«Ich fühle mich betrogen!»
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Massenkündigung in Kriens LU:«Ich fühle mich betrogen!»

94 Mieter in Kriens rausgeschmissen, weil man erdbebensicher bauen müsse
Diese Begründung wackelt gewaltig!

In Kriens LU müssen 94 Mietparteien raus aus ihren Wohnungen. Die Eigentümerin der Wohnblöcke, Previs, die Pensionskasse der Berner Gemeinden, will die Gebäude sanieren – unter anderem, weil die Häuser heute nicht erdbebensicher seien.
Publiziert: 12.02.2020 um 22:07 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2021 um 21:07 Uhr
Favio Razzino, Anian Heierli

94 Mietparteien an der Brunnmattstrasse in Kriens LU verlieren ihr Zuhause. Der Eigentümer der Überbauung, die Pensionskasse der Berner Gemeinden Previs, will die Liegenschaften totalsanieren. Obwohl die Häuser bereits 2008 renoviert wurden (BLICK berichtete).

Ein Grund, der erstmals am Info-Abend für die Mieter am Dienstag genannt wurde: Die Wohnhäuser sollen nicht erdbebensicher sein. «Die Statik der Gebäude muss zwingend den heutigen Bedingungen für Erdbebensicherheit angepasst werden», sagte Markus Mürner, Leiter Immobilien der Previs, vor versammelten Medien.

Grosse Wut unter den Mietern

Innert nur sechs Monaten müssen die Mieter darum Knall auf Fall ein neues Zuhause finden. Wer das nicht schafft, soll maximal eine Fristerstreckung erhalten. Der Ärger und das Unverständnis über die Sanierung sind bei allen Mietern gross. Das zeigte die Informationsveranstaltung, als die Verantwortlichen der Pensionskasse der geballten Wut der Mieter ausgesetzt waren.

94 Mietparteien haben an der Brunnmattstrasse in Kriens die Kündigung erhalten. Die Pensionskasse Previs will die Wohnhäuser sanieren.
Foto: Anian Heierli
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Für die Betroffenen an der Brunnmattstrasse ist nämlich klar: Sie werden nur aus den Wohnungen geworfen, damit die Pensionskasse dort die Mieten erhöhen und so mehr Geld verdienen kann. Schliesslich wirke die Überbauung von aussen wie neu. Und die Erdbeben-Problematik sei geradezu lächerlich. «Dann müssten ja mehr als die Hälfte der Häuser in Kriens totalsaniert werden», sagt Mieter Josef Portmann (73) zu BLICK.

Es gibt keine Sanierungspflicht wegen Erdbeben

Und auch Cyrill Studer, Geschäftsführer des Mieterverbands Luzern, runzelt bei dieser Begründung die Stirn. «Eine Sanierungspflicht wegen fehlender Erdbebensicherheit ist mir nicht bekannt», sagt er. Darum sei die Begründung, warum die Sanierung ausgerechnet jetzt gemacht werden müsse, wohl eher an den Haaren herbeigezogen.

Zumal die Erdbebensicherheit laut dem Krienser Stadtrat Matthias Senn baurechtlich gar nicht vorgeschrieben ist. «Die Erdbebensicherheit wird denn auch in einer SIA-Norm (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein) geregelt und nicht im Baurecht. Es gehört aber zu den Regeln der Baukunst, dass nach den Normen gebaut wird», sagt Senn.

Previs gesteht: Gebäude sind heute erdbebensicher

Erst auf Nachfrage von BLICK räumt die Previs ein: Die Liegenschaften hätten heute kein Problem mit der Erdbebensicherheit. Die Probleme ergeben sich erst durch die tiefgreifenden Anpassungen an der Bausubstanz bei der geplanten Sanierung. «Die Eingriffstiefe dieses Umbaus erfordert Anpassungen bei der Statik. Ohne entsprechende Massnahmen würde sich die Erdbebensicherheit verschlechtern», sagt hierzu Stefan Ernst, Mediensprecher der Pensionskasse.

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