wird es heute Sonntag still sein. Die geplante Jubiliäumsfeier wurde wegen der Pandemie auf den 2. September verschoben. Rund 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind ins Bundeshaus geladen. Schon für den 14. Juni planen Aktivistinnen aus der ganzen Schweiz eine Neuauflage des Frauenstreiks.

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Die Auseinandersetzung über die Strategie spiegelt bekannte Positionen in der Schweizer Gleichstellungspolitik. Markus Theunert (48) zum Beispiel, Leiter von männer.ch und des nationalen Programms Mencare Schweiz, sagt: «Was wir schon ewig fordern, ist eine männerspezifische Teilstrategie. Nur Frauen verstärkt in die Arbeitswelt zu integrieren, reicht nicht. Dann sind diese am Ende bloss doppelt belastet.» Stattdessen müsse man die Rolle von Jungen, Männern und Vätern in der Hausarbeit und der Kinderbetreuung stärken. Nur so erreiche man eine gerechte Aufteilung von Erwerbs- und Nichterwerbsarbeit – gerecht, das heisst 50:50. Es müssten also nicht nur Frauen mehr bezahlte Arbeit leisten können, sondern Männer auch mehr unbezahlte.

Funiciello vermisst Lösungen für Frauen in Care-Berufen

Kritik übt auch SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (30). Sie vermisst in der Schweizer Gleichstellungspolitik seit jeher Lösungen zur Situation jener Frauen, die in schlecht bezahlten Berufen wie Pflege oder Kinderbetreuung tätig sind oder viel Familienarbeit leisten.

Das Büro für Gleichstellung weist auf Anfrage darauf hin, dass die Strategie noch in der Erarbeitungsphase sei. Rückmeldungen seien erwünscht und man schätze das «Know-how» der in der Gleichstellung aktiven Organisationen. Fragt sich, warum diese nicht von Anfang an in die Strategieentwicklung eingebunden wurden, sondern erst im Nachhinein Vorschläge bringen durften. Wie stark die Kritik in die Strategie eingearbeitet wurde, ist noch unklar: Aktuell wird eine angepasste Version bundesintern diskutiert. Bis Jahresmitte soll sie dem Bundesrat vorgelegt werden.

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