Alfred Gantners Ex-Präsident kämpft für Rahmenvertrag
Europa macht Partner zu Gegnern

Peter Wuffli, ehemaliger VR-Präsident der Partners Group, weibelt für das Abkommen mit der EU. Der Fall ist typisch: Der Europagraben verläuft mitten durch die Schweiz.
Publiziert: 14.03.2021 um 17:39 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2021 um 20:52 Uhr
Reza Rafi

Wenn die Dakota-Indianer für schweizerische Innen­politik herhalten müssen, herrschen spezielle Zeiten. Letzte Woche publizierte «NZZ»-Chef Eric Gujer eine salbungsvolle Grabrede auf das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. Und zitierte dabei eine angebliche Weisheit des indigenen Stammes: «Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab.»

Doch trotz aller Abgesänge auf das Vertragswerk lebt die Debatte mehr denn je: Der Kreis der Befürworter um die Initiative Progre­suisse, die vor zwei Wochen ins Leben gerufen wurde, wächst. Das anfänglich aus 40 Mitgliedern bestehende Komitee zählt mittlerweile knapp 200 Mitstreiter. Von den Unken­rufen und dem drohenden Scheitern bereits im Bundesrat lässt sich die Allianz aus Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschafts­leuten nicht abschrecken.

Zu den Unterstützern ­gehört neu auch der einstige UBS-Konzernchef und Philanthrop Peter Wuffli (63).

Die Partners Group-Gründer Urs Wietlisbach, Alfred Gantner und Marcel Erni (v.l.).
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Sein Engagement ist bemerkenswert: Wuffli ist ­ehemaliger Verwaltungsratspräsident der Partners Group – mitgegründet wurde diese Private-Equity-Firma von Alfred Gantner (53). Als Initiant der Gruppe Kompass/Europa ist Gantner inzwischen einer der tonangebenden Akteure unter den «Insta»-Gegnern.

Das Rahmenabkommen spaltet

«Unser massgeschneidertes bilaterales Verhältnis mit der EU ist ein wichtiger Teil der schweizerischen Erfolgsgeschichte in den letzten 30 Jahren», erklärt Wuffli gegenüber SonntagsBlick sein Engagement bei Progresuisse. «Mit einem vernünftigen Rahmenabkommen kann dieser Weg geschützt und weiterentwickelt werden.»

Wuffli und Gantner haben einiges gemeinsam: Sie sassen zehn Jahre lang zusammen in einem Unternehmen, beide gehören zur Schweizer Finanzelite, beide sind karitativ engagiert – das Rahmenabkommen jedoch spaltet die zwei.

Die Personalie ist bezeichnend für die Europadiskus­sion: Der Graben zwischen dem Ja- und dem Nein-Lager verläuft mitten durch gesellschaftliche Milieus, durch Parteien, Firmen und Freundschaften.

Es gibt etliche Fälle wie Wuffli und Gantner. Zum Beispiel alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann (69) und Stefan Brupbacher (53).

Im Wirtschaftsdepartement war Brupbacher General­sekretär und damit Schneider-Ammanns engster Mitarbeiter. Die zwei waren ein eingespieltes Team.

Doch wenn es um Brüssel geht, hört die Harmonie beim freisinnigen Duo auf: Brup­bacher ist heute Direktor des Industrieverbands Swissmem und weibelt an vorderster Front für das Abkommen, weil er um den europäischen Markt­zugang für die Exportwirtschaft fürchtet.

Anders Brupbachers Ex-Chef Schneider-Ammann: Im September platzte der Ex-Magistrat in einem «NZZ»-Gastkommentar gegen den «unausgewogenen Entwurf» des Vertrags in die Debatte und brüskierte damit seine Parteifreunde. In seiner Bundesratszeit hatten selbst enge Gefährten keine derartigen Signale vom Berner vernommen.

Noch wird gekämpft

Interessant ist, dass sich beide Lager formieren, bevor Unterhändlerin Livia Leu Agosti (60) mit dem definitiven Vertragswerk nach Hause gekommen ist. Noch kämpft sie mit Brüssel um Präzisierungen in den letzten Streitpunkten.

Für den Tag X wollen beide Seiten bereit sein – dank des Stillstands in Bundesbern hat die Gegnerseite um Alfred Gantner die Nase vorn; bei der Allianz Kompass/Europa, die bereits im Herbst startete, haben gemäss Angaben auf der Website mittlerweile 1359 Personen unterschrieben.

Das lässt die Freunde des Rahmenabkommens unbeeindruckt. Sie vernetzen sich weiter und hoffen auf eine Volksabstimmung.

Um bei den Indianern zu bleiben: Das Kriegsbeil wird noch lange nicht begraben.

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