Während die Wissenschaft immer mehr über das Coronavirus herausfindet, bleiben die Langzeitfolgen einer Infektion weitgehend unerforscht. Viele Experten gehen aber davon aus, dass Long Covid existiert. Aber wer besonders gefährdet ist, wie lange die Krankheit anhält und was man dagegen tun kann sind nur einige der Fragen, die bis heute unbeantwortet bleiben. Entsprechend gross ist die Gefahr für Laien, Betrügern aufzusitzen.
Das geschah nun offenbar auch dem Schweizer Long-Covid-Netzwerk Altea. Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) unterstützte Plattform führt ein Verzeichnis mit Stellen, an die sich Long-Covid-Betroffene wenden können. Wie der «Tages-Anzeiger» heute berichtet, waren dort auch diverse Naturheiler und Homöopathen aufgelistet.
«Astrologische Psychologie» und Kräuter
Eine Naturheilpraxis aus Zürich etwa propagiere die «Ausleitung der Impfstofftoxine mit Homöopathie, Bioresonanz und Vitalstofftherapie». Auch Darmsanierungen und eine «gezielte Ernährung zum Aufbau der Mitochondrien» sollen gegen Long-Covid-Beschwerden nützen. Andere bieten «rhythmische Einreibungen», «Klangschalenbehandlungen» oder «astrologische Psychologie» an.
Eine Zürcher Naturärztin schreibt laut «Tages-Anzeiger» zu ihren Behandlungen: «Als dipl. Astrologin in astrologischer Psychologie dient mir das persönliche Geburtshoroskop als Schlüssel zum Wesenskern des Menschen.» Ein Kräutertherapeut aus Schaffhausen schreibt, dass bei den Spätfolgen einer Corona-Erkrankung dank seiner Behandlung üblicherweise nach einem bis sechs Monaten eine Genesung eintrete. Er habe bereits «eine grössere Anzahl Long Covid erfolgreich behandelt».
Altea ändert Meinung um 180-Grad
Altea ist eine seriöse Plattform. Das BAG unterstützte die Plattform vergangenes Jahr mit 80'000 Franken. Im Beratergremium sitzen diverse renommierte Gesundheitsexperten, etwa Lara Diem, Oberärztin Neurologie am Inselspital Bern oder Jan Fehr, Facharzt Infektiologie und Innere Medizin am Zürcher Unispital. Entsprechend hoch ist die Glaubwürdigkeit und Verantwortung der Plattform. Alleine in der Schweiz leiden geschätzt rund 100'000 Menschen an Long Covid. Sollen sie sich wirklich an einer Klangschalenbehandlung versuchen?
In einer ersten Stellungnahme gegenüber dem «Tages-Anzeiger» verteidigt ein Sprecher von Altea sämtliche im Verzeichnis aufgeführten Methoden. Einen Tag danach aber kommt die 180-Grad-Wende. Diverse Beiträge sind verschwunden. Etwa zur Ausleitung der Impfstofftoxine sowie der Astrologie. Auch der Kräuterdoktor musste sein Erfolgsversprechen entfernen. Und die Klangschalenbehandlung findet man auch nicht mehr.
EMR-Anerkennung als Kriterium
Was zum Umdenken geführt hat, ist nicht bekannt. Ein Altea-Sprecher zur Zeitung: «Einzelne Einträge enthielten tatsächlich problematische Passagen. Wo einzelne Passagen mit der Haltung von Altea nicht konform sind, werden wir mit den Anbietern Rücksprache halten und dann einen Entscheid fällen. In diesem Licht werden wir das gesamte Verzeichnis noch einmal überprüfen.»
Kriterium für die Aufnahme sei laut dem Sprecher eine EMR-Anerkennung. EMR steht für «erfahrungsmedizinisches Register». Dieses garantiert, dass die Therapeuten eine entsprechende Ausbildung in ihrem komplementärmedizinischen Bereich abgeschlossen haben und sich regelmässig fortbilden. Die EMR-Anerkennung dient auch den meisten Krankenkassen als Grundlage für die Aufnahme einer bestimmten Therapie in die Zusatzversicherung. Im Register lassen sich auch komplementärmedizinische Methoden finden. Atem- oder Farbtherapien zum Beispiel. Klangschalenbehandlungen oder Astrologie sucht man da aber vergeblich. (vof)
